Wie hat sich das Geschäft in den vergangenen zwölf Monaten für APCOA entwickelt?
Stefan Sadleder: Wir sehen die allgemeine Geschäftsentwicklung positiv. Die Erholungsphase der einzelnen Sektoren nach der COVID-19-Pandemie dauerte unterschiedlich lang, wir sehen aber mittlerweile in allen Bereichen eine Entwicklung, die auf oder über den Zahlen vor der Pandemie liegen.
Die Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung auf das gesamte Wiener Stadtgebiet hat zu Verschiebungen bei der Nachfrage in den einzelnen Bezirken und auch im Wiener Umland gesorgt. Für uns zeigte sich die Notwendigkeit, mit agilen Geschäftsmodellen rasch auf veränderte Marktbedingungen zu reagieren.
Wo sehen Sie in Zukunft die größten Herausforderungen?
Die öffentliche Hand wird mit neuen Technologien Schritt halten müssen, dabei aber auch mit Maß und Ziel agieren müssen. Dazu zwei Beispiele:
Die Novelle der Wiener Bauordnung, die derzeit im Begutachtungsverfahren ist, sieht vor, dass bei bestehenden „Nichtwohngebäuden“ bis Ende 2025 10 % der bestehenden Stellplätze mit Ladepunkten auszurüsten sind. Dieser Plan geht meiner Ansicht nach weit über das Ziel hinaus und zwingt die Betreiber bzw. Liegenschaftseigentümer in Investitionen, die vermutlich nicht in akzeptabler Zeit zu refinanzieren sein werden. Darüber hinaus bezweifle ich, dass die Versorgung mit elektrischer Energie im erforderlichen Ausmaß sichergestellt werden kann.
Schon jetzt setzen wir Abfertigungssysteme ein, die das Kennzeichen eines Fahrzeugs als „Ticket“ verwenden. Bei einem Betrieb ohne Schranken bringt das aber das Erfordernis, rasch und günstig digitalen Zugriff auf Halterdaten zu erhalten. Aktuell ist der Prozess sehr aufwendig, manuell und mit Kosten von mehr als 15 Euro pro Fall sehr teuer.
Können Sie kurz die Idee hinter den Urban-Hubs beschreiben? APCOA bietet mittlerweile mehr als nur Parkplätze.
Unsere Gruppe hat die letzte Zeit gut genutzt und an Produkten und Dienstleistungen gearbeitet, die komplementär zum Garagenbetrieb sind.
Unsere Garagierungsbetriebe haben viele Vorteile bei der Abdeckung der „letzten Meile“ in der Verteillogistik in Ballungsräumen. So können wir die auslastungsärmeren Stunden in der Nacht gut nutzen, um die damit frei gewordenen Flächen für den Umschlag von Waren von Lkw auf Leichtfahrzeuge zu organisieren. Die Verteilfahrzeuge können in unseren Betrieben mit elektrischer Energie aufgeladen werden und sind am Morgen ge- und beladen bereit für die Zustellung.
Wir bieten weiters Lagerlösungen wie unsere „Stau-Boxen“, Mietanhänger mit 9 m³ Laderaum, Abholboxen und zahlreiche zusätzliche Nutzungsmöglichkeiten.
Wie schreitet der Ausbau der Urban-Hubs voran?
Wir sehen hier in Österreich generell und in Wien im Speziellen noch Potenzial. Man kann an den Entwicklungen in Europa gut sehen, dass eine Umstellung der Logistik, insbesondere der Zustelllogistik, sowohl von „Push“-Maßnahmen, also Vorgaben durch die Städte, aber auch von „Pull“-Effekten, also attraktiven Angeboten abhängt.
Jede zusätzliche Manipulation bei der Zustelllogistik ist teuer, wir dürfen nicht erwarten, dass die Logistikbranche aus sich heraus die Extra-Meile geht. Das Thema „Kerb-Management“, also die Bewirtschaftung der Straßenkante (bzw. der Parkstreifen) gewinnt in Europa immer größere Bedeutung. Hier stehen wir jedenfalls mit guten Lösungen und passenden Standorten zur Verfügung.
Wie können Parkhäuser der Zukunft mit Urban-Hubs umliegende Immobilien aufwerten?
Eine bequeme, sichere und benutzerfreundliche Parkinfrastruktur wertet schon heute die Immobilien auf. Oder andersrum formuliert: Eine schlechte Versorgung mit Parkplätzen wertet Immobilien tendenziell ab. Durch unsere „Urban Solutions“ tragen wir zu einer Aufwertung bei, indem wir zum Beispiel ausreichend Lademöglichkeiten für E-Fahrzeuge oder Mikromobilität anbieten. Abholstationen unterschiedlicher Anbieter bieten Komfort und Vielfalt für die Anwohner oder Mitarbeiter. Weiters sorgen unsere Standorte für kurze Zustellwege und damit rasche Lieferzeiten im immer zeitkritischeren Wettbewerb der Logistiker und Händler.
Swobbee hat seine ersten Batterie-Wechselstationen in Österreich in einer APCOA-Garage installiert. Sehen Sie in den Städten eine Veränderung zur Mikromobilität?
Wir sehen bereits in vielen internationalen Städten einen Trend zur elektrischen Zustellung auf der „letzten Meile“. Die Vorteile für die Städte, aber auch für die Logistiker liegen auf der Hand. Einerseits entstehen weniger Emissionen durch Dieselfahrzeuge, andererseits sind die elektrischen Zustellfahrzeuge deutlich wendiger im Stadtverkehr und flexibler beim Parken. Die Städte haben begonnen, die Mikromobilität im Personenverkehr (Leih-Scooter) zu regulieren. Diese Fahrzeuge haben durchaus ihre Berechtigung in der Ergänzung zum ÖPNV und der Überbrückung von mittleren Distanzen im Stadtgebiet.
Wien hat noch immer zu viele ungenutzte Stellplätze – wie sehen Sie hier die weiteren Entwicklungen?
Aus meiner Sicht haben wir kein Überangebot an Stellplätzen, aber sicher ein Defizit in Sachen Sichtbarkeit und Benutzbarkeit. Ich gehe davon aus, dass mittelfristig die Anzahl der Stellplätze auf der Straße zugunsten anderer Nutzungen reduziert werden wird.
Wir arbeitet seit Jahren erfolgreich an der Aufwertung von Parkimmobilien durch die Erweiterung des Produktangebots. Wir untersuchen Geschäfts- oder Wohngaragen auf Potenziale und bringen neue Abfertigungstechnik und entsprechende Leitsysteme ein. Dadurch gelingt es uns, neue Kundengruppen zu erschließen und über steigende Umsätze nicht nur eine Win-win-Situation für den Liegenschaftseigentümer und uns zu erreichen, sondern auch bislang verborgene Parkräume für die Kunden zu erschließen.
Aufgrund unserer Marktposition verfügen wir über eine hervorragende Visibilität für die neuen Kunden, und mit unseren digitalen Produkten können wir günstige und zweckmäßige Bewirtschaftungsmodelle anbieten.