Bauwirtschaftliche Auseinandersetzungen vor Gericht kosten den Beteiligten (unabhängig vom Ausgang) viel Zeit, Geld und Nerven. Beim Rückblick auf ein abgeschlossenes Gerichtsverfahren kommen Parteien häufig zu der Einsicht, dass der Konflikt schneller und einfacher zu lösen gewesen wäre. Alternative Streitbeilegungsmethoden sind nicht mehr nur für internationale Konzerne interessant, sondern werden auch für klein- und mittelständische Unternehmen immer attraktiver. Die Gründe hierfür sind vielseitig und reichen von der erhöhten Vertraulichkeit und Flexibilität sowie Schnelligkeit des Verfahrens bis hin zur Erhaltung von geschäftlichen Beziehungen.
Streitprävention im Bauvertrag
Bei Vertragsabschluss werden mögliche Konflikte (bewusst) ausgeblendet. Es ist aber unumgänglich, sich schon bei der Vertragsgestaltung offen damit auseinanderzusetzen, wie (effizient) die Parteien mit erwartbaren Konflikten (Abrechnungsstreitigkeiten, Gewährleistungsfragen, bauwirtschaftliche Nachträge etc.) umgehen möchten. »Erfolgreiche Konfliktvermeidung beginnt bei einer lösungsorientierten Vertragsgestaltung und findet bereits baubegleitend statt«, erklärt Baurechtsexperte Lukas Andrieu, Partner bei ScherbaumSeebacher Rechtsanwälte. Wenn ein Streit bereits entstanden und die Fronten verhärtet sind, ist es erfahrungsgemäß nur mehr selten möglich, dass sich die Parteien einvernehmlich auf eine alternative Form der Streitbeilegung einigen. Der langwierige Weg zu Gericht ist dann meist unvermeidlich.
Neue Vertragsmodelle
Einen präventiven streitvermeidenden Ansatz verfolgen kooperative Vertragsmodelle in Form von sogenannten Allianzverträgen und Partnerschaftsverträgen. Vorreiter sind Australien und England. Bei partnerschaftlichen Vertragsmodellen verpflichtet man sich zur gemeinsamen Projektbearbeitung mit Transparenz, Risikoausgleich und der Bereitschaft, den wirtschaftlichen Erfolg eines Projekts zu teilen. Vertragliche Vergütungsanreize sollen dabei die Zusammenarbeit fördern. Die Vergütung erfolgt häufig nach dem »Cost-Plus-Fee-Prinzip« der gläsernen Taschen, bei dem die entstandenen Kosten der Vertragspartner offengelegt werden. Aus Sicht des Bauanwaltes zeigen internationale Vorbilder, dass die Harmonisierung wirtschaftlicher Interessen der Projektpartner vor allem bei komplexeren Großprojekten ein Erfolgsmodell – auch zur Konfliktvermeidung – sein kann.
Projektbegleitende Lösungen
Im internationalen Kontext haben sich sogenannte »Dispute Adjudication Boards« etabliert. Der Gedanke dahinter ist, dass durch die präventive vertragliche Verankerung von »Dispute Boards« bereits projektbegleitend ein spezialisiertes Gremium (etwa Baubetriebswirt und Jurist) mit Projekt-Know-how gebildet wird, das während der gesamten Vertragsdauer zur baubegleitenden Klärung von technischen und/oder rechtlichen Streitfragen bestehen bleibt, um eine rasche Erledigung der Streitigkeit sicherzustellen und eine Zerrüttung der
Geschäftsbeziehungen zu vermeiden.
Aus unserer Sicht ist ein solches projektbegleitendes Lösungsmanagement besonders sinnvoll: »Je länger ein Konflikt ungelöst bleibt, desto teurer wird er. Das trifft ganz besonders auf Bauablaufstörungen zu. Man denke dabei nur an die sehr hohen gesetzlichen Verzugszinsen, die nach einem langjährigen Streit vor Gericht fällig werden.
Darüber hinaus bietet sich zur Klärung technischer Auseinandersetzungen auf der Baustelle (z. B. über das Bestehen von Mängeln und deren Ursache) auch der Einsatz von Schiedsgutachtern an. Das Ergebnis des Schiedsgutachtens ist für die Parteien materiell-rechtlich bindend und sorgt damit schnell und unkompliziert für Klarheit. Im besten Fall einigen sich Vertragspartner schon bei Vertragsabschluss auf eine gemeinsame fachkundige Vertrauensperson oder übertragen die Auswahl eines geeigneten Gutachters für den Streitfall vorab einer unabhängigen Stelle.
Schiedsgerichtsbarkeit
Sofern es nicht gelingt, eine streitige Auseinandersetzung durch baubegleitende Konfliktlösungsmechanismen zu vermeiden, stellen Schiedsgerichte die bedeutendste Alternative zu staatlichen Gerichtsverfahren dar. Bei internationalen Projekten sind Schiedsverfahren längst als schlagkräftiges und effektives Streitbeilegungsinstrument anerkannt. Die Parteien haben die Möglichkeit den Ort und die Sprache des Verfahrens sowie vor allem auch die Schiedsrichter, die branchenspezifische Experten sein können, selbst zu wählen. Abhängig von der Vereinbarung der Vertragspartner entscheidet den Streit ein Einzelschiedsrichter oder ein aus drei Schiedsrichtern bestehender Schiedsrichtersenat. Berufungsmöglichkeiten über mehrere Instanzen gibt es nicht.
Die Entscheidung des Schiedsgerichts (Schiedsspruch) hat die Wirkung eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils und ist ein vollstreckbarer Exekutionstitel. Auch wenn sich Vertragspartner immer einvernehmlich zur Einschaltung eines Schiedsgerichts entscheiden können, sollte bereits bei Vertragsabschluss eine Schiedsklausel mit den wesentlichsten Parametern des Verfahrens in den Vertrag aufgenommen werden, falls man sich für diesen Weg der Konfliktlösung entscheiden möchte.
Mediation
Sind die Fronten zwischen den Parteien nicht so stark verhärtet, dass eine (schieds-)gerichtliche Entscheidung die einzige Lösung darstellt, ist Mediation eine Möglichkeit für die Bereinigung des Konflikts. Dies gilt insbesondere, wenn die Parteien ihre geschäftlichen Beziehungen erhalten möchten. Im Rahmen der Mediation erarbeiten die Parteien in einem strukturierten Verfahren mit Unterstützung eines Mediators eine die Wünsche Aller widerspiegelnde Lösung. Das Mediationsverfahren ist ein vertrauliches und flexibles Verfahren, mit dem Potenzial der schnellen Abwicklung. Weiters kommt es zu einer Einigung durch die Parteien selbst, weshalb diese naturgemäß den Ausgang maßgeblich beeinflussen können. Nachteile der Mediation sind, dass das Verfahren nicht mit einer bindenden, gerichtlichen Entscheidung beendet wird. Sämtliche Parteien müssen daher an einer Lösungsfindung interessiert sein, widrigenfalls die Mediation nicht zum gewünschten Erfolg führen wird.
Schlichtungsverfahren (als Mittelweg)
Eine weitere Form der außergerichtlichen Streitbeilegung stellt die Schlichtung dar. Vertragspartner können vor dem Gang vor den Richter oder das Schiedsgericht einvernehmlich ein Schlichtungsverfahren (etwa auch durch einen Antrag bei der zuständigen Landesinnung) einleiten. Schlichtungsverfahren ermöglichen die Erlangung einer fachlichen Einschätzung und sind im Vergleich zu Gerichtsverfahren in der Regel günstig und schnell. Der Schlichter versucht die Parteien dabei zu unterstützen, miteinander zu verhandeln. Im Gegensatz zum Mediator macht der Schlichter zusätzlich Ergebnisvorschläge, wenn er dies für zweckmäßig hält. Es besteht auch die Möglichkeit, dass der Schlichter einen Schlichterspruch erlässt. Ein Mediator hingegen nimmt keine solche Einflussnahme auf das Ergebnis. Wesentlicher Nachteil von Schlichtungsverfahren ist, dass sie (in der Regel) jedoch nicht mit einer rechtlich bindenden Entscheidung abschließen.
Fazit
Erfolgreiche Konfliktvermeidung beginnt bei einer lösungsorientierten Vertragsgestaltung und findet bereits baubegleitend statt. Die Einrichtung von »Dispute Adjudication Boards« und der baubegleitende Einsatz von Schiedsgutachtern sowie die Mediation und Schlichtung sind anerkannte und oft erfolgreiche Methoden der alternativen Streitbeilegung. Diese Konfliktlösungsmechanismen haben verschiedene Ausprägungen und bringen verschiedene Vor- und Nachteile mit sich.
Ist ein Rechtsstreit tatsächlich unvermeidlich, ist die Entscheidung durch ein staatliches Gericht längst nicht mehr die einzige Möglichkeit, Streitigkeiten zu lösen. Schiedsgerichte können eine schnelle und effiziente Alternative zur (rechtlich verbindlichen) Streitbeilegung darstellen. »Aufgrund der vielfach bestehenden Komplexität und Vielschichtigkeit von Baustreitigkeiten und den damit verbundenen Kosten- und Prozessrisiken müssen schon beim Vertragsabschluss Streitbeilegungsmöglichkeiten offen und auf Augenhöhe ausgelotet werden.