Der Begriff „Asset“ steht für eine Kapitalanlage einer Entität. Dazu gehören u. a. Immobilien, Aktien und Rohstoffe. Demnach „materialisiert" das Bauwesen sogenannte Assetklassen für die Immobilienbranche. Planende und Bauende verstehen darunter die Nutzungsprofile bzw. Bau-oder Entwurfsaufgaben. Die bekannteste Assetklasse ist die Wohnimmobilie, etwa Einfamilienhäuser oder Mehrfamilienhäuser, gefolgt von Gewerbeimmobilien (z. B. Bürogebäude, Fachmarktzentren, Industriegebäude). Alle anderen Bauprojekte fallen unter den Begriff Sonderimmobilien (z. B. Garagen, Parkplätze).
Räume und Vermögenswerte
Man erkennt, dass das Bauwesen einerseits Räume zur gesellschaftlichen und persönlichen Benutzung herstellt, andererseits für den Finanzmarkt Vermögenswerte generiert, die wirtschaftliche Renditen erzielen müssen. Sind diese Assets nicht mehr werthaltig, wenn sie etwa nicht mehr für „hellgrüne“ oder „dunkelgrüne“ Fonds nachgefragt werden, können sie von vorzeitiger Abwertung bedroht sein. Das kann bis zur Verringerung des Vermögenswerts sowohl in der Bilanz als auch in der Gewinn- und Verlustrechnung reichen. Tritt dies ein, handelt es sich um Stranded Assets.
Werthaltigkeitstests prüfen u. a. die Aspekte Technologielebenszyklus, ökologische Herausforderungen, regulatorische Änderungen, staatliche Interventionen und allgemeinen gesellschaftlichen Wandel. Der beschriebene Wirkmechanismus aus NFRD/CSRD, SFDR und der EU-Taxonomie-Verordnung lässt nicht mehr viel Spielraum für braune Immobilien. Es ist auch nicht mehr ratsam, die derzeit noch bestehenden Grauzonen auszureizen, da ansonsten das Damoklesschwert eines zukünftigen Stranded Asset über dem Immobilienprojekt schwebt. Die Finanzierungsfähigkeit von Immobilienprojekten wird mit jedem Jahr mehr von deren Nachhaltigkeit im Sinne der EU-Taxonomie-Verordnung abhängen.
Sieben technische Bewertungskategorien
Die EU-Taxonomie-Verordnung hält für die Bauwirtschaft derzeit sieben technische Bewertungskategorien bereit, für die spezifische Anforderungen gelten. Hervorzuheben ist, dass noch nicht alle zu erreichenden Benchmarks endgültig definiert sind. Zwar wurden im April Kriterien für die wesentlichen Beiträge zum Erreichen der Schutzziele nachhaltige Wassernutzung, Kreislaufwirtschaft, Bekämpfung der Umweltverschmutzung und Biodiversität im Zuge des Konsultationsprozesses veröffentlicht und im Juni 2023 im Prinzip von der EU Kommission gebilligt, doch dieser EU-Gesetzwerdungsprozess ist noch nicht abgeschlossen. Die den Autoren am häufigsten gestellte Frage ist: „Wir bauen heute, aber wie weiß ich, dass meine Immobilie auch morgen grün ist?“ Aus diesem Grund ist es ratsam, planerisch und ingenieurmäßig Nachhaltigkeit per se für den größtmöglichen Werterhalt vorzuschlagen. Die Zeit ist reif für Investitionen in grundlegende technische, prozessuale und planerische Innovationen. Gemeinsam mit unterschiedlichsten Partnern testen und entwickeln wir Möglichkeiten, wie der Planungs- und Bauprozess, die Zertifizierung, die Finanzierung oder die Abstimmung zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor für effizientes Handeln im Wirkungszusammenhang gestaltet werden soll. Dieser transdisziplinäre Ansatz ist die Rückkehr zum Kern wahrer Baukunst.