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Abschied von der Schreibstube

Eine junge Generation von Arbeitenden und die Technik beeinflussen die Zukunft des Bürolebens und damit die Bürohäuser selbst – aber auch ihre Umgebung.

Eines gleich vorweg: Büros wird es weiter geben. Arbeiten werden wir noch müssen, aber ganz anders. Die heimischen Immobilienprofis gehen davon aus, dass nicht das Büro die Gesellschaft, sondern die Gesellschaft und die daraus resultierende Nachfrage das Büro verändern werden. „Swapping Spaces“ oder „Swapping Offices“ ist die Bezeichnung von Ewald J. Stückler, Geschäftsführer von T.O.C., für diese neuen Büroformen: „In den Gebäuden werden Kommunikation und Wissensaustausch stattfinden, und sie werden als sozialer Treffpunkt dienen.“ Gearbeitet wird zwar auch hier werden, aber nur zum Teil. „Das Büro als klassische Schreibstube wird als Arbeitsplatz aussterben.“

Ausgleich der Entwicklung

Den Trend zum Home-Office allerdings sieht er ebenso wie Stefan Brezovich, Vorstand der ÖRAG, nicht mehr so ausgeprägt wie in der Branche noch vor Jahren gesehen. Dazu Brezovich: „Es gibt keine Totalverlagerung, aber sicherlich einen klaren Ausgleich dieser beiden Entwicklungen.“ Arbeiten, die von zu Hause aus erledigt werden können, werden ausgelagert. Mit einem Arbeitsplatz außerhalb des Büros stehen aber auch in weiterer Folge die klassischen Arbeitszeiten von „9 to 5“ auf dem Prüfstand– und natürlich die Größe der benötigten Bürofläche.

Mehr Kommunikationsflächen

Der Spirit des Unternehmens wird am Arbeitsplatz bleiben, denn das Büro selbst wird als identitätsstiftend angesehen. Daher „werden viel mehr Kommunikationsflächen gebraucht, da auch die Kommunikation in der Arbeitszeit intensiver wird“, ist sich Alfons Metzger, Geschäftsführer der MRG, sicher. Kleinraum- und Einzelbüros haben– da sie wenig Kommunikation zulassen– größtenteils ausgedient. „Die klassischen Büroformen werden von gemeinschaftlichen Arbeitsplätzen abgelöst“, meint Anton Bondi de Antoni, Geschäftsführer von Bondi Consult. International wird ohnedies die bei uns gebräuchliche Form der „Einzelbüros“ immer weniger angeboten und auch nachgefragt. Großraumbüros dominieren den Markt, und Bondi beobachtet, dass größere Unternehmen zunehmend ein eigenes Gebäude mit spezifischer Unternehmensidentität gegenüber der Anmietung von Teilflächen in großen Bürozentren bevorzugen.

Umbruch der Unternehmenskulturen

Walter Hammertinger, Geschäftsführer IC Projektentwicklung, steht bei den neuen Büroprojekten im Viertel Zwei genau vor diesen Herausforderungen der sich verändernden Bürowelt: „In der konkreten Entwicklung von Immobilienprodukten sind wir gefordert, auf den derzeitigen Umbruch der Unternehmenskulturen in Bezug auf Arbeitsweisen und Strukturen zu reagieren.“ Die Kreativität bei der Gestaltung der Büroflächen wird mit den Anforderungen der Unternehmen an diese Flächen mithalten müssen. Leider werden Projektentwickler oftmals von der Realität wieder eingeholt, denn hinderlich sind die gravierenden Einschränkungen und oft zu hohen Anforderungen durch Vorschriften, Gesetze und Verordnungen, wie Michael Reinberg, Geschäftsführer von Reinberg Partner, meint und provokant hinzufügt: „Bei Anwendung der Wiener Bauordnung und der hier praktizierten Behördenanforderungen an Bürogebäude würde weder in London noch in New York oder in Peking ein Büro eine Genehmigung erhalten.“

Arbeiten zwischen Palmen

Der mobile Arbeitsplatz ist durch die Technik längst möglich, aber wie weit uns die Technik die nächsten Veränderungen vorgibt, lässt sich nur schwer abschätzen. Stückler ist überzeugt, dass der Bildschirm am Arbeitsplatz aussterben wird, und verweist etwa darauf, dass immer weniger Büros Festnetztelefone besitzen. Auch 3D-Konferenzen in einem selbst gewählten virtuellen Umfeld– zum Beispiel an einem Strand– sind längst keine Zukunftsmusik mehr, aber bei zu viel Technik hat Bondi de Antoni seine Bedenken: „Eine der größten Herausforderungen der nächsten Jahre wird sein, aus den sich immer neu entwickelnden technischen Möglichkeiten mit Augenmaß diejenigen auszuwählen, die eine tatsächliche Erleichterung im täglichen Arbeiten bringen, gleichzeitig aber eine zu hohe Technisierung, die von den Mitarbeitern nicht mehr bewältigt werden kann, vermeiden.“ Die Ausblicke der beiden Immobilienprofis lassen sich auch mit den Erkenntnissen von Zukunftsforschern untermauern, die im privaten Bereich bei jungen Menschen bereits diese Entwicklung feststellen: Technik ist gut, aber ein zentrales Gerät muss reichen.

Die Umgebung entscheidet

Auch außerhalb der eigentlichen Gebäude werden Veränderungen stattfinden, denn jüngere Menschen wollen ihr Arbeitsumfeld immer stärker nützen. Daher „muss die Infrastruktur rundherum stimmen“, meint Metzger, und auch Wiens Stadtbaudirektorin Brigitte Jilka ist überzeugt: „Wo die Unterscheidungsmerkmale bei Büros liegen werden, das ist die Umgebung. Darunter verstehe ich nicht die klassische Lage, sondern einen Tick mehr.“ Es geht um eine Infrastruktur, die den Mitarbeitern möglichst alles bietet, in der sie sich wohlfühlen und die auch für die Zeit nach dem Arbeitsalltag geeignet ist. Brezovich: „Die Infrastruktur muss emotional die Bedürfnisse befriedigen. Man will sich auch am Abend gerne im Umfeld aufhalten.“

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  • Erschienen am:
    23.04.2015
  • um:
    18:13
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