Die IG Lebenszyklus hatte vor dem Sommer Bauherren sowie Bau- und Immobilienprofis aufgerufen, sich zur Digitalisierung der Projektentwicklung Gedanken zu machen. Dafür wurde ein „Digital Building Solutions (DBS) Club“ ins Leben gerufen. Er versteht sich als Innovationstreiber der österreichischen Bau- und Immobilienwirtschaft und funktioniert im „Mitmachverfahren“. Beim „DBS Future Demo Day“ im Herbst sollen die Ergebnisse in Form von Prototypen präsentiert werden. Immobilienprojekte in einer digitalisierten Welt für alle Phasen und für alle Beteiligten anders zu denken, sei dabei die Herausforderung.
Investoren wollen Daten
Zum Thema Digitalisierung hatte es begleitend auch einen „Bauherrentalk“ gegeben. Dabei wurde klar, dass konkrete wirtschaftliche Interessen im Raum stehen, mehr Daten zu generieren. „Ein digitales Gebäudemodell mit konkreten Baumassen kann schon beim Grundstücksankauf oder bei Fragen der Widmungsänderung relevant sein“, räumt Claus Stadler, Generalbevollmächtigter in der UBM Development AG Holding, ein und führt weiter aus: „Für uns sind die Investoren als Endkunden ausschlaggebend und ihre Interessen an reibungslosen, digitalisierten Prozessen.“ Investorenprojekte seien daher in Zukunft nur gemeinsam mit den Gebäudedaten werthaltig.
Digital-Business-Trend
Herbert Hetzel von der Bauconsult Group entwirft ein Zukunftsszenario für Neubau und Bestand gleichermaßen: „Garagen, die heute gebaut werden, müssen vielleicht bald für automatisiertes Fahren adaptiert werden.“ Zum Faktor Nachfrage kommt der vermehrte Zug zur allgemeinen Digitalisierung. Branchenfremde globalen Zuschnitts sorgen laut Erich Kotroczo, Geschäftsführer beim Bauconsulter SIDE, für grundlegende Veränderungen: „Neuartige Immobilieninvestoren, die zugleich Bauherr, Vermieter und Eigentümer sind, revolutionieren die Prozesse.“ Der Building-Information-Modeling (BIM)-Stratege nennt WeWork als Beispiel und verweist auf die Big Player: „Der Druck zum Technologiesprung kommt von den Größeren in der Branche.“
Planer liefern
Die gestiegene Lust auf Digitalisierung war bei den privaten Bauträgern zuletzt deutlich wahrnehmbar. „Eine gemeinsame Planungsgrundlage erspart immer wiederkehrendes Abgleichen mit Bearbeitungsschleifen zwischen den beteiligten Unternehmen“, sagt Peter Ulm, Vorstandsvorsitzender beim Immobilienentwickler 6B47. Vom Operieren auf nur einer Basis im Gebäudemodell erhofft er sich weniger Leerläufe und mehr Transparenz. Das digitale Modell soll über Visualisierungen auch die Vermarktung beflügeln. Sein Unternehmen errichtet aktuell das „Althan Quartier“ rund um den Wiener Franz-Josefs-Bahnhof, und Gebäudemodellierung ist für alle Beteiligten hier die Vorgabe. Das Projekt sei ein Probelauf, aber Ulm ist überzeugt, dass sich der neue Standard etablieren wird: „In fünf Jahren wird eine derartige Planung dann ganz sicher keine Herausforderung mehr sein.“
Öffentliche ziehen nach
Lars Oberwinter, Geschäftsführer des BIM-Spezialisten Plandata, sieht das international im Kommen: „EU-weit bewegen sich die Normen in die gleiche Richtung.“ Sein Unternehmen gehört zur Gruppe von ATP architekten ingenieure und betreibt „BIMpedia“, eine offene Wissensplattform zum einfachen Anlernen von Gebäudemodellierung. Bei der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG), äußerte sich der Leiter der Abteilung Architektur und Bauvertragswesen, Claudius Weingrill, beim Bauherrentalk noch zurückhaltend: „Als öffentlicher Bauherr müssen wir sicherstellen, dass ausreichend viele Wettbewerber Technologien anbieten können, um dem Markt Sicherheit zu geben und um genügend Einreichungen zu haben.“ Das im Sommer neu beschlossene Bundesvergabegesetz für öffentliche Auftraggeber mit Teilverpflichtungen für elektronische Verfahren ist allerdings ein Signal in Richtung Digitalisierung – auch hier.