Generell bieten Gesundheitsimmobilien (Seniorenwohnanlagen, Pflegeheime, Kliniken) den Vorteil, dass sie nicht zyklisch sind. Sie weisen ein defensiveres Profil auf, das auf soliden Fundamentaldaten und langfristigen Trends beruht, etwa auf den strukturellen Veränderungen in der Demografie, alternativen Lebensformen und einem allgemeinen Unterangebot an betriebsbereiten Objekten. Der Markt für Gesundheitsimmobilien ist gemessen am Investitionsvolumen noch relativ bescheiden.
Globale Trends bestimmen den Life-Science-Markt und wirken sich auf die Life-Science-Immobilien aus
Angesichts des demografischen Wandels, des steigenden Gesundheitsbewusstseins in der Bevölkerung sowie der Konzentration der Weltbevölkerung auf einzelne Ballungszentren kann sich der Gesundheitssektor zu einem der wohl spannendsten und bedeutendsten Industriezweige der kommenden 20 Jahre entwickeln. Für die erfolgreiche Standortentwicklung einer Life-Science-Immobilie bedarf es laut einer Studie von EY allerdings des erfolgreichen Zusammenspiels der nachfolgenden Mikro- und Makrofaktoren.
Experten sind sich durchweg sicher, dass der hohe Bedarf im Bereich der Seniorenimmobilien sowie die drohende medizinische Unterversorgung einen großen Investitionsbedarf erfordern. Kooperative und ambulante Einrichtungen wie Gesundheitszentren, Ärztehäuser und medizinische Versorgungszentren werden europaweit dringend benötigt. Besonders in vielen ländlichen Raumen klafft durch die zurückgehende stationäre Versorgung eine Lücke. Daher gibt es in diesen Segmenten einen erheblichen Investitions- und Modernisierungsbedarf. Allein in Deutschland liegt der Investitionsbedarf bei Pflegeheimen bis 2040 bei rund 109 Milliarden Euro, im Bereich des Betreuten Wohnens sogar bei 154 Milliarden Euro, heißt es in einer Studie von Real Blue und IMMOTISS.
Anpassung an eine alternde Bevölkerung
Die Alterung der Bevölkerung, gepaart mit einer höheren Lebenserwartung, ist eine langfristige Entwicklung, die in ganz Europa zu beobachten ist. In den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) wird die Bevölkerung ab 65 Jahren bis 2050 voraussichtlich auf 129,8 Millionen Menschen wachsen, ein deutlicher Anstieg gegenüber 90,5 Millionen im Jahr 2019, ist einem Bericht von La Française Real Estate Managers zu entnehmen. Die Altersgruppe der 75- bis 84-Jährigen werde voraussichtlich um 56,1 Prozent zunehmen. Noch besorgniserregender sei die Zahl der über 85-Jährigen, die sich voraussichtlich mehr als verdoppeln wird (12,5 Millionen 2019 gegenüber 26,8 Millionen 2050). Die Daten deuten auch darauf hin, dass es bis 2050 in den EU-Mitgliedsstaaten 13,5 Prozent weniger Menschen unter 55 Jahren geben wird, was eine fortschreitende Schrumpfung der Erwerbsbevölkerung bedeutet, betont Jérôme Valade, Head of Healthcare Assets, La Française Real Estate Managers.
Life-Science – eine neue Assetklasse auf dem Vormarsch
Life-Science ist laut EY eine noch neue Immobilienart bei europäischen Investoren. Die meisten Marktteilnehmer hätten noch keine eigene Vorstellung entwickelt, was diese Nutzungsart umfasst. So verbindet die Life-Science-Branche unterschiedlichste Teildisziplinen miteinander, die alle einen Bezug zu den Themen Leben und Gesundheit aufweisen. Zu den größten Forschungs- und Entwicklungsgebieten würden unter anderem die Biotechnologie, die Pharmaindustrie und Digital Health zählen.
Gesundheitsimmobilien weisen ein defensives Profil auf
Gesundheitsimmobilien bieten ein relativ interessantes Risiko-Rendite-Profil und Diversifikationsmöglichkeiten für das Portfolio. Der Anstieg der risikofreien Zinssätze infolge der geldpolitischen Straffung hat die Immobilienrenditen in die Höhe getrieben, wobei das Ausmaß je nach Objekt und Markt variierte, sagt Valade. Seiner Erfahrung nach seien die Renditen von Gesundheitsimmobilien in Kerneuropa stabiler als die anderer Sub-Assetklassen. Zudem würde das begrenzte und weitgehend regulierte Angebot den Wert von Gesundheitsimmobilien fördern.
Renditen entwickeln sich stabil
Geprägt durch ein begrenztes Angebot, langfristige Mietvertragsstrukturen und eine hohe Nachfrage lagen die Spitzenrenditen im ersten Quartal 2023 für Pflegeheime in Deutschland bei 4,5 Prozent, im Segment Betreutes Wohnen für Senioren bei 3,8 bis vier Prozent und für Ärztehäuser und MVZs bei 4,25 bis 4,75 Prozent. Generell sind die Transaktionsvolumina aufgrund des veränderten Finanzierungsumfelds, des fehlenden Angebots und der deutlich gesunkenen Anzahl an Neuentwicklungen rückläufig.
Europäische Life-Science-Immobilien – das neue Core?
Der europäische Life-Science-Markt rückte in den letzten Jahren vermehrt in den Fokus internationaler Investoren. Insbesondere im Vergleich zu US-amerikanischen Liegenschaften können entsprechende Objekte um rund 40 Prozent günstiger angekauft werden. Außerdem sind die Kosten für den Betrieb eines Biotech-Unternehmens in Europa um rund 50 Prozent niedriger als in den USA. Hinzu kommen die guten infrastrukturellen Bedingungen, ein einheitliches sowie gesichertes Rechtssystem sowie die im internationalen Vergleich verhältnismäßig geringen Lohnkosten für Arbeitnehmer im europäischen Life-Science-Sektor.
Als Top-drei-Regionen für LSRE(Life Science Real Estate)-Investments innerhalb der letzten 24 Monate haben sich laut EY das Vereinigte Königreich (44,26 %), die Beneluxstaaten (28,46 %) und die DACH-Zone (11,92 %) erwiesen. Gemessen an ihrem Bruttoinlandsprodukt wiesen die Beneluxstaaten und die DACH-Region allesamt eine FuE-Intensität von über 3,0 Prozent auf, was weit über dem europäischen Durchschnitt von 2,27 Prozent (World Bank, 2022) liegt. Auch wenn die FuE-Intensität des Vereinigten Königreichs rund 1,17 Prozent (World Bank, 2022) beträgt, liegt es bei den medizinisch-technischen Beschäftigten in Europa an zweiter Stelle und beheimatet einen der weltweit bedeutendsten Life-Science-Cluster (Golden Triangle), erläutert EY.