Die „New South China Mall“ in Dongguan wurde 2005 eröffnet. Sie sollte die größte Mall der Welt werden, und das war sie auch. Aber sie erlangte auch noch eine andere Berühmtheit, denn sie steht faktisch leer– seit mittlerweile zehn Jahren schon, und dennoch wird sie bewirtschaftet beziehungsweise einfach irgendwie am Leben erhalten.
Traurige Ruinen
Da sind die US-Amerikaner schon ganz anders gestrickt. Was nicht funktioniert, wird entweder eingestampft oder seinem Schicksal überlassen. Egal, wie groß oder wie renditeträchtig das Projekt einmal war– und vor allem auch egal, wie das nach außen hin aussieht. Wir sprechen von den großen Malls in den USA, von denen immer mehr immer weniger Besucher anziehen, bis hin zur kompletten Entleerung. Von dem einstigen Konsumtempel „Ohio’s Randall Park Mall“, früher eine der größten Malls der USA, sind nur mehr traurige Ruinen übrig. Auch die „Rolling Acres Mall“ in Akron, Ohio, verfällt. Diese beiden stehen für eine ganze „Generation“ von Malls, die nicht mehr gebraucht werden.
Bewegung nach unten
Sie werden einfach ihrem Schicksal überlassen. Dort, wo kein Gewinn mehr zu machen ist, wird eben auch nicht mehr investiert. Da sich eine Vielzahl dieser Malls an den Rändern der Städte befindet, kräht wirklich kein Hahn mehr danach.
In den Städten sind es vor allem die jungen Menschen, die als Kunden auslassen. Eine immer dünner werdende Schicht gebildeter Bürger zieht für Einkäufe die Innenstadt vor und nicht irgendwelche Paläste, die eine Welt vorgaukeln, die es in den USA für viele Bewohner nicht mehr gibt. Außerdem können sich immer weniger Menschen in den USA einen teuren Einkaufsbummel leisten. Eingekauft wird in sogenannten Neigbourhood-Markets, die vergleichsweise klein sind.
Einige Statistiken sprechen zwar eine andere Sprache, aber letztendlich ist das gesamte Land in einer Abwärtsbewegung. Dafür, dass die US-Wirtschaft zum Jahresauftakt nach der zweiten statistischen Korrektur nunmehr doch um ganze 2,9% eingebrochen ist, gab es eine kurze Erklärung der Verantwortlichen: Der kalte Winter sei schuld.
Die kaputte Infrastruktur
Nirgendwo wird der Zerfall Amerikas so deutlich wie bei den Shopping-Malls. Dabei sind die verfallenden Malls in den USA lediglich das äußere Erscheinungsbild eines viel tieferen Problems. Schaut man sich nämlich den Zustand der Infrastruktur in den USA an, so würde man meinen, es handle sich nicht um das reichste Land der Welt: marode Brücken, veraltete Schienennetze, sanierungsbedürftige Stromleitungen und Straßen, die einen schon einmal an Mumbai erinnern können. Laut der American Society of Civil Engineers muss jede neunte Brücke dringend renoviert werden, sind ein Drittel der Straßen in beklagenswerter Verfassung und mehr als 43% aller Highways in urbanen Gegenden überlastet. Schätzungen zufolge kostet der schlechte Zustand der Infrastruktur die US-Wirtschaft durch Staus, Unfälle, erhöhten Benzinverbrauch und vermehrten Verschleiß von Autos jedes Jahr Milliarden von Dollar.
Seit sechs Jahren ist der Infrastrukturtopf des Bundes, der Highway Trust Fund, unterfinanziert. Und seit sechs Jahren scheut sich der Kongress, das Problem anzugehen– stattdessen hat die Regierung das fehlende Geld nachschießen müssen, um den Fonds vor der Pleite zu bewahren. Ein Detail am Rande: Der Trust wird von der Benzinsteuer finanziert, und die beträgt in diesem Fall fünf Cent pro Liter.
Diese neuen amerikanischen Geistermalls und die unzulängliche Infrastruktur zeigen, wie sich die Gesellschaft wandelt. Shopping-Center und die Infrastruktur zerbröseln ebenso wie die amerikanische Gesellschaft.