Als die ersten Badegäste heuer in den Schwarzlteich bei Graz köpfelten, wurden einige Handtuchlängen weiter gerade ein paar besondere Wohnungen eingerichtet. Das Unternehmen Lukas Lang Building Technologies baut dort gerade 15 Einfamilienhäuser, wovon zwölf bereits verkauft sind. Die Käufer sind nicht nur stolze Eigenheimbesitzer, nein, sie sind auch Inhaber einer Immobilie, die theoretisch wieder abgebaut und woanders (auch in einer anderen Form, also etwa als Büro oder mit einem Zimmer weniger) montiert werden kann. Lukas Lang Building Technologies ist ein Pionier, wenn es um flexibles, modulares und industrialisiertes Bauen geht.
Baukastenartiges Holzsystem
Und das geht so: Vor 19 Jahren wollten der Architekt Lukas Matthias Lang und der Tischler Hans-Christoph Prutscher ein System kreieren, dessen Bauteile länger halten als der Lebenszyklus eines Gebäudes. Sie tüftelten und entwickelten, dachten und machten. Am Ende kam ein baukastenartiges Holzsystem heraus, das einen Raster von 1,40 Metern hat, bestehend aus Säulen und Zwischenteilen. Vereinfacht gesagt kann man sich das Ganze wie „Matador“ vorstellen– Sie wissen schon, das Holzspielzeug. Nur halt echt professionell.
Fast alle wesentlichen Teile sind aus Holz gefertigt. Die Haustechnikleitungen laufen in einer Ringleitung entlang der Fassade und werden dann über die Wände weiter ins Haus geführt. Ob die Fassade aus Glas, Alu oder Holz ist, das kann der Eigentümer für jeden Hausteil ebenso individuell entscheiden– so wie bei den Belegen, Wandpaneelen oder anderen Oberflächen. Neben dem Ziel, langlebige Bauteile später wieder verwenden zu können, erreichten die Erfinder mit dem stark vorgefertigten System auch noch, dass möglichst wenig Professionisten auf der Baustelle arbeiten müssen. Damit sinkt die Fehleranfälligkeit dramatisch, und es spart Zeit. Ursprünglich verwendeten Purtscher und Lang übrigens ausschließlich leichte Bauteile– bloß zwei Leute sollten notwendig sein, um das Haus zusammenbauen zu können. Heute kommen auch etwas schwerere Teile zum Einsatz. Die Errichtung eines 100-Quadratmeter-Hauses dauert ab Fundamentoberkante rund drei bis vier Wochen.
So weit, so gut
Das System war 2007 marktreif. Hans-Peter Haselsteiner, damals im Hauptberuf noch STRABAG-Vorsitzender, beteiligte sich mit seiner Privatstiftung zu 74 % am Unternehmen und füllte damit die Vermarktungskassa. Das „Seeresort bei Graz“ ist eines der Projekte, bei denen das intelligente Bausystem von Lukas Lang eingesetzt wird. Allzu viele Referenzen kann das Unternehmen noch nicht auf seine Liste schreiben, aber immerhin gibt es Bürobauten in Österreich, Wirtschaftsgebäude in Rumänien, Sozialzentren, Arbeitnehmerquartiere und eben Einfamilienhäuser.
Man muss mobiler denken
Bei Lukas Lang nimmt man es gelassen. Wenn die zwei letzten Wohnungen im „Seeresort“ verkauft sind, werden weitere neun errichtet. Wirtschaftlich brummt die ganze Geschäftsidee freilich erst, wenn es eine ordentliche Auslastung der Produktionsmaschinen gibt, und dafür bräuchte man nach Schätzungen von Lukas-Lang-Geschäftsführerin Renate Jauk rund eine Million Quadratmeter Produktion pro Jahr. Der Markt sei daher ganz klar nicht nur Österreich, sondern mindestens Europa. Man dürfe sich nicht erwarten, dass sich so ein System so schnell durchsetze, meint Jauk. Denn es wirft einiges über den Haufen. So kann eine Familie etwa zweistöckig bauen und später, wenn die Kinder ausgezogen sind, den ersten Stock einfach abbauen und vielleicht woanders aufstellen, verkaufen, den Kindern oder einer karitativen Organisation mitgeben. Man müsse auch mobiler denken, fordert Jauk. Das Musterhaus im Wiener Stadtteil Hietzing steht etwa auf einem Pachtgrundstück inmitten von Obstbäumen. Widmung: Grünland. Daneben schwimmt ein mobiles Büro auf einem Teich. Das geht deshalb, weil es sich eben um eine modulare Bauweise handelt– und es hierfür eine temporäre Widmung gibt.