Der Weg zur KI
Clemens Wasner's Interesse an künstlicher Intelligenz wurde während seiner Zeit in Asien geweckt. "Ich habe fast zehn Jahre in Asien gelebt und bin 2016 nach Österreich zurückgekehrt", erzählt er. "In dieser Zeit, genauer gesagt 2014, wurde das erste selbstfahrende Auto von Google vorgestellt. Die Reaktion darauf in Asien war enorm."
Die Präsentation des autonomen Fahrzeugs löste in Asien, insbesondere in Japan, eine intensive Diskussion aus. Wasner erklärt: "In Japan war die Erinnerung noch frisch, dass Marken wie Sony und Toshiba hinter Samsung und LG zurückgefallen waren. Die große Frage war, ob im Automobilbereich dasselbe passieren würde - dass die Software aus den USA kommt und es relativ egal ist, woher das Auto selbst stammt."
Diese Entwicklung veranlasste asiatische Regierungen und Unternehmen, massiv in KI zu investieren. "China hat das Ganze noch einmal verstärkt", fügt Wasner hinzu. "Das hat bei mir die Frage ausgelöst: Wenn zwei der größten Volkswirtschaften der Welt so intensiv auf dieses Thema setzen, parallel zu den Entwicklungen in Amerika, macht es vielleicht Sinn, da genauer hinzuschauen."
Von der Idee zum Unternehmen
Nach seiner Rückkehr nach Österreich begann Wasner, sich intensiver mit dem Thema KI auseinanderzusetzen. "Ich habe mich zunächst mit Freunden und ehemaligen Kollegen zum Thema KI ausgetauscht", erinnert er sich. "Daraus entstand dann die Idee, eine Firma zu gründen."
Parallel dazu begann Wasner, sich einen Überblick über die KI-Landschaft in Österreich zu verschaffen. "Als Hobby habe ich angefangen, mich umzusehen, welche Firmen und Organisationen sich in Österreich mit KI beschäftigen", erzählt er. "So ist dann 2017 die erste AI-Landscape entstanden, eine umfassende Übersicht über KI-Player in Österreich - von Ausbildung über PropTech bis hin zu Agri-Tech."
Die Gründung von AI Austria
Ein zufälliges Zusammentreffen führte zur Gründung von AI Austria. Wasner erinnert sich: "Es hat sich durch Zufall ergeben, dass ich gemeinsam mit Hermann Hauser AI Austria gegründet habe. Wir waren auf einem Panel, als uns jemand fragte, ob es in Österreich eine Grassroots Non-Profit-Bewegung für KI gibt. Wir schauten uns an und sagten: 'Nein.' Daraufhin meinte Herr Hauser: 'Dann sollten wir eine gründen.' So unspektakulär ist die Hintergrundgeschichte."
enliteAI: Von der Dienstleistung zur Softwareentwicklung
Wasners Unternehmen enliteAI hat sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt. "Wir sind ursprünglich als Dienstleister gestartet", erklärt er. "Während der Covid-Pandemie haben wir uns dann zu 100 Prozent auf Softwareentwicklung umgestellt."
Aktuell bietet enliteAI zwei Hauptlösungen an. Die erste beschäftigt sich mit der Auswertung von Mobile Mapping-Daten. Wasner erläutert: "Mobile Mapping-Daten sind das, was man sieht, wenn man Google Street View öffnet. Es sind Bilder von Straßenzügen, oft verbunden mit Punktwolken-Daten, die eine dreidimensionale Lokalisierung auf einen Zentimeter genau ermöglichen."
Die von enliteAI entwickelte Softwarelösung ermöglicht es, aus diesen Daten wertvolle Informationen zu gewinnen. "Wir können eine Inventarisierung durchführen, also bestimmen, wo sich Verkehrszeichen oder Bodenmarkierungen befinden", erklärt Wasner. "Außerdem können wir den Straßenzustand analysieren und Risse in Straßen identifizieren. Das System lässt sich beliebig erweitern, zum Beispiel auf Laternen, Stromleitungen oder Fassaden."
Innovationen für die Zukunft
Die Softwarelösung von enliteAI füllt eine wichtige Lücke im Markt. Wasner betont: "Es gibt weltweit Tausende von Mobile Mapping-Unternehmen, die jedes Jahr zig Millionen Kilometer erfassen. Bisher gab es aber keine auswertende Software, die mit den Systemen unterschiedlicher Hersteller kompatibel ist. Wir versuchen, die Ersten zu sein, die diese Lücke schließen."
Die Technologie wird bereits in verschiedenen Städten und auf Autobahnen weltweit eingesetzt. "Unsere Lösung wird bereits in Wien, in Linz und auf diversen Autobahnen weltweit genutzt", sagt Wasner stolz. "Wir geben Street View quasi einen praktischen Nutzen, der über das bloße Anschauen hinausgeht."
Ausblick auf die Zukunft der KI
Abschließend gibt Wasner einen Ausblick auf die Zukunft der KI in Österreich und Europa. "Die KI-Landschaft entwickelt sich rasant", sagt er. "Mit Initiativen wie AI Austria und dem European AI Forum wollen wir sicherstellen, dass Europa in diesem wichtigen Technologiebereich wettbewerbsfähig bleibt."
Er betont die Bedeutung von Kooperationen zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik: "Nur wenn alle Akteure zusammenarbeiten, können wir das volle Potenzial von KI ausschöpfen und gleichzeitig ethische und gesellschaftliche Aspekte berücksichtigen."
Wasner sieht in der KI enorme Chancen für Österreich und Europa. "KI wird in nahezu allen Bereichen unseres Lebens eine Rolle spielen", prognostiziert er. "Von der Verbesserung der Gesundheitsversorgung über die Optimierung von Verkehrssystemen bis hin zur Bewältigung des Klimawandels - die Möglichkeiten sind nahezu unbegrenzt."
Mit seinem Engagement in verschiedenen Organisationen und seinem Unternehmen enliteAI trägt Clemens Wasner maßgeblich dazu bei, Österreich und Europa im Bereich der künstlichen Intelligenz voranzubringen. Seine Vision einer innovativen, ethischen und zukunftsorientierten KI-Landschaft inspiriert und motiviert andere, sich ebenfalls in diesem spannenden Feld zu engagieren.
Wobei man dazusagen muss, Google setzt bei diesem Prozess auf relativ kostengünstigere Systeme. Bei Google geht es in erster Linie darum, Bilder zu haben und visuelle Informationen zu sammeln. Ein Beispiel wäre die Erfassung von Neubaugebieten, um zu sehen, wie deren Eingänge zu erkennen sind.
Im Gegensatz dazu sind die Systeme, die von Ziviltechnikern oder spezialisierten Mobile Mapping-Unternehmen verwendet werden, etwas teurer. Man kann hier von einem Preisfaktor von etwa 2 ausgehen, was bedeutet, dass wir von Kosten von ungefähr einer halben Million Euro sprechen. Mit diesen fortschrittlicheren Systemen lassen sich deutlich genauere Bestimmungen und Messungen durchführen.
Unser erstes Produkt in diesem Bereich nennen wir "Detect". Es handelt sich dabei um eine Softwarelösung zur Auswertung von Mobile Mapping-Daten. Diese Lösung ermöglicht es, die gesammelten Daten effizient zu analysieren und wertvolle Erkenntnisse daraus zu gewinnen.
Der zweite Themenbereich, in dem wir tätig sind, befasst sich mit Lösungsfindung und Optimierung. Hier setzen wir Agentensysteme ein, um Stromnetze zu optimieren. Dies ist ein hochaktuelles und wichtiges Thema in der Energiebranche.
Der Begriff "Congestion-Management" ist in diesem Zusammenhang von großer Bedeutung. Mit dem steigenden Anteil erneuerbarer Energien in unseren Stromnetzen weltweit ist es zunehmend schwieriger geworden, das Stromnetz so auszubalancieren, dass weder Überlastungen noch Unterlastungen auf bestimmten Leitungen auftreten.
Derzeit wird dieses Problem oft so gelöst, dass entweder erneuerbare Energien vom Netz getrennt werden - was natürlich äußerst ineffizient ist und bildlich gesprochen dazu führt, dass Energie "verblasen" wird - oder dass bei Unterversorgung Energie aus fossilen Energieträgern zugekauft und eingespeist wird, typischerweise über den Spotmarkt.
Dies mag zunächst wie ein sehr abstraktes Problem klingen, aber es betrifft jeden von uns direkt über die Netzgebühr, die auf jeder Stromrechnung ausgewiesen ist. In Österreich belaufen sich die Kosten dafür auf etwa 250 Millionen Euro pro Jahr. In Deutschland sprechen wir sogar von 5 Milliarden Euro jährlich, und EU-weit von 30 bis 40 Milliarden Euro.
Unser Ansatz zur Lösung dieses Problems basiert auf KI-gestützten Agentensystemen. Diese Systeme machen Vorschläge, wie das Stromnetz geschaltet werden muss, um zu vermeiden, dass erneuerbare Energien abgeschaltet werden müssen und um die Notwendigkeit der Einspeisung fossiler Energie zu minimieren.
Je nach Netzarchitektur können wir mit unserer Lösung eine Reduktion der sogenannten Congestion-Management-Kosten um 40 bis 60 Prozent erreichen. Wir haben bereits diverse Forschungskooperationen in diesem Bereich initiiert, aber es ist noch ein weiter Weg, bis diese Technologie fest bei den großen Netzbetreibern weltweit installiert sein wird.
Aktuell arbeiten wir mit der französischen RTE, dem größten Netzbetreiber Europas, und mit der niederländischen TenneT zusammen. Diese Partnerschaften ermöglichen es uns, unsere Technologie in realen Umgebungen zu testen und weiterzuentwickeln.
Unsere Vision ist es, durch den Einsatz von KI-Technologien einen signifikanten Beitrag zur Optimierung und Stabilisierung von Stromnetzen zu leisten. Dies ist nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht relevant, sondern auch im Hinblick auf die Energiewende und den Klimaschutz von großer Bedeutung.
Die Herausforderungen in diesem Bereich sind komplex, aber wir sind überzeugt, dass intelligente, KI-basierte Lösungen einen entscheidenden Unterschied machen können. Unser Ziel ist es, die Effizienz der Stromnetze zu steigern, die Integration erneuerbarer Energien zu verbessern und gleichzeitig die Kosten für Verbraucher zu senken.
Mit unseren innovativen Ansätzen und Technologien positionieren wir uns als Vorreiter in diesem zukunftsweisenden Feld. Wir sind stolz darauf, einen Beitrag zur nachhaltigen Energieversorgung und zur Bewältigung der Herausforderungen des Klimawandels zu leisten.
Die Zusammenarbeit mit führenden Netzbetreibern wie RTE und TenneT unterstreicht das Vertrauen, das die Branche in unsere Lösungen setzt. Wir sind zuversichtlich, dass wir durch diese Partnerschaften wertvolle Erkenntnisse gewinnen und unsere Technologien weiter verfeinern können.
Abschließend lässt sich sagen, dass die Optimierung von Stromnetzen durch KI-basierte Agentensysteme ein faszinierendes und zukunftsweisendes Feld ist. Es bietet enorme Potenziale für Effizienzsteigerungen und Kosteneinsparungen, während es gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Energieversorgung leistet. Wir bei enliteAI sind stolz darauf, an der Spitze dieser Entwicklung zu stehen und freuen uns darauf, auch in Zukunft innovative Lösungen für die Herausforderungen der Energiebranche zu entwickeln.