Für den Fall eines Ausstiegs der Engländer aus der EU prognostiziert der Immobilien-Informationsdienst „Geophy”, dass eventuell rund 200.000 Mitarbeiter internationaler Firmen aus London wegziehen werden, da die Unternehmen ihren Standort wechseln. Und diese 200.000 müssen ja irgendwo „untergebracht“ werden. Das heißt, wo immer sie auch hingehen, es werden Büro- und Wohnflächen gebraucht.
Es ist davon auszugehen, dass sich die Firmen, sollte England nicht mehr der EU angehören, in Europa umsehen würden. Zahlreiche Unternehmen sind in der Finanzbranche angesiedelt, und gerade Finanzinstitutionen und in der unmittelbaren Folge die intentionalen Konzerne brauchen für einen nachhaltigen Standort in der EU sichere Rahmenbedingungen– wirtschaftlich, rechtlich und sozial– und auch die entsprechenden Standortvoraussetzungen.
Für mich stehen lediglich zwei Städte zur Disposition–Paris und Berlin, wobei ich glaube, dass die deutsche Hauptstadt die besseren Karten hat.
Berlin ist die Hauptstadt der stärksten Wirtschaftsmacht in der EU und entsprechend attraktiv; Berlin kann substanziell noch gut innerhalb der Stadtgrenzen wachsen, wie zum Beispiel in Tempelhof oder Tegel. Platz genug, um für große Konzerne entsprechende Büroflächen zu schaffen, und natürlich auch Wohnraum.
Das Immobilien-Preisniveau– und das ist eines der wesentlichen Assetts der deutschen Hauptstadt– liegt deutlich unter dem von Paris und anderen vergleichbaren Städten. Es gibt außerdem gut ausgebildete Arbeitskräfte plus entsprechende Bildungsinstitutionen. Dazu kommt ein „Hinterland” mit viel Potenzial– z.B. Sachsen– für Produktion, Logistik oder nachgelagerte hochwertige Dienstleistungen.
Sollte auch nur ein Teil der Unternehmen– angenommen die Hälfte– ihre Mitarbeiter nach Berlin schicken, so wäre das eine gewaltige Masse, die die Stadt sicher vor enorme Herausforderungen stellen würde. Wahrscheinlich würde ein Umzug nicht von heute auf morgen passieren, zumindest jedoch in absehbarer Zeit, und das würde bedeuten, dass Berlin zuzüglich zu der ohnehin schon steigenden Einwohnerzahl noch einmal rund 100.000 neue Bewohner verkraften müsste. Was das für den Immobilienmarkt bedeuten könnte, ist kaum vorstellbar. Vor allem würde ein guter Teil der neuen Einwohner auf dem gehobenen Wohnungsmarkt eine Bleibe suchen.
Berlin hätte die Chance, bei einem Brexit rasch zu einer „World Capital City” wie Paris, London oder New York zu werden. In diesem Sinne würden sich die Pläne, die es nach dem Fall der Berliner Mauer gab, letztendlich erfüllen: zwar 20 Jahre später und aus einem ganz anderen Szenario heraus– aber Europa ist immer für eine Überraschung gut.