2018 entfielen auf den Gebäude- und Bausektor 36 % des Endenergieverbrauchs und 39 % der Energie- und prozessbezogenen Kohlenstoffdioxid-Emissionen (CO2-Emissionen), von denen 11 % aus der Herstellung der Baumaterialien und -produkte wie Stahl, Zement und Glas stammten (Quelle: 2019 Global Status Report for Buildings and Construction (windows.net)).
Die Analyse der Mittelverwendung grüner Anleihen-ETF-Portfolios verglich die einzelnen Teilsektoren miteinander. Sowohl der Neubau als auch die Modernisierung bestehender Gebäude haben ihre Berechtigung. Herauszufinden ist hierbei, welcher der beiden Bereiche mehr CO2 im Verhältnis zu einer bestimmten Investitionssumme einspart.
Bestehende Gebäude modernisieren
Klarer Gewinner im Hinblick auf den Kohlenstoff-Auswirkungsgrad (Carbon Impact Ratio, CIR) ist die Modernisierung bestehender Gebäude, bei der sich Emissionseinsparungen von 0,36 Tonnen für jede ausgestoßene Tonne an CO2 ergaben. Dies muss jedoch im Kontext betrachtet werden: Die Einsparungen ergeben sich daraus, dass ein bereits bestehendes Gebäude modernisiert wird, um es energieeffizienter zu machen. Dadurch wird deutlich, wie energie-intensiv das Bauwesen tatsächlich ist – denn es sind hohe Mengen an CO2 für relativ geringe Einsparungen erforderlich. Daraus lässt sich folgern, dass Emittenten zu Offenlegungen bezüglich der Beschaffung der Materialien, der Gebäudestandards, der Entsorgung und des Recyclings angehalten werden sollten. Der Großteil der Emissionen kann auf die Materialien zurückgeführt werden. So ist etwa die Herstellung von Zement und Stahl mittels traditioneller Methoden seit jeher äußerst CO2-intensiv. Diese Emissionen fallen zu einem gewissen Grad auch durch eine Modernisierung nicht weg. Gebäude können oftmals energieeffizienter gemacht werden, doch gehen damit nach wie vor die induzierten Emissionen aus einer fundamental kohlenstoffintensiven Bauphase einher.
Stahl und Zement muss dringend dekarbonisiert werden
Bei Betrachtung des Baus neuer Gebäude beläuft sich der errechnete durchschnittliche Kohlenstoff-Auswirkungsrad auf 0,07, was darauf schließen lässt, dass bei Neubauten nicht sehr viel CO2 eingespart wird. Demnach würden sich Emissionseinsparungen hier entweder aus der Bau- oder aus der Betriebsphase der Gebäude ergeben, wobei erstere so CO2-intensiv ist, dass etwaige Effizienzgewinne aus der Betriebsphase des Gebäudes – z.B. mittels Smart-Home-Geräten oder einer effizienteren Beheizung – durch die umfangreichen Emissionen in der Lieferkette zunichte gemacht würden. Solange Baumaterialien wie Stahl und Zement nicht dekarbonisiert sind, werden im Bauwesen wohl nur moderate CO2-Einsparungen realisiert werden können, was der im Rahmen unserer Erkenntnisse für Investoren ermittelten Notwendigkeit von Transparenz in der Präsentationsphase der Anleihe noch mehr Gewicht verleiht.
Damit Investoren in der Lage sind, die potenziellen Auswirkungen zu beurteilen, sollten im Idealfall ausführliche Informationen über Gebäude im Rahmenwerk für grüne Anleihen zur Verfügung gestellt werden. Dabei sollte berücksichtigt werden, ob der Großteil der Mittel für die Modernisierung oder für neue Gebäude aufgewendet wird, wie hoch der laufende Energiebedarf maximal ausfallen wird, woher die Materialien beschafft werden und wie sich die Abfallbewirtschaftung gestaltet.
Bei Gebäuden basiert der CIR-Ansatz auf den Emissionseinsparungen durch das mit der grünen Anleihe finanzierte Projekt ausgehend vom durchschnittlichen Emissionsfaktor für Gebäude im jeweiligen Land. Es gibt einige wichtige Aspekte in Bezug auf das Klimarisiko, die nicht von allen Emittenten offengelegt werden und sich potenziell stark auf die Emissionen auswirken könnten. Dazu zählen Emissionen aus der Herstellung von Materialien während der Bauphase und die Emissionen in Verbindung mit dem Abriss bestehender Gebäude, wenn diese einem Neubau weichen sollen. Für Infrastrukturanlagen mit langer Lebenszeit ist es wichtig, in Bezug auf die veränderten Klimaauswirkungen durch starke Niederschläge und Überschwemmungen sowie Hitzestress und Stürme zu planen.
Wie sieht ein wirklich grünes Gebäude – von der Konzeption bis zum Betrieb – aus?
Alle grünen Gebäude weisen einen Fokus auf einen „niedrigen Energiebedarf“ auf. Allerdings gibt es nach wie vor keine einheitliche Definition für „grüne“ Immobilien.
Daraus folgt, dass grüne Anleihen, die zur Finanzierung „grüner“ Gebäude begeben werden, eine unterschiedlich starke Senkung des Energiebedarfs vorsehen. Einzelheiten zur Beschaffung, den verwendeten Materialien, den Baupraktiken und den Abrissplänen sollten daher stets offengelegt werden. Strenge, regulatorisch vorgeschriebene und bis auf den Konzeptionsprozess ausgeweitete Standards stellen sicher, dass bereits frühzeitig nachhaltige Praktiken angewandt werden.
Best Practice
Bei der Modernisierung alter Gebäude und dem Bau neuer grüner Gebäude fallen erhebliche Emissionen an. In den Rahmenwerken für grüne Anleihen müssen so viele Informationen wie möglich darüber offengelegt werden, wie die Mittel eingesetzt werden. Zudem müssen grüne Gebäudestandards ausgewiesen werden, denn deren Umsetzung ist wesentlich in Bezug auf Belange wie Abfallentsorgung und Materialbeschaffung.
Spitzenreiter: Berlin Hyp
Berlin Hyp demonstriert in ihrem Rahmenwerk für grüne Anleihen ein herausragendes Maß an Transparenz. Das Unternehmen bietet Anreize für Kredite für grüne Gebäude, indem es einen Abschlag von 10 Basispunkten gewährt. Damit soll das eigene strategische Ziel, bis 2020 etwa 20 % des Kreditportfolios auf grüne Vermögenswerte umzustellen, gefördert werden. Dieses Ziel wurde erreicht. Dies stellt einen lobenswerten „Zusatznutzen“ dar. Außerdem legt das Unternehmen in seinem Rahmenwerk die maximalen Emissionen pro Quadratmeter für neun verschiedene Gebäudekategorien genau fest. Zudem ist die Nennung spezifischer Anforderungen für externe Nachhaltigkeitszertifizierungen wie LEED oder BREEAM eine nützliche Information für Investoren.