Dachgeschossausbauten als nachhaltige Lösung
Kettl betont die Bedeutung von Dachgeschossausbauten in Kombination mit der Sanierung bestehender Gebäude. Sie sieht darin einen "wirklich nachhaltigen, guten Gedanken", der für jede Stadt Sinn macht. Diese Herangehensweise ermöglicht es, den vorhandenen Wohnraum zu erweitern, ohne neue Flächen zu versiegeln.
Herausforderungen bei der Umsetzung
Trotz der offensichtlichen Vorteile gibt es Herausforderungen bei der Umsetzung solcher Projekte. Kettl erklärt: "Oftmals müssen wir diese Sanierungen oder diese darunter liegenden Bestandshäuser bis zur Mittelmauer fast abtragen, also 50 Prozent abbrechen, weil die hintere Baufluchtlinie so weit weg liegt." Dies führt dazu, dass bei Beibehaltung der ursprünglichen Gebäudestruktur zu viel Wohnnutzfläche verloren ginge, was die Projekte wirtschaftlich unrentabel machen würde.
Aufruf zur Anpassung der Gesetzgebung
Um diese Problematik zu adressieren, plädiert Kettl für Änderungen in der Gesetzgebung. Sie schlägt vor: "Wenn ein bestehendes Haus kleiner ist als die dahinter liegende Baufluchtlinie und ein gewisses Volumen nicht gebaut werden kann, dann darf man unter bestimmten Voraussetzungen höher bauen." Diese Flexibilität würde es ermöglichen, den Nachhaltigkeitsgedanken besser in die aktuelle Stadtentwicklung zu integrieren.
Balance zwischen Stadtbildschutz und Nachhaltigkeit
Angesichts des drohenden Wohnungsmangels in Wien und der zunehmenden Klimaproblematik stellt sich die Frage nach einem möglichen Aufweichen des Stadtbildschutzes und des Gründerzeithautschutzes. Kettl nimmt hier eine differenzierte Position ein. Sie betont die Wichtigkeit, bestehende Gebäude zu erhalten, die bereits seit Jahrhunderten stehen und CO2 gebunden haben. Gleichzeitig kritisiert sie die derzeitige pauschale Regelung, die Gebäude vor 1945 oder 1910 automatisch unter Schutz stellt.
Forderung nach genauerer Betrachtung
"Das ist zu grob. Es braucht eine feinere Betrachtung," argumentiert Kettl. Sie plädiert für einen ausgewogeneren Ansatz: "Grundsätzlich haben wir Gebäude, die in Wien stehen, und wenn man diesen Nachhaltigkeitsgedanken wirklich ernst nimmt, bin ich der Meinung, dass man eigentlich schon schauen muss, dass möglichst viel stehen bleibt." Gleichzeitig sollte es möglich sein, bestimmte Gebäude abzureißen, wenn es sinnvoll ist.
Effizienz in Genehmigungsverfahren
Auf die Frage, ob eine genauere Betrachtung zu längeren Genehmigungsverfahren führen würde, sieht Kettl Potenzial für Verbesserungen: "Es gibt sicher viele Möglichkeiten für die Magistratsabteilungen, diverse Prozesse zu beschleunigen." Sie schlägt vor, Zeit an anderer Stelle einzusparen, um Raum für diese wichtige Betrachtung zu schaffen.
Fazit
Sissi Kettls Ansatz zur Stadtentwicklung in Wien zeigt einen Weg auf, der Nachhaltigkeit, Wohnraumschaffung und den Erhalt des Stadtbildes in Einklang bringen könnte. Ihre Forderung nach einer differenzierteren Betrachtung und Anpassung der Gesetzgebung könnte den Weg für eine zukunftsfähige und nachhaltige Stadtentwicklung ebnen, die sowohl den Bedürfnissen der Bewohner als auch den Herausforderungen des Klimawandels gerecht wird.