Zu Hause wohnt man, und wenn man in einem Hotel ist, dann bedeutet das entweder Urlaub oder Arbeit. „Strikte Trennungen, die sich in den kommenden Jahren weiter auflösen werden“, ist Andreas Hawlik, Geschäftsführer HAWLIK GERGINSKI Architekten, überzeugt. Hotels und Wohnen wachsen vielleicht nur bedingt zusammen, aber „lernen“ können die beiden Assetklassen voneinander allemal. Damit sind die Besonderheiten gemeint, für die jeweilige Aufenthaltsqualität ausschlaggebnd sind.
Storytelling vom Hotel kombiniert mit dem Residential Feeling beim Wohnen
Martina Maly-Gärtner – bei der UBM Development AG für den Bereich Hotels zuständig – sieht das aus der Perspektive der Hotelbetreiber: „Wichtig ist bei Projekten, dass man das Storytelling vom Hotel nimmt und mit dem Residential Feeling beim Wohnen kombiniert.“ Dies ist ein Grund, warum bei zahlreichen Hotelprojekten auch Architekten gesucht werden, die Wohnerfahrung haben. „Das Wohngefühl muss in den Hotelraum hinein, damit es wohnlich wird und die Gäste sich wohlfühlen.“ Wer von wem mehr übernimmt, das ist Ansichtssache, wie Evgeni Gerginski, Geschäftsführer HAWLIK GERGINSKI Architekten, meint: „Für mich ist wichtiger, was Wohnen vom Hotel lernen kann, weniger Hotel vom Wohnen.“ Die Unterkunft im Urlaub ist nun einmal ein Erlebnis, das man zu Hause in den eigenen vier Wänden so nicht hat. „Wenn ich im Urlaub in einem Hotel bin, dann will ich mich besser fühlen und mir etwas leisten, das ich zu Hause nicht habe“, so Evgeni Gerginski. Der Mensch fährt schließlich auf Urlaub, um etwas anderes zu erleben.
Wohnfeeling“ ist ein wesentlicher Erfolgsgarant
Im Hotelsegment zeigt sich bereits, dass das „Wohnfeeling“ ein wesentlicher Erfolgsgarant ist. Martina Maly-Gärtner: „Bei den Lobby-Konzepten, wie wir sie entwickeln, stellen wir fest, je wohnlicher, desto erfolgreicher ist es.“ Entscheidend sei, dass der Mensch das Gefühl hat, er sitzt nicht in einer Hotellobby. „Wohnen vermittelt immer ein Gefühl von Sicherheit und Vertrauen“, sagt Evgeni Gerginski. Je stärker diese Aspekte im Hotel „verankert“ werden, desto emotionaler ist das Erlebnis in der fremden Umgebung.
Themen beim Wohnen?
Speziell in den Städten werden den Hotels verstärkt gewisse Themen zugeordnet. Wem das Thema zusagt, der bucht. Beim Wohnen könnte das auch funktionieren, allerdings muss es authentisch sein, um Menschen anzuziehen, die das auch wirklich wollen. Ob sich eine Anlage so „branden“ lässt, dass das auch tatsächlich funktioniert, davon ist Andreas Hawlik weniger überzeugt: „Im Interior-Design funktionieren Brandings ganz gut, bei einer Wohnanlage nicht unbedingt.“ Das betrifft aber weniger die Menschen als die Verantwortlichen, die sich über diese Form des Wohnens noch nicht drübertrauen. „Wir hatten einmal eine Idee für einen geförderten Wohnbau, wo wir die einzelnen Bauteile nach Kontinenten benannt haben, aber wir sind nicht über den Wettbewerb hinausgekommen.“
Digitalisierung – Luft nach oben
Bei der Digitalisierung ist in beiden Assetklassen noch Luft nach oben, wobei die Hotellerie dem Wohnen doch weit voraus ist. Wenn sich auch noch viele Hotels im Bereich der Digitalisierung „in der Steinzeit bewegen“, wie Martina Maly-Gärtner es ausdrückt, so haben es doch einige von ihnen geschafft, die großen Hürden zu nehmen. Nicht ohne Grund braucht es seine Zeit, denn Technologie ist teuer. „Man muss sehr viel investieren.“ Aufgrund von Personalmangel werden die Hotelbetreiber aber an der Digitalisierung nicht herumkommen. „Man braucht dann nur mehr einen Host, der die Gäste betreut, aber nichts Administratives macht.“ Ähnliches wäre auch für die Hausverwaltungen zu wünschen, meint Sandra Bauernfeind, Geschäftsführerin Heimat Österreich: „Die Hausverwaltung soll sich um die Bewohner kümmern. Der Rest sollte digital funktionieren.“ Fungiert die Hausverwaltung als Host für die BewohnerInnen, würden die Unternehmen eine andere Aufgabe übernehmen, nämlich deren Betreuung.
Quartiersmanagement
Das Thema Concierge wird ohnehin beim Wohnen wieder stärker in den Vordergrund treten, allerdings wird es sich nicht um den klassischen Concierge handeln, sondern vielmehr um einen „Begleiter“. Sandra Bauernfeind: „Im Zuge der Digitalisierung wird dieses Service immer wichtiger, damit die Themen auch bespielt werden, die online in den Wohnhäusern angeboten werden.“ Man will die Gemeinschaft nicht mehr dem Zufall überlassen, ähnlich einem Animateur in den Ferienhotels. Evgeni Gerginski nennt noch ein gutes Beispiel für ein Wohnquartier mit ähnlichem Flair: „Neu Leopoldau. Man kommt hinein wie in eine Ferienanlage mit einer Rezeption und Quartiersmanagement.“ Eine Community innerhalb der Immobilie zu schaffen, wird die größte Herausforderung sein, um die Mieter zu halten. „Mit dem Community-Manager steht und fällt das ganze Projekt“, so Tobias Siegel, Consultant bei PKF hospitality group.
Bonuspunkte für Nachhaltigkeit
Was die Nachhaltigkeit betrifft, so stellt Martina Maly-Gärtner fest, „dass viele Hotels zertifiziert sind, während man beim Wohnen erst damit beginnt.“ Aufgrund der höheren Betriebskosten bei Hotels war diese Entwicklung notwendig. Dazu kommt, dass in vielen Bereichen in der Hotellerie auch Daten geliefert werden, die dazu dienen, Verbesserungen vorzunehmen. „Es gibt da schon sehr unterschiedliche Möglichkeiten des Energiesparens in den Hotels“, meint Tobias Siegel. „Zum Beispiel ein Display in der Dusche mit einem Eisbären auf einer Eisscholle, der untergeht, je länger man duscht.“ Einige Hotels würden mittlerweile Bonuspunkte beim Auschecken vergeben, wenn die Gäste besonders energiesparend waren, so Andreas Hawlik. Vielleicht ist auch das in Zukunft ein Thema beim Wohnen.