In der Facility-Branche wird die andauernde Energiekrise als Signal wahrgenommen, beim nachhaltigen Gebäudebetrieb verstärkt Kompetenzen einzubringen. „Wir sehen die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen, die sich durch den Klimaschutz ergeben, als große Chance, um einen wertvollen Beitrag zum Erreichen der Klimaneutralität in Österreich zu leisten“, betont Georg Stadlhofer, Vizepräsident IFMA (International Facility Management Association) Austria. Jetzt brauche es eine klare Richtung sowie greifbare Standards. „Facility-Management hat einen wesentlichen Einfluss auf die effiziente Nutzung und den Betrieb von Gebäuden“, sagt Doris Bele, Vorstandsvorsitzende von Facility Management Austria.
FM-Betreiber sehen Nachholbedarf
Timo Seyfried, Geschäftsführer des Facility-Management-Unternehmens Apleona, bemerkt eine Sensibilisierung: „Die Kunden sind merkbar bereiter, sich dem Energiethema zu widmen, weil sich die Investitionen früher lohnen.“ Thomas Ball vom FM-Marktanalysten Lünendonk berichtet anlässlich der Präsentation des hauseigenen FM-Branchenrankings in Wien: „Assetmanager werden reportinggetrieben aktuell auf die Branche aufmerksam.“ Es gebe eine unglaubliche Bewegung im Markt, und zwar wegen der politischen Agenda. Verordnete CO2-Ziele hätten einen ganz anderen Antrieb zur Folge als die bisherigen Optimierungsaufgaben. Stefan Babsch von Strabag Property and Facility Services (PFS) geht trotz Aufbruchsstimmung davon aus, dass es noch etwas Zeit braucht, bis die Dinge wirklich ins Laufen kommen: „An der Datenlage wird noch gearbeitet werden müssen.“ Woher die Verbräuche kommen und welche Energie genau die Kosten verursacht, sei oftmals noch eine große Unbekannte.
Intelligente Systeme fürs Quartier
Die neue FMA-Initiative CO2-Countdown soll genau diese Dinge anstoßen. Im Rahmen des letzten FM-Day im Wiener Park Hyatt Hotel wurden Awards für Vorbildprojekte vergeben. Ausgezeichnet wurde unter anderem das Softwareservice von Ampeers Energy, das Verbräuche mittels künstlicher Intelligenz optimiert. Nutzen will das aktuell im BIG-Konzern die ARE, und zwar beim „Village im Dritten“, einem städtebaulichen Wohnbauprojekt. „Damit setzen wir unseren Kurs Richtung Dekarbonisierung und weitestgehend klimaneutrale Energieversorgung unserer Liegenschaften fort“, sagt ARE-Geschäftsführer Hans-Peter Weiss.
Wärmezentrale kommt fertig
Die Wärmezentrale, der sogenannte Ground Cube, kommt in diesem Fall übrigens fertig vorkonfiguriert auf die Baustelle. Der im Quartier erzeugte Solarstrom wird zum Betrieb von Wärmepumpen genutzt. Außerdem wird ein „Mieterstromangebot“ zur Refinanzierung der Investitionskosten gelegt. Positiver Nebeneffekt dessen sei, dass das Investoren-Nutzer-Dilemma gelöst werde. „Gemeinsam mit der ARE demonstrieren wir, wie die Dekarbonisierung der Immobilienwirtschaft einfach und profitabel umgesetzt werden kann“, sagt Karsten Schmidt, Geschäftsführer von Ampeers Energy.
Neues für den Altbaubestand
Ein Quartiersprojekt in der Wiener Geblergasse, das als „Smart Block“ bereits mehrfach ausgezeichnet worden ist, beeindruckte auch die Jury des CO2-Countdown-Award. Erstmals in Österreich ist hier bei einer historisch gewachsenen Blockrandbebauung ein niedertemperiertes Energienetz errichtet worden, das über Temperaturausgleich in der Nähe funktioniert. Der als Projektentwickler und Architekt fungierende Johannes Zeininger berichtet über die Entstehungsgeschichte: „Es war der Versuch, gutes Leben in den dichten Gebäudebestand zu bringen.“ Konfrontiert sah man sich mit einem Nachbarn, der überfordert war, sein Haus mit sozialen Mieten vor der Abbruchreife zu bewahren. Auf die gemeinschaftliche Initiative hin wurde daraus ein Forschungsprojekt, das für Zeininger einen Umbruch bedeutet: „Nach einer Zeit, wo jeder für sich agierte, muss gelebte Nachbarschaft, in der man miteinander Dinge vorantreibt, heutzutage erst wieder erlernt werden.“
Lokaler Energielieferant
Alle im Block konnte man nicht selbst an Bord holen, und so hat man die Aufgabe per Contracting ausgelagert. Der Anbieter, der heute BCE beyond carbon energy GmbH heißt, fungiert daher im lokalen Netzwerk wie ein Energielieferant. Bei dem Modell sind laut BCE Immobilienbestandhalter oder Eigentümer gefordert, sich mit einem Baukostenzuschuss zu beteiligen. Beim Projekt Geblergasse wurden vorausschauend mehr als die zwölf erforderlichen Tiefenbohrungen vorgenommen, damit bei den erwartbaren Gebäudesanierungen in der Nachbarschaft das lokale Energienetz mitwachsen kann.