Mit 3,8 Milliarden Euro wird der Österreich-Umsatz im Onlinehandel vom Marktbeobachter Statista beziffert. Alleine beim Online-Marktführer Amazon wurden in Österreich letztes Jahr Produkte und Waren mit Lieferbedarf im Gesamtwert von 682 Millionen Euro bestellt. Der mit „eCommerce“ erwirtschaftete Anteil von Gütern beträgt derzeit noch fünf Prozent wächst aber zweistellig pro Jahr. In fünf Jahren, so die Sicht der Dinge beim Standortberater RegioPlan, wird die Handelswelt daher eine andere sein. Je nach Segment würden in fünf Jahren bis zu 45 Prozent des Geschäfts online getätigt. Amazon hat für sein erstes Verteilerzentrum in Österreich letztes Jahr Großebersdorf als Standort auserkoren. Für rund zwei Millionen Händler weltweit ist das der lange Hebel, um millionenfach Produkte im Raum Wien direkt auszuliefern. Für die gewerblichen Produktanbieter werden so neben dem Onlineverkauf auch Versand, Lagerung und Auslieferung abgewickelt.
Rückgang der Handelsflächen um 20 Prozent
Bei den Handelsflächen hingegen wird vom Standortberater Regioplan mittelfristig ein Rückgang um satte 20 Prozent erwartet. Ein Blick auf die internationale Marktentwicklung zeigt, dass die Mietpreise beim stationären Handel bereits nachgeben. Der Maklerreport von Cushman & Wakefield verweist auf fallende Mietpreise bei Handelsflächen in nahezu allen regionalen Märkten in Europa. In Berlin fungiert ein leerstehendes innerstädtisches Kaufhaus bereits als Amazon-Versanddrehscheibe für Prime-Kunden. Sinkende Nachfrage nach Handels- in Lagerflächen münden zu lassen, ist also trotz niedrigerer Neubewertung möglich.
Trend zum Abholshop
Die Antwort des stationären Handels auf den Trend zum eCommerce sind Abholshops. Ernst Schwaighofer, dessen Firma IMAREA das Tiroler Einkaufszentrum Innkauf geplant und entwickelt hat, sieht Synergien: „Unser Spielzeughändler im Obergeschoß generiert viel Umsatz online, und die Kunden kommen vorbei und holen sich die Produkte ab.“ Bei der Vermietung sieht SES-Center-Manager Gernot Jung eine entsprechend veränderte Nachfrage: „Was vermehrt gesucht wird, sind Shops mit mehr Lagerfläche und dafür weniger Verkaufsfläche.“ Cross-Channel-Ansatz nennt man das bei ECE Shopping Centers, wenn online und offline sich ergänzen. Der europäische Entwickler und Betreiber von Einkaufszentren belegt den Trend mit einer Studie unter Konsumenten. 80 Prozent aller Befragten erwarten künftig bei niedergelassenen Händlern auch Onlineshopping.
Neues City-Shopping
Einen Neustart wird es demnächst in Wien beim „unmöglichen Möbelhaus aus Schweden“ namens IKEA geben. In direkter Nachbarschaft zum Westbahnhof wird Anfang nächsten Jahres mit dem Bau des ersten City-IKEAs neuer Machart begonnen. „Der neue Standort wird mehr ein Treffpunkt, bei dem es nicht nur ums Einkaufen geht, sondern auch ums Erlebnis“, sagt Viera Juzova, Geschäftsführerin von IKEA Österreich. Dazu beitragen sollen Gastronomie, ein frei zugängliches Dachgeschoß und die Durchmischung mit Stadtbewohnern sowie Reisenden. In den zwei obersten Geschoßen betreibt dann Jo&Joe aus der Accor-Gruppe eine Mischung aus Hotel und Hostel. Errichtet und weitervermietet wird das Mixed-Use-Development von Ikea selbst.
Prototyp für zehn neue Standorte
Das Projekt dient als Prototyp für zehn neue Standorte des Konzerns, etwa für Kopenhagen. Neu ist auch, dass keine Parkgarage geplant ist. Das Haus wird nämlich ein reiner Ausstellungsshop, bei dem die Anlieferung, die Abholung und die Lagerung von Möbeln wegfallen. „Am Standort gibt es beste öffentliche Verkehrsmittel, und wir wollen auch Besucher ansprechen, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad kommen“, sagt Juzova. Was entspannt gekauft wird, soll vom neuen Verteilerzentrum in Strebersdorf binnen eines vollen Tages geliefert werden. Dort könne ab 2021 auch nach Hause geschafft werden, was online gekauft wurde. E-Cars und Abholboxen sollen den Pick-up-Point bereichern.