Die Integrierte Projektabwicklung (IPA) ist nicht neu. Das Modell gibt es seit mehr als 30 Jahren. Es hat in Australien begonnen, dann sind die USA und Kanada dazugekommen, später Finnland und Großbritannien. Und vor wenigen Jahren hat das Thema auch in Deutschland Fuß gefasst, mit einem eigenen IPA-Zentrum, einer Abteilung des German Lean Construction Institute (GLCI). In Österreich steckt das Thema noch in den Kinderschuhen. Im Wesentlichen geht es bei der IPA um den bestmöglichen Projekterfolg durch eine kooperative Projektabwicklung.
Es handelt sich um ein gesamtheitliches Managementmodell, das viele verschiedene Aspekte wie etwa Allianzverträge, Early Contractor Involvement oder das Thema »Projektkultur« beinhaltet. Dies schlägt sich auch in den Verträgen nieder, die unbedingt partnerschaftlich ausgelegt sein müssen. Dies ist sowohl bilateral oder als Mehrparteienvertrag möglich und je nach Bedarf zu entscheiden.
Die Ausgangslage
Trotz hoher Standards und scheinbar wasserdichter Verträge sehen sich Auftragnehmer und Auftraggeber bei einer »klassischen« Projektabwicklung mit immer wiederkehrenden Problemen konfrontiert. Termine werden nicht eingehalten, Kosten explodieren. Die daraus resultierenden Unstimmigkeiten und Streitereien im Projektteam münden in langem und vor allem kostspieligem Claim- und Anti-Claim-Management. Will man dem entgegenwirken, und die diesbezüglichen Stimmen werden immer unüberhörbarer, ist ein grundsätzliches Umdenken in der Projektabwicklung unabdingbar.
»Die Baubranche muss von strikt normativ getriebenen Abläufen umdenken, hin zu einem Modus, wo alle am Projekt Beteiligten als Team funktionieren, denn nur durch die Bündelung des Know-hows aller Player kann das Projekt zu einem Optimum geführt werden«, erklärt Doris Schmidtberger, Baumanagerin beim österreichischen IPA-Pionier Delta. Bei der Integrierten Projektabwicklung steht ein ganzheitlicher, kooperativer Ansatz im Fokus. Die Grundintention ist, dass bei sämtlichen Vergaben der Beste statt dem billigsten Partner gewählt wird, und das bereits vor Start der Planung. »Somit wird gewährleistet, dass mit gebündeltem Know-how von Planern und Ausführenden in die Planung gestartet wird«, weiß Hildegard Utermöhlen, Bauprojektmanagerin bei Delta.
Es wird gemeinsam geplant, die Zielkosten definiert und Risiken eruiert und bewertet. Nicht quantifizierbare Risiken werden in eine neutrale Risikosphäre gelegt und auch dort budgetiert. Bei Schlagendwerden erfolgt die Bearbeitung durch den bestgeeigneten Partner. »Durch diese Vorgehensweise wird einerseits gewährleistet, dass das Projekt zu einem bestmöglichen Ergebnis geführt wird, sowie andererseits, dass sich auch tatsächlich alle Beteiligten mit den definierten Zielen identifizieren«, so Schmidtberger.
Verträge hinter der Idee
Unterstützt wird diese Grundintention durch die vertragliche Gestaltung. Abgeschlossen wird ein Mehrparteienvertrag – das kann, muss aber kein Allianzvertrag sein –, der einen zusätzlichen Anreiz über ein Bonus-Malus-System generiert. Die Anwendung ist grundsätzlich sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich möglich. Wesentlich ist, dass sämtliche Entscheidungen unter dem Fokus »best for project« getroffen werden. »Dazu sind Vertreter aller wichtigen Kompetenzen wie Bauherr, Planer oder Ausführende im Projektmanagementteam vertreten. Entscheidungen können nur einstimmig erfolgen«, so Utermöhlen. Die Koordinierung innerhalb dieses Managementteams, sowie der Informationsfluss zu höheren Gremien wird durch einen neutralen IPA-Manager gewährleistet.
Die Unterschiede zur »klassischen« Projektabwicklung beginnen schon bei der Vergabestrategie und Partnerwahl und reichen über das Vertragswesen, Riskomanagement und Vergütung bis zur Organisationsstruktur und Projektkultur.
Tipp: Eine Übersicht über die Differenzen haben wir hier für Sie zusammengestellt: Projektabwicklung: Klassisch versus integriert
Fazit
Mit der Integrierten Projektabwicklung wurde ein System geschaffen, das für mehr Fairness für alle Beteiligten und einen größeren Projekterfolg sorgen soll. »Anstelle von ›Win-lose‹-Varianten, von niedrigpreisigen Angeboten, die mit ausuferndem Claim-Management gewinnbringend werden, kommt es zu einem Umdenken hin zu einer Abwicklung, bei der eine faire Vergütung, die Projektoptimierung sowie der Kulturgedanke im Mittelpunkt stehen«, sind Utermöhlen und Schmidtberger überzeugt. Denn schließlich sei am Ende des Tages das, was »best for project« ist, auch das Beste für jeden Einzelnen.