Mit der Novelle bezahlt ab 2023 nur noch der Besteller, also jener, der beauftragt, die Maklerprovision. Dies wird aufgrund des uns vertrauten Anbietermarkts – statt eines wie in vielen Ländern üblichen Suchermarkts – vorwiegend der Immobilienbesitzer sein. Was für mehr Fairness bei Maklerprovisionen sorgen soll, wird jedoch aus meiner Sicht die Qualität und die Transparenz des Angebots nachteilig verändern und die vielseitige Beratung sowie Obsorge für den Konsumenten erheblich schmälern. Das von der Justizministerin Alma Zadic postulierte Beenden der jahrzehntelangen Ungerechtigkeit der Doppelmaklertätigkeit wird ausbleiben, denn die größten Nachteile werden die Mieter erfahren, die man mit der Umstellung verwöhnen wollte. Gefolgt vom wirtschaftlichen Schaden, der durch Mieterhöhungen und Umsatzeinbußen des starken Wirtschaftsmotors Immobilien ohne Zweifel kommen wird.
Folge: „Wer kennt wen“-Politik
Eine der schwerwiegendsten Folgen ist die Angebotsdezimierung auf den Plattformen, die seit etwa 20 Jahren als vertrauenswürdige und zumeist genutzte Begegnungszonen von Suchenden und Anbietern dienen. Mit einem Anteil von über zwei Dritteln verantworten die Plattformen auch die meisten Transaktionen. Das schnelle Finden mit einem fast hundertprozentigen Marktüberblick wird durch das Bestellerprinzip getrübt, und der Angebotsmarkt wird undurchsichtiger. Das hat sich schon bei Ländern wie Deutschland gezeigt, wo dieses Prinzip ebenfalls ungewohnt war. Im ersten Jahr nach Einführung des Bestellerprinzips gingen die Inserate auf den Plattformen um 20 bis 30 Prozent zurück. Bestandsmieter kümmerten sich plötzlich um die Mietnachfolge. Das lässt die „Wer kennt wen“-Politik aufleben. In Großstädten wie Wien mit einer hohen Nachfrage von nationalen und internationalen Zuwanderern wird die Fairness und Gleichheit rasch schwinden. Das Resultat: ungeprüfte Privatangebote, die sich in den sozialen Medien tummeln – was für Mieter zum Verhängnis werden kann und sich negativ auf den Preis des Mietobjekts niederschlägt.
Die Interessen des Mieters schützt der Anwalt
Privatanbieter verfügen in der Regel nicht über die Tools und Expertise eines Maklers, weshalb es zu einer Preisschieflage kommen wird. Vor allem wenn sich die Maklerprovision in der Miete wiederfindet. Mit den verfälschten Kosten geraten demnach die Interessen und auch der Schutz der Mieter künftig in den Hintergrund. Mietvertrag, Kautionsschutz, Inventardokumentation, An- sowie Ummeldung liegen nun in der Hand von Vermieter und Mieter. Unstimmigkeiten werden dann wohl primär von Rechtsanwälten geklärt werden müssen. Diese arbeiten, im Gegensatz zu Maklern, jedoch nicht erfolgsabhängig.
Rückzug aus dem Mietsegment
Doch nicht nur die Mieter wird es hart treffen, auch die Makler werden die Auswirkungen des Bestellerprinzips stark spüren. Mit 67 Prozent stellt das Mietsegment nämlich den wesentlichen Nachfrageanteil im Vergleich zum Eigentum dar. Viele Maklerunternehmen haben sich daher auf die Miete fokussiert. Mit der neuen Regelung werden sich allerdings für Objekte mit Mieten unter 2.000 Euro Vermittlungstätigkeiten nicht mehr rentieren. Folglich werden viele Maklerbetriebe das Personal reduzieren oder sogar schließen müssen, wodurch sich auch die Zahl der Angebote von Marktexperten minimieren wird. Viele vergessen, dass erfolgreiche Makler auch gute Steuerzahler sind. Die Aufgaben eines Maklers verändern sich mit dem Bestellerprinzip, und für eine Unternehmensumstrukturierung dieser Art, die ohne Zweifel notwendig ist, sind sechs Monate viel zu kurz.
In Summe: Ich fürchte, wir haben wieder eine „Nicht Fisch und nicht Fleisch“-Lösung mit mehr Verlierern als Gewinnern. Vom kolportierten gerechten Immobilienmarkt kann nicht die Rede sein.