Laut der Umfrage von PwC und dem Urban Land Institute sind der Einzelhandel und interessanterweise auch die Büros am stärksten betroffen. Der Grund liegt in der unsicheren Mietsituation, die sich ja bereits in beiden Segmenten in unterschiedlicher Ausprägung zeigt. Es ist für Arbeitnehmer und Unternehmen definitiv schwierig, die langfristigen Auswirkungen zu erkennen. Der zweite Lockdown dürfte diese Situation noch verschärft haben – die Umfrage fand natürlich vor der aktuellen Situation statt. Lisette Van Doorn, CEO von ULI Europe: „Der europäische Immobilienmarkt befindet sich an einem Wendepunkt und versucht, seine zukünftige Rolle in der Gesellschaft herauszuarbeiten, während er sich gleichzeitig den zyklischen Herausforderungen nach dem Ausbruch der Pandemie Anfang dieses Jahres und der damit verbundenen anhaltenden Unsicherheit stellt.“
Was passiert mit den Hotels?
Die Hotellerie wurde nicht abgefragt, aber hier stellt sich der Markt – vor allem nach dem zweiten Lockdown – als äußerst unkalkulierbar dar. Zahlreiche Investoren warten bereits auf Hotelimmobilien, die in den kommenden Monaten verkauft werden könnten. Die Notwendigkeit zu verkaufen sollte die Preise senken, die Tatsache, dass es viele Interessenten gibt, könnte diese aber auch stabil halten. Diejenigen, die kaufen, erwarten einerseits ein Anziehen des Tourismus ab Ende 2021 – sie kaufen kaum mit Fremdkapital und können damit eine längere Nichtvermietung durchaus aussitzen. Andererseits werden auch für zahlreiche Hotels neue Konzepte entwickelt werden – bis hin zum klassischen Wohnbau.
Im Investmentbereich wird von den Befragten davon ausgegangen, dass die Investoren in der kommenden Zeit stärker aus Europa bzw. aus dem Inland kommen. Dies zeigt sich auch deutlich in Österreich, wo sich die Käufer auf dem heimischen Gewerbeimmobilienmarkt laut dem EHL-Investment-Marktbericht derzeit fast ausschließlich aus Österreichern, Deutschen und Schweizern zusammensetzen (99 Prozent). Aufgrund von Covid-19 ist der Anteil außereuropäischer Käufer aus Korea, Australien oder den USA zurückgegangen. Es ist zu erwarten, dass dies in den nächsten zwölf bis 18 Monaten so bleiben wird.
Core-Objekte stehen im Vordergrund
Das Streben nach Rendite, das jetzt noch dominanter als vor Covid ist, zieht weiterhin Investoren zu Immobilien, insbesondere zu Core- und einkommensgenerierende Immobilien, wie etwa Wohnimmobilien, die weiterhin attraktiv sind. Nach diesem zweiten Lockdown, der die gesamte Wirtschaft hart trifft, kann aber auch ein weiterer Schritt folgen, der lediglich die Absicherung in Sachwerten beinhaltet – ohne zu sehr auf die Renditen zu achten. „Die Pandemie hat eine Reihe von zuvor identifizierten strukturellen Trends verstärkt.“ Dazu gehöre der Aufschwung des E-Commerce und der Fernarbeit, was Investoren und die Branche insgesamt veranlasst hat, das historische Risiko- und Renditeprofil für viele Arten von Immobilien zu überprüfen, meint Gareth Lewis, Real Estate Director bei PwC UK. Die Immobilienbranche steht vor einer einzigartigen Herausforderung, die eine potenzielle Rezession auf kurze Sicht und eine Reihe struktureller Herausforderungen auf mittlere Sicht miteinander verbindet.
Andere Assetklassen werden wichtiger
Der „Digital Switch“, die durch Covid-19 vorangetriebene beschleunigte Digitalisierung rund um den Globus, wirkt sich auch auf die Sektorpräferenzen der Investoren aus, wobei Logistik, Rechenzentren und Kommunikationstürme sowie Glasfaser als stark potenzialträchtig eingestuft werden. Darüber hinaus entwickeln sich die Biowissenschaften und die Gesundheitsfürsorge positiv – ein Trend, der durch Covid-19 beschleunigt wurde –, ebenso wie der Wohnbereich, der immer noch ganz oben auf der Liste der Investoren steht.
Simon Hampton, Real Assets Leader bei PwC UK, meint: „Die Ungewissheit dieses Jahres hat die Prioritäten in einigen Sektor verschoben; wir haben eine Abkehr von den Hauptsektoren Einzelhandel, Gastgewerbe und Freizeit, eine Pause in Bezug auf Büro und eine wachsende Nachfrage nach alternativen Sektoren wie Wohnungsbau, Rechenzentren, Biowissenschaften/Gesundheit, Energie- und Kommunikationsinfrastrukturen sowie einen anhaltenden Wunsch nach Industrieeigentum und Logistiklagern erlebt.“