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Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer

Stadtteile lassen sich gezielt aufwerten. Das geschieht mit einzelnen Projekten, die gebaut oder saniert werden, oder gleich mit einem Masterplan für das gesamte Gebiet. Die Auswirkungen auf die Umgebung sind sehr unterschiedlich, aber eines ist klar: Ein Projekt alleine bringt so gut wie nichts.

Die Stadt erneuert sich nicht von selbst– sie braucht Initiativen, und zwar von mehreren Seiten. Gebäudesanierung hilft zwar dem Objekt, aber eine Stadtentwicklung oder Aufwertung des Grätzels findet dadurch noch nicht statt. „Wenn man innerstädtische Projekte refurbisht, dann hängen die Auswirkungen auf die Umgebung von der Größe des Objekts ab“, erklärt Daniel Jelitzka, Geschäftsführer von JP Immobilien: „Je größer das Projekt, desto größer der Nutzen und der Impact auf die Umgebung.“ Eine Solitäraktion nützt in so einem Fall allerdings wenig, denn es sind noch weitere Komponenten notwendig. „Es ist auch wichtig“, so Jelitzka, „dass ein öffentlicher Nutzen untergebracht ist.“ Bei seinem Paradebeispiel, einem großen Objekt in der Heumühlgasse/Ecke Schönbrunner Straße, wurde der sanierte Innenhof öffentlich zugänglich gemacht, und innerhalb kürzester Zeit siedelten sich in den Erdgeschoßflächen Start-up-Firmen an. Als alle belegt waren, zog sich die Nachfrage über das Objekt hinaus in angrenzende Häuser. Jelitzka: „Du kannst das größte Projekt machen, aber sobald es abgeschottet ist, wird es ein unbelebter Monolith in der Landschaft. Eine Stadt muss erlebbar sein. Die Menschen wollen an etwas Neuem partizipieren.“

Beim Etablissement Gschwandner im 17. Bezirk wurde ähnlich vorgegangen, und hier werden mittlerweile in den umliegenden Häusern Developer aktiver. „Auch die Preise ziehen rundherum stärker an“, so Jelitzka: „Das ist eine Aufwertung für die gesamte Gegend.“ So sah das auch Günter Kerbler, als der damalige Vorstand der conwert Immobilien Invest AG im Jahr 2005 am Brunnenmarkt in Wien-Ottakring das Osei-Kaufhaus erwarb und hoffte, an das Umfeld andocken zu können. Kerbler war überzeugt, dass man „ein Grätzel nur dann entwickeln kann, wenn man mehrere Häuser zusammen bekommt und sie revitalisieren kann“.

Auch in München funktioniert’s

Ähnliches erreichte die UBM bei ihrem Projekt LIVE-WORK-STAY im Münchner Stadtteil Sendling. Der Komplex umfasst ein Hotel, Wohnungen, Büros und Handelsflächen. Der 6. Stadtbezirk ist mit Mietshäusern und wohnungsgenossenschaftlichen Bauten dicht besiedelt und durch eine Funktionsmischung von Wohnen und Arbeiten geprägt. „Unsere Mischung aus Hotel, Büro und Wohnen ist daher eine nachhaltige und ideal zum Standort passende Nutzung des rund 9.500 Quadratmeter großen Grundstücks“, erklärt UBM-CEO Karl Bier das Entwicklungskonzept. Sogar die Freizeitqualität wird durch die multifunktionale Nutzung verbessert. Nicht nur Hotelgäste, Büronutzer und Wohnungseigentümer profitieren von einem 2.700 Quadratmeter großen Stadtgarten, der an Hotel und Wohnungen anschließt, sondern auch die Bewohner der angrenzenden Mietshäuser. Der neu hinzugekommene Stadtgarten, der von vornherein eingeplant war, hat sehr rasch zu Neuvermietungen geführt. Man kann davon ausgehen, dass zumindest im nahen Umfeld die Mieten durch das hinzugekommene Grün angezogen haben. Heribert Smolé, Vorstandsmitglied der UBM: „Was städteplanerisch wichtig ist: Es wird nicht nur das einzelne Projekt angeschaut, sondern man spricht von Quartieren.“

Eurogate als Paradebeispiel

Bei großen freien Flächen, die als Gesamtheit entwickelt werden, kommen auch noch andere Aspekte zum Tragen, wie das Viertel Zwei oder Eurogate beweisen. Eurogate ist ein Paradebeispiel dafür, dass Immobilienentwicklungen in die Umgebung ausstrahlen. Auf dem 20 Hektar großen Areal wird in einer ersten Phase die größte Passivwohnhausanlage Europas mit über 2.000 geförderten Mietwohnungen, geförderten Eigentumswohnungen und frei finanzierten Eigentumswohnungen entstehen. In weiterer Folge sollen auf den Aspanggründen auch Büroimmobilien und weitere Wohnungen errichtet werden. Die positive Ausstrahlung auf das angrenzende Gebiet wurde dabei durch flankierende Infrastrukturinvestitionen der Stadt Wien, etwa die Neugestaltung angrenzender Straßenzüge, und der halbstaatlichen ÖBB mit der Errichtung einer Haltestelle für die Schnellbahnlinien 7 und 70 verstärkt. Später einmal soll die U-Bahn-Linie 2 bis zu den Aspanggründen verlängert werden. Auch der lange Planungszeitraum– der Masterplan von Norman Foster datiert um die Jahrtausendwende– hat paradoxerweise die Entwicklung begünstigt. Alle Stakeholder hatten genug Zeit, um sich auf die kommenden Veränderungen einzustellen.

Stadtteile attraktiver machen

Die Gegend zwischen den Aspanggründen und dem äußerem Rennweg verfügt über durchwegs gründerzeitliche Bausubstanz, hat allerdings in den letzten 20 Jahren kontinuierlich verloren. Zum Landstraßer Gürtel hin haben nicht nur zahlreiche Geschäfte gesperrt, auch der für seine Tanzveranstaltungen weit über die Grenzen des 3. Wiener Gemeindebezirks bekannte Gasthof Pribitzer wurde geschlossen. Seit Bezug der ersten neuen Wohnungen kann man eine Umkehr erkennen. Durch die bessere Anbindung an den öffentlichen Verkehr ist das Gebiet zweifellos für junges, urbanes Publikum attraktiver geworden. Diese Gruppe weist gemeinsam mit den Bewohnern der neuen Passivhäuser eine höhere Kaufkraft als die bisherige Wohnbevölkerung auf. Das lockt Einzelhandel an und verbessert die Nahversorgung. Die demoskopische Verjüngung sorgt seit Langem wieder für den Zuzug von Gastronomie. Auch Bautätigkeit ist zu bemerken. Zusätzlich werden in der Aspangstraße und am äußeren Rennweg jahrelang ungenützte Grundstückslücken baureif gemacht.

„Energetisiertes“ Umfeld

Eurogate ist in puncto Nachhaltigkeit State of the Art. Das deshalb von Politik und Wirtschaft entgegengebrachte Interesse verstärkt natürlich die positive Austrahlung auf die nahe Umgebung. Auch die am Bau beteiligten Unternehmen sind voll motiviert. „Bilfinger ist stolz, gemeinsam mit anderen Baufirmen die größte Passivwohnhausanlage Europas zu errichten“, sagt Bilfinger-Geschäftsführer Ludger Koch, dessen Unternehmen drei der insgesamt sieben Bauabschnitte errichtet: „Die neuen Wohnhäuser sind ausgesprochen gut gedämmt und daher besonders energieeffizient.“ Zusatzeffekt: Damit wird die Gegend auch „energetisch hip“. Aber auch in den ganz alten Teilen von Wien, die bereits entwickelt sind, finden sich immer wieder Möglichkeiten, durch Gebäude die Umgebung neu zu beleben, wie beim Projekt Neutor 1010 der S IMMO AG. Friedrich Wachernig, Vorstand der S IMMO AG: „Für die Gegend, die als Bürostandort etwas ruhig geworden war, ist Neutor 1010– vor allem dank Benes Flagshipstore– sicher eine Aufwertung.“ Schon im Vorfeld hatten umfangreiche archäologische Arbeiten und viel Anrainerkommunikation starke Auswirkungen auf das Umfeld.

Der Wandel innerhalb eines Bezirks

Dass Stadtentwicklung auch in die falsche Richtung gehen kann, zeigt das Beispiel Prenzlauer Berg in Berlin. Es gibt wohl kaum einen Stadtteil in der deutschen Hauptstadt, der sich in den vergangenen 30 Jahren so sehr verändert hat wie Prenzlauer Berg. Schätzungen zufolge wurde das Viertel in den vergangenen 20 Jahren fast vollständig umgekrempelt. Knapp 80% der Einwohner des Stadtteils wechselten in dieser Zeit. War das Viertel in den 80er-Jahren noch als Zentrum der Künstler und „Unangepassten“ bekannt, hat es sich seit Anfang der 90er Jahre zu einer gefragten gutbürgerlichen Wohngegend entwickelt. „Man muss den sozialen Aspekt viel stärker beachten“, erklärt Rudolf Zabrana. Der Architekt und stellvertretende Bezirksvorsteher des 3. Wiener Gemeindebezirks feiert nächstes Jahr sein 50-Jahre-Berufsjubiläum und hat die Stadtentwicklung über Jahrzehnte beobachtet: „Eine Kahlschlagsanierung oder der Abbruch eines Hauses hat natürlich zur Folge, dass die Mietverträge erlöschen und die Bewohner auf Wanderschaft geschickt werden– für sie geht die Verbindung mit dem Grätzel verloren, und dieses verliert immer mehr seine Identität. Die Stadtteilbindung ist einer der großen Vorteile, die Wien immer noch hat, und dadurch entwickeln sich ja immer neue hippe Grätzel.“ In den 60er- und 70er-Jahren waren der 2. Wiener Gemeindebezirk um die Praterstraße übel beleumundet– heute ist es eine ausgezeichnete Wohngegend. „Ein Wandel innerhalb eines Bezirks, der die Stadt beeinflusst, dauert so 30 bis 40 Jahre. Es sind also ein bis zwei Generationen, die so eine Veränderung tragen“, so Zabrana.

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Geschrieben von:

Chefredakteur bei

Immobilien Redaktion
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  • Erschienen am:
    31.10.2013
  • um:
    11:02
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