Es waren nicht die Immobilien, welche die weltweite Finanzkrise im Jahr 2007/2008 auslösten. So sah es nur aus. Tatsächlich waren es hauptsächlich die amerikanischen Großbanken und Börsenspekulanten, deren Manager in ihrer unermesslichen Gier eine Beinahe-Katastrophe verursacht hatten. Heute, drei oder vier Jahre später, stehen wir wieder vor dem gleichen Problem, nämlich vor einer enormen Krise, oder wie der Erste-Bank-Chef Andreas Treichl sagte: „Wir müssen uns auf sehr harte Zeiten einstellen.“
Aus der Krise gelernt
Die Großen, die an dem Finanzsystem beteiligt sind, haben nichts aus ihren Fehlern gelernt. Ganz im Gegenteil: Sie agieren wieder wie vor der letzten Krise. Was man aber definitiv sagen kann: Ein Großteil der Immobilienbranche hat aus den Fehlern gelernt, wie die heurige Expo Real, die internationale Fachmesse für Gewerbeimmobilien und Investitionen in München, bewiesen hat. „Die Stimmung hier auf der Messe passt nicht zu den Prognosen in den Medien“, bemerkte auch der neue SIGNA-Geschäftsführer Christoph Stadlhuber: „Man besinnt sich wieder auf den Wert der Immobilie.“ Immobilien werden nicht nur bei den Anlegern als sicherer Hafen gehandelt, sondern auch in der Branche an sich. „Das Absichern durch Immobilien ist natürlich ein positiver Aspekt für die Branche“, so Georg Spiegelfeld, Geschäftsführer von Spiegelfeld International. Und auch für ihn war die Stimmung „entgegen der allgemeinen Medieninformation eigentlich besser, als ich erwartet habe“. Diese bessere Stimmung hat nichts mit Unverständnis oder Desinteresse an der Wirtschaftslage oder den Finanzmärkten zu tun. Es bedeutet auch nicht, dass sich die Branche der bevorstehenden Zukunft nicht bewusst ist. Ganz im Gegenteil. Die Gesprächsthemen auf der Messe drehten sich auch um die aktuelle Schulden- und Währungsproblematik in Europa und ihre Auswirkungen auf die Immobilienmärkte. Peter Wendlinger, Leiter der Abteilung Real Estate Finance der HYPO-NOE-Gruppe: „Ich habe mich mit einigen Experten getroffen, für die die Hauptthemen Griechenland, Euro und Verschuldung sind. Leute, die weiter denken als bis zum letzten Messetag.“ So wie viele andere in der Branche es auch tun.
Back to the roots
Man hat das Gefühl, die Immobilienwirtschaft will „ihre“ Immobilien wieder– im wahrsten Sinne des Wortes– auf den Boden zurückholen. Wurden die Immobilien vor der Krise teilweise wie hochriskante Finanzprodukte gehandelt, die schon zig Mal verkauft waren, bevor sie überhaupt errichtet wurden, und auch ihren Preis ebenso oft vervielfacht hatten, so ist man versucht, das jetzt zu ändern. „Die Finanzmärkte werden von Leuten und Mächten gesteuert, die mit der Realwirtschaft nichts mehr zu tun haben“, attestiert Markus Neurauter, Sprecher der Geschäftsführung der Raiffeisen evolution. Und die Branche will sich nicht mehr steuern lassen– man hatte das Gefühl, die Immobilienprofis wollen sich vom Wahnsinn des Finanzsystems abkoppeln oder wie Robert Buchner, Projektleiter Wien Hauptbahnhof, es ausdrückt: „Man versucht dem Markt wieder eine eigene Dimension zu geben.“ Die Immobilie– einst Teil eines Finanzkonstrukts– mutiert wieder zu dem zurück, was sie eigentlich ist. Und das ist gut so. „Wenn du das Projekt mit Qualität füllst, dann hat du interessierte Gesprächspartner“, so Wolfgang Mairhofer, Geschäftsführer Trio Development GmbH. Immobilien werden nicht mehr so schnell gedreht und man „sucht nicht die großen Renditen auf dem Immobilienmarkt“, so Buchner: „Die werden nicht eingefordert. Man sucht die sichere Rendite.“
Die Finanzierung steckt fest
Natürlich kann sich eine Branche, die auf Bankenfinanzierungen angewiesen ist und mit dem Finanzsystem verhaftet ist, in dieser verstrickten Welt nicht so einfach abtrennen, aber man möchte bestimmte Spiele, so scheint es, nicht mehr mitspielen. Da die Banken sich nicht mehr vertrauen und ihr Geld lieber bei der EZB parken als es in den Marktkreislauf zu lenken, gibt es für die Projektentwickler und Investoren für neue Projekte erschreckend wenig Geld. „Die Bedingungen, die Banken stellen, sind höher, was eh auch gut ist, solange diese nicht unerfüllbar werden“, so Knut Drugowitsch, Geschäftsführer Trio Holding GmbH. Unerfüllbar scheinen sie aber für viele zu sein, denn selbst die deutsche Immobilien Zeitung titelte auf ihrem Cover der Messe-Ausgabe: „Wer finanziert noch?“ Offensichtlich nur sehr wenige und Rechtsanwalt Alfred Nemetschke von Nemetschke, Huber, Koloseus Rechtsanwälte meinte: „Die Finanzierung steht und das ist das Thema.“
Ökologie und Nachhaltigkeit
Auch ein Thema waren natürlich Green Buildings und alles, was damit in Zusammenhang steht. „Unerwartet stark war für mich der Trend zur Nachhaltigkeit und Zertifizierung“, so IG-Immobilien-Geschäftsführer Hermann Klein: „Das hat eine richtige Eigendynamik bekommen. Bei vielen Ständen ist dieses Thema immer wieder aufgetaucht.“ Grün, wohin man sah, und aus diesem Trend ist längst eine Bewegung geworden. Ein Thema mit Zukunft. Drugowitsch: „Was ja immer die gleiche Diskussion ist: Macht sich die Zertifizierung bezahlt? Wir sagen ,ja‘. Dafür sind bei unseren Projekten die Leute auch bereit, mehr zu zahlen, weil sie sehen, dass langfristig die Betriebskosten reduziert werden.“ Der umtriebige Welser Immobilienprofi plant daher mit seinem Unternehmen die „weitere Entwicklung des Passivhauses mit neuen Ansätzen: das Biosolarhaus“. Für den ÖGNI-Präsidenten Philipp Kaufmann geht es letztendlich „um nachhaltiges Bauen und alle Bestrebungen, die in diese Richtung gesetzt werden und zu einem Paradigmenwechsel führen. Das ist wichtig.“ Auch hat er festgestellt, dass die Immobilien extrem konservativ und simpel werden. „Es geht nicht mehr um die Highend-Trading-Variante. Wichtig ist: Hast du einen Nutzer, bist du in Bau und ist das Produkt nachhaltig?“, so Kaufmann.