Am zweiten Tag der MIPIM PropTech Europe erwartete die Teilnehmer vor dem Veranstaltungsort eine Gruppe Demonstranten. Globale Finanztransaktionen würden ohne Rücksicht auf lokale Bewohner erfolgen, so deren Befürchtung. Was das mit PropTech zu tun habe, wurde mit dem Verweis auf die Nutzenmaximierung mit Daten und die Ausgrenzung von Bewohnern begründet. „PropTech ist nur Teil des größeren Ganzen, wo auch Govtech ein Rolle spielen wird“, entgegnete einer der Veranstaltungsteilnehmer, Jack Sibley von Nuveen Real Estate. Als Innovationsbeauftragter eines global agierenden Konzerns auf dem Podium darauf angesprochen, äußerte er die Hoffnung: „Technologie kann für alle sein.“ Trotzdem konnte er nicht ausschließen, dass die zukünftigen Smart Cities mit Datensilos privater Konzerne in den USA oder auch staatlich verwaltete in China einhergehen. Korrekturbedarf, so die Schlussfolgerung, sei generell zu erörtern und ließe sich nicht auf die Immobilienwirtschaft reduzieren.
Globaler Datenschatz
Beim Datenspezialisten Placense, der weltweit über eingekaufte Handy-App-Daten via Massenströme Standortentscheidungen ableitet, betont man die totale Anonymität sowie die Datenschutz-Konformität. Ähnlich argumentiert man bei Cloud-Services, die nebenbei rund um den Globus Daten sammeln. Mit „Mapwize“ wird Indoor-Navigation massentauglich gemacht. Ein ähnliches Segment mit anderem Anwendungsfall deckt „Matterport“ ab. Das Unternehmen ermöglicht es dank AI-Software jedem und jeder, in der Cloud mittels 3D-fähiger alltagstauglicher Kameras 360-Grad-Rundgänge zu produzieren. Über eine Million Visualisierungen sind über die Plattform schon erfolgt, hundert Millionen lautet das nächste ambitionierte Ziel. Auch wenn in Österreich noch die wenigsten davon gehört haben werden, steht dem Vernehmen nach der Markteintritt im DACH-Raum bevor.
Vernetzte Arbeitswelten
Wachstum ist auch beim Co-Working-Marktführer WeWork das Um und Auf. 500.000 flexible Desks hat das Unternehmen weltweit an Kapazitäten mittlerweile aufgebaut. „Im nächsten Jahr sollte sich der Bestand schon auf eine Million verdoppelt haben“, kündigt Nicolas Maciocia an, der im Konzern Leiter des Immobilienbereichs ist. Demnächst würden 50 neue Standorte hinzukommen. Am Ende, so die ultimative Vision, könne man möglicherweise auch auf 500 Millionen Schreibtische kommen. Mit Datenanalyse und Heat-Maps werden nicht nur die Standorte ermittelt, sondern auch die Akzeptanz von Einrichtungselementen. Außerdem steht das Unternehmen über eine App mit den Kunden immer in Kontakt, und man verweist auf eine Auslastung von 95 Prozent. Diese könnte freilich zulasten des traditionellen Geschäftsmodells in der Bürovermietung gehen, dann nämlich, wenn vermehrt große Unternehmen mit flexiblen Kapazitäten operieren. Hannah Prideaux von District Technologies empfiehlt, als Vermieter Antworten zu geben: „Statt Raum unvermietet leerstehen zu lassen, kann man auch geteilt vermieten.“ Ihr Unternehmen bietet Softwarelösungen an, mit denen herkömmliche Büros ins neue Zeitalter geholt werden. Gebäude bekommen eine Art Betriebssystem mit App für die Nutzer und mit Sensoren für die Technik, dank derer sich am Ende alles smart abstimmen lässt.
Auf das „Wie“ kommt es an
Was umstrittene Datenfragen betrifft, wächst marktseitig der Druck auf Immobilienmanager, von Informationen möglichst auch Gebrauch zu machen. Jörg Flecker, Forscher für IT-Arbeitssoziologe an der Uni Wien, forderte zuletzt auf, das mit Bedacht zu tun: „Technologie entwickelt sich nicht von selbst so, wie sie sich entwickelt.“ Sie könne auf den Menschen ausgerichtet sein oder auch Selbstzweck bleiben. Im besseren Fall sollte sich der menschliche Gestaltungsspielraum durch weniger Routinearbeit erhöhen, und das, ohne andere Menschen unter Druck zu setzen. Hier sei wesentlich, dass demokratisch mitgestaltet wird, da der Spielraum ansonsten anders genutzt wird.