Das Hotel war nahe dem Strand, hatte einen großen Pool, ein leistbares Restaurant und ein schwer bewaffneter Wächter war am Zugang zu den Zimmern positioniert. Abends plauderten die Österreicherin und ich über einer Platte gegrillten frischen Fisches und Kochbananen über unsere Motive, die uns hierher gebracht hatten.
Sie hatte sich nach einem Jahr voll Regen und Wolken und einem nicht sehr erfüllenden Job bei einem IT-Giganten einfach dazu entschlossen, eine Auszeit zu nehmen. Meine Mission war es, zum Panama-Kanal zu reisen – unterwegs würde ich wöchentliche Live-Reportagen an einen Radiosender in den USA liefern. Sie sagte, sie wolle zunächst einmal nach La Ceiba und dann weiter zum Tauchen auf die Bay-Inseln. Ich antwortete, ich hoffte, dass ich fürs Erste das Morgengrauen erlebte.
Am nächsten Morgen bestiegen wir beide den Bus von Puerto Cortez nach San Pedro Sula, eine Stadt, die den Ruf hat, dass man sie als Tourist am besten vermeiden sollte. Die Reiseführer empfehlen, man solle sich, wenn man San Pedro Sula schon nicht ganz vermeiden könne, auf jeden Fall vor Sonnenuntergang in Sicherheit bringen, am besten außerhalb der Stadt.
Wir taten genau das. Ein schneller Buswechsel auf dem Busparkplatz beim Markt im Zentrum brachte uns in den nächstbesten Autobus Richtung La Ceiba. Die Route führte entlang der Nordküste von Honduras – durch riesige Plantagen, in denen Palmen (für die Palmölgewinnung) hoch in den Himmel ragten, durch endlose Reihen von Bananenstauden und entlang der Ananasfelder. Es schien wie ein tropischer Garten Eden und schöner als jeder andere Platz auf der Welt, den ich je gesehen hatte.
Am späten Nachmittag in La Ceiba angekommen, trennten sich unsere Wege. Ich checkte in das erstbeste akzeptable Hotel ein, das mir ein Zimmer mit Klimaanlage bot. Die nette Österreicherin meinte, ihr Budget erfordere eine etwas günstigere Unterkunft, und so sagten wir „Auf Wiedersehen“.
Als ich gerade dabei war, meinen Rucksack auszupacken, klopfte es an meiner Hotelzimmertüre. „Hi“, sagte die Österreicherin. Sie hatte beschlossen, dass sie meine Gesellschaft eigentlich ganz nett fand. Ob es mir etwas ausmachte, das Zimmer wieder zu teilen? Natürlich tat es das nicht.
Wir verbrachten den Rest des Nachmittags am Dach des Hotel Conquistador, tranken Bier und hörten Country-Musik auf meinem alten Walkman. In der Abenddämmerung lachten und scherzten wir und genossen den Sonnenuntergang, der die grünen Hügel in der Ferne in einen atemberaubenden Glanz tauchte. Langsam realisierte ich, dass mir nicht nur Lateinamerika mein Herz stahl. Tja, ich musste mir eingestehen, dass ich mich in dieses nette Mädchen aus Österreich, das vier Sprachen sprach und das so anders war als alle anderen Mädchen, die ich kannte, verliebte.
Mit der Morgendämmerung und dem Sonnenaufgang erwachte in mir wieder dieses typische Gefühl der Reiselust. Es ist fast wie eine Sucht – diese Vorfreude, in neue Gegenden aufzubrechen. Die Rucksäcke waren schnell gepackt und ein Sitz im Bus gefunden, der gerade durch die Straßen fuhr, um Passagiere mit Destinationen im Osten einzusammeln. Von La Ceiba war es keine weite, aber eine doch recht anstrengende Fahrt nach Trujillo. Der idyllische Ort befindet sich auf einem Hügel, der eine riesige Meeresbucht überblickt, und im Hintergrund ragt ein Berg auf, der rasch auf 1.000 Meter ansteigt.
Nach ein, zwei Nächten in einem kleinen Gasthaus namens O’Glynn fanden wir, dass Trujillo ein feines Plätzchen wäre, um eine längere Zeit zu verweilen. Die Österreicherin, die nicht nur fließend Spanisch sprach, sondern auch gut verhandeln konnte, machte sich zu Fuß auf den Weg den weißen Sandstrand entlang und fand auch bald schon ein kleines Haus mit bewaffnetem Nachtwächter, das wir um 250 Dollar pro Nacht mieten konnten. Es gab Strom, fließendes Wasser und Meeresblick und gleich daneben war das kleine Restaurant des Eigentümers. Dort gab es günstige Mahlzeiten und eiskaltes Bier.
Ich glaube fast, wenn ich damals einfach damit zufrieden gewesen wäre, die Tage mit den Wellen an mir vorbeirollen zu lassen und in der Hängematte zu schwingen, dann würde ich wahrscheinlich das Land Honduras nach wie vor so lieben wie damals, in dieser ersten Zeit.
Aber das Schicksal ließ mich eines Tages die Bucht von Trujillo erkunden und so traf ich einen Mann aus dem US-Bundesstaat Tennessee namens Jack. Der gute Duft der gegrillten Hähnchen und die Reggae-Musik lockten mich von meinem Strandspazierganz in die offene Bar des betagten „Südstaaten-Gentlemans“. Und dann war da noch die verführerische Stimme einer Honduranerin namens Esperanza: „Hey, Gringo. Weißt du, wie man eine gute Margarita macht?“
Als ich aus der prallen Sonne in den Schatten des Palmendachs trat, war nichts weiter von meinen Gedanken entfernt als ein Grundstück in Honduras zu kaufen. Klar, ich hatte noch die 6.000 Dollar von einem Freund auf einem Treuhandkonto liegen. Die stammten von einem geplatzten Grundstücksdeal in Belize (siehe Teil 1). Aber jetzt war mein Ziel, in einigen Monaten den Panama-Kanal zu erreichen. Dazu musste ich erst mal durch Nicaragua, das Land, das in den USA als Brutstätte der bösen Roten Feinde verschrien ist.
Im Laufe der nächsten Wochen kehrte ich immer öfter bei Jack ein. Er und Esperanza gewannen mein Vertrauen. Jack hatte früher große Grundstücksprojekte auf den Cayman-Inseln umgesetzt. Jetzt wartete er nur auf das finale O.K. der honduranischen Regierung für seine Erschließung der Swan-Inseln, eine wahre Goldmine für Immobilienprojekte. Seine Esperanza, deren Name auf Deutsch „Hoffnung“ bedeutete, war Anwältin. Er war in seinen goldenen Jahren, sie um vieles jünger als er. Und so kam es, dass ihre Erzählungen von Grundstücken und Immobilien, das Flair, das sie verbreiteten, und meine Naivität eines frisch verliebten Anfangvierzigers den perfekten Sturm zusammenbrauten.