Wiener Zinshäuser zieren nicht nur die Stadt, sondern auch so manches Immobilien-Portfolio. Immer mehr Käufer interessieren sich für die „Werte in Stein“. „Ein Zinshaus ist ein spannendes und faszinierendes Projekt, mit dem man für Generationen Familienvermögen aufbauen kann“, erklärt Martin Prunbauer, Präsident des österreichischen Haus- und Grundbesitzerbundes, die massive Nachfrage. Wer sich ohne einschlägiges Wissen als Privatinvestor auf den Zinshausmarkt begibt, dem ist, so Prunbauer, „dringend anzuraten, sich eine Unterstützung zur Abklärung von rechtlichen, steuerlichen, baulichen und technischen Fragen rund um die Immobilie zu sichern“. Aufgrund der Komplexität der damit in Zusammenhang stehenden Fragen kann die Anschaffung eines Zinshauses „die Dimension eines Unternehmenskaufs annehmen“.
Bestens informiert
Zu hoch ist das Risiko, schlechte Ware zu teuer zu kaufen. Eines sei jedem Suchenden gesagt: Wer ein schlechtes Zinshaus zu teuer gekauft hat, der kann es kaum mehr zu einem besseren Preis verkaufen – trotz der hohen Nachfrage. „Der Anlagedruck von zahlreichen Investoren erzeugt auch eine neue Ankaufsklientel, die sich gut formiert in die Schlacht um die besten Häuser und Pakete wirft“, meint Richard Buxbaum, Zinshausprofi bei Otto Immobilien.
Lage, Lage, Lage
„Eines der wichtigsten Investment-Argumente ist die Lage einer Immobilie“, sagt Markus Arnold, Arnold Immobilien. Die besonderen Lagen innerhalb des Stadtgürtels von Wien, beispielsweise bei Parkanlagen oder mit direkter Verbindung zum Stadtzentrum bzw. guter U-Bahn-Anbindung gelten als besonders gefragt und „erzielen am Markt überdurchschnittliche Preise“, weiß Rechtsanwalt Mario Schiavon von Taylor Wessing. Als besonders beliebt gelten Zinshäuser, „die sich in der Nähe von sogenannten Grätzeln befinden“, so Arnold. Daher verlassen sich die meisten Investoren immer noch auf die Innergürtellagen. Hier finden sich die besten, wertbeständigsten und zukunftsträchtigsten Gründerzeitjuwele.
Außerhalb des Gürtels
Außerhalb des Gürtels sind U-Bahn-Nähe und Mikrolage entscheidende Faktoren. Großes Potenzial haben aktuell der 2. und der 5. Bezirk. „Ein unterschätztes Grätzel ist beispielsweise das Stuwerviertel“, meint Gerhard Hudej, Hudej Zinshäuser. In Margareten werden sich die Verlängerung der U2 und der Bau der Station Matzleinsdorfer Platz positiv auswirken, im 10. Bezirk die Neugestaltung des Reumannplatzes. Der 12., 16. ,17. und auch 19. Bezirk erfreuen sich zunehmender Beliebtheit, auch der 20. Bezirk befindet sich im Aufschwung.
Eine Frage der Zielsetzung
Wo man anlegt, hat einzig und allein mit der eigenen Investitionsstrategie zu tun, meint Hudej: „Will ich ein fertiges Zinshaus oder etwas mit Ausbaupotenzial?“ Bei den fertigen Zinshäusern gibt es eine Faustregel: Zinshäuser im 1. Bezirk erzielen eine relativ geringe Rendite von rund ein bis eineinhalb Prozent – gute Wiener Innenstadtlagen zirka zwei bis drei Prozent. Hier spielt aber auch die Lage wieder eine Rolle, denn Toplagen wirken sich stark wertsteigernd aus – „in Einzelfällen konnte sich der Wert innerhalb von zehn Jahren sogar verdoppeln“, so Arnold rückblickend.
Sanieren ist herausfordernd
Sanierungsbedürftige Häuser – solche mit „Potenzial“, wie der Profi sagt – sind noch eine Spur spezieller. Denn im Gegensatz zu einem fertigen Haus sind weitere rechtliche, steuerliche und wirtschaftliche Aspekte zu beachten: unter anderem Haftungsfragen, die zu übernehmenden Vertragsverhältnisse, ein §-18-Verfahren, die Übernahme von Verpflichtungen und Verbindlichkeiten sowie ein erhöhter Sanierungsbedarf und damit verbundene Baurisiken.
Apropos Bau: Manchmal kommt es vor, dass bei der Sanierung eines Zinshauses der Stilcharakter verlorengeht. Arnold: „Dann spricht man im Fachjargon von ,versanierten‘ Zinshäusern.“ Das wirkt sich auch auf die Rendite des Hauses aus, denn nur originalgetreu renovierte Liegenschaften erzielen einen hohen Preis. „Erkennt man jedoch das Potenzial für eine Ertragssteigerung eines Zinshausobjekts, sind Zinshäuser hervorragende und sichere Kapitalanlagen für Privatinvestoren“, so Schiavon.
Ein Ende der Rallye ist auf jeden Fall nicht in Sicht. Wenn die EZB und viele renommierte Bankenprofis von langfristig zu erwartenden niedrigen Zinsen sprechen, „dann wird das Zinshaus weiterhin beliebt sein und preislich leicht nach oben gehen“, so Buxbaum. Und die Raritäten werden wie Kunstgegenstände Spitzenpreise von Sammlern erzielen.
Alternativen zu Wien
Sollte sich für einen Investor der Markt in der Bundeshauptstadt bei den klassischen Zinshäusern als zu eng erweisen, dann gibt es noch Alternativen. Einerseits sind unter Zinshäusern grundsätzlich nicht nur Gebäude, die vor 1945 erbaut wurden, zu verstehen, „sondern auch Gebäude, die ab den 70er-Jahren entstanden sind“, wie Schiavon meint. Andererseits kann man durchaus einen Blick über die Landes- oder sogar Staatsgrenzen wagen. „Auch in den Landeshauptstädten bzw. im nahen Ausland wie beispielsweise in Prag können attraktive Zinshäuser erworben werden“, erklärt Arnold, der ein eigenes Büro in der tschechischen Hauptstadt hat.
Aber wie gesagt: nur mit Profis an der Seite.