Natürlich wird auch der Markt für gewerbliche Immobilien in den USA momentan stark beeinflusst durch die hohe Zahl notleidender Hypotheken, die schwache Wirtschaft, die tiefen Zinssätze und die fehlende Risikobereitschaft der Investoren. In der Folge hat sich eine Aufteilung des Marktes in zwei verschiedene „Welten“ ergeben: Gute Objekte mit solventen Mietern in Top-Lagen kosten heute mehr als vor dem Ausbruch der Krise. Alles andere ist schwer und nur mit entsprechenden Preisabschlägen verkäuflich.
Bruchteil an Transaktionen
Die Anzahl der normalen Immobilientransaktionen ist auf einen Bruchteil dessen geschrumpft, was in den Jahren bis 2007 umgesetzt wurde. Käufer und Verkäufer sind in ihren Vorstellungen weit auseinander. Und die Banken haben keine klare Strategie, wie sie mit notleidenden Finanzierungen umgehen sollen. Sie versuchen einerseits mit den Schuldnern Lösungen zu erarbeiten, andererseits die Hypotheken zu verkaufen oder tatsächlich auch die Augen vor der Wirklichkeit zu verschließen– nach dem Motto „extend and pretend“ (verlängern und vorgeben, alles sei in Ordnung). Die Ungewissheit über bevorstehende Änderungen in der Steuergesetzgebung und die Angst vor einer erneuten Rezession haben zu einer großen Verunsicherung aller Marktteilnehmer geführt. Selbst unter Profis und Experten reicht die Einschätzung von „total deprimiert“ bis hin zu „durchaus optimistisch“. Extreme Preisgestaltungen kommen daher immer wieder vor. Die Bandbreite reicht von einem McDonald’s bei 5,75% Rendite– somit ein Top-Objekt (das teuer verkauft wird und weniger Rendite bringt, da es einen sicheren Mieter gibt)– bis hin zu einem Strip Shopping Center ohne Hauptmieter bei 9 bis 11%.
Suche nach den Top-Objekten
Liegen die Leerstände bei über 30%, kann man die Hypothek von den Banken oft zu 50% des Nominalwertes kaufen. Die meisten Anleger fürchten sich davor, dass bei zweitklassigen Objekten die Preise weiter sinken, die Leerstände sich erhöhen und/oder die Mieten sinken. Notleidende Objekte drücken in diesem Segment zu stark auf das Preis- und Mietniveau. Nach meiner Ansicht sind bei einzelnen Objekten die Preise zu stark gesunken, da wie oft in solchen Situationen vom Markt erst einmal hektisch und nicht differenziert genug reagiert wird. Es ergeben sich für risikofreudigere Anleger recht gute Investitionsmöglichkeiten. Die Zinsen bei Rentenpapieren, Geldmarktkonten und anderen sicheren Anlagevehikeln liegen derzeit zwischen 0 und 3%. Eine große Anzahl von Anlegern sucht höher rentierende, aber sichere Investitionen. Dies hat die Preise von Top-Objekten in die Höhe und die entsprechenden Renditen nach unten getrieben. Die Nachfrage nach solchen Objekten, sei es auf der institutionellen oder der privaten Ebene, übersteigt das Angebot bei Weitem. Jeder möchte das Top-Objekt an der Hauptstraße mit dem erstklassigen Mieter und dem 20-jährigen Mietvertrag erwerben (bemerkenswert: Selbst für solche Objekte sind momentan kaum Finanzierungen von mehr als 50% erhältlich).
Die Suche dehnt sich aus
Ich bin der Meinung, dass das Zinsniveau in den USA noch für längere Zeit tief bleiben wird. Somit wird die Nachfrage nach Top-Objekten anhalten und deren Preise werden stabil bleiben oder sich sogar noch erhöhen. In Anbetracht der enormen Geldmengen, die nach interessanten Anlagen suchen, könnte es dazu kommen, dass die Nachfrage nach Objekten auch außerhalb der Top-Klasse ansteigt, insbesondere nach solchen im Wert von 25 Millionen Dollar und mehr. Vor allem institutionelle Anleger scheinen hier vermehrt Interesse zu zeigen. Die ganz große Welle der Zwangsversteigerungen gewerblicher Objekte ist bis dato noch ausgeblieben. Dennoch entfällt bereits jetzt ein markanter Anteil aller Transaktionen auf Zwangsverkäufe oder Versteigerungen, so genannte „Distressed Sales“. In Zahlen ausgedrückt: 35% bei Hotels, 28% bei Mehrfamilienhäusern, 22% bei Büros und 20% bei industriellen Objekten. Dieser Trend wird noch mindestens zwölf Monate anhalten.
Unverkäufliche Objekte
Praktisch unverkäuflich sind momentan angefangene Entwicklungsprojekte oder Land. Solange bestehende Objekte unter Wiederherstellungskosten verkauft werden, hat Land praktisch keinen Wert. Hier werden derzeit in großem Umfang Portfolios und/oder Hypotheken von den Banken an Investmentgruppen, Hedgefonds und andere opportunistische Investoren zum einem Bruchteil der ursprünglichen Kosten verkauft. Bei Appartementkomplexen ist eine Stabilisierung und leichte Preiserholung festzustellen. Die Nachfrage nach Mietwohnungen steigt in einigen Gebieten an, da sich viele Amerikaner den Kauf eines eigenen Objektes nicht mehr leisten können oder aber die weitere Entwicklung abwarten wollen.
Die Mieten für Büros scheinen sich in einigen Märkten zu stabilisieren. Die Erholung wird aber sehr langsam sein. Viele Firmen geben Büroflächen auf und reduzieren die Quadratmeter pro Mitarbeiter. Die Leerstandsquote liegt in den USA insgesamt immer noch bei 17,5%, dem höchsten Niveau seit 1993. Auch bei den großen Shopping-Malls zeichnet sich eine langsame Beruhigung ab. Die Leerstandsquote liegt hier bei 10,9%. Die Mieten sind vom 2. Quartal 2010 zum 3. Quartal 2010 nur um 0,2% gesunken.
Das Fazit
Der Markt für Top-Objekte zeigt sich auch weiterhin sehr stark. Für eine Erholung des Marktes aller anderen gewerblichen Objekte muss die Wirtschaft erst wieder in Schwung kommen, Klarheit über die politische Entwicklung/Steuergesetzgebung herrschen und das Vertrauen der Investoren in den Markt zurückkommen. Für clevere Investoren bieten sich aber trotz allem gute Möglichkeiten, interessante Objekte zu günstigen Konditionen zu erwerben. Großes Potenzial sehe ich für risikobereite Anleger, die über Cash verfügen und bereit sind, auch Immobilien mit (momentan) hohem Leerstand zu erwerben.