Dass manche Proptechs gestartet wurden, um die traditionelle Immobilienwirtschaft herauszufordern, ist nicht von der Hand zu weisen. Die große Mehrheit der Start-ups fungiert heute aber als Dienstleister für die Branche. So lautet der Befund anlässlich der Präsentation des ersten Austrian PropTech Report. Dass die Zusammenarbeit gar so zäh verläuft, hat aus Sicht der Immobilienprofis praktische Gründe. „Damit die Dinge im Alltag eingesetzt werden können, müssen funktionierende Schnittstellen da sein“, gibt Michael Pisecky den Anbietern von Proptech-Lösungen einen Hinweis aus der Praxis eines Großmaklers. Einem solchen – s REAL – hat der Immobilienprofi lange als Geschäftsführer gedient. Insellösungen seien außerdem zu vermeiden, denn aus Firmensicht ist das dann nur die Anwendung Nummer hundert, die vielleicht auch nicht zum Einsatz kommt. Weiters genüge es nicht, nur mit einer Idee anzukommen, genauso wenig aber dürfe nicht in eine beliebige Richtung entwickelt werden. „Es gibt genügend Beispiele, wo viel Arbeit in ein Produkt investiert wurde, bei dem dann nicht klar ist, was es bringt“, sagte Pisecky kürzlich zu rund hundert von der Austrian PropTech Initiative geladenen Gästen.
Einfach zum Erfolg
Jene, die es anscheinend richtig gemacht haben, wurden beim Launch-Event vor den Vorhang geholt, allen voran das Unternehmen PlanRadar, das bereits 500 Mitarbeitende zählt und Niederlassungen rund um den Globus hat. „Das Produkt sollte leicht verständlich sein, und zwar so, dass es auch die Oma versteht“, sagte Gründer Domagoj Dolinsek über die Anfänge. Zunächst hätte es nicht mehr gebraucht, als den Alltag der angepeilten Nutzergruppe mit einer soliden Lösung wesentlich zu erleichtern. Das hätte für die nötige Akzeptanz gesorgt. Nun scheint es erst richtig loszugehen, und eine Anbindung an IT-Landschaften, die Augmented-Reality-Bauvisite und IoT für die Vernetzung auf der Baustelle oder für das Gebäude stehen auf dem Programm.
Wachstum um jeden Preis
Jörg Buß, der mit Checkmyplace gestartet war und hierzulande erstmals mit kompletten Lagereports für Transparenz im Internet gesorgt hatte, berichtete als Nächster über den Verkauf seines Start-ups an PriceHubble: „Für den Wachstumspfad ist es sinnvoll, in einzelnen Ländern lokale Player zu erwerben.“ Das würde schnelles Wachstum garantieren, und ein solches würde es schon brauchen, um in der Welt der Start-ups erfolgreich zu sein. Als Geschäftsführer von PriceHubble Österreich präsentierte er auch die neueste Entwicklung in der automatisierten Immobilienbewertung, nämlich die prognostizierte Bewertung nach Energieklassen.
Booster für den Immo-Service
Der Traditionsmakler Eugen Otto outete sich als nicht technikaffin, trotzdem pries er die Digitalisierung: „Es geht darum, dass jene Dinge uns das Leben vereinfachen und wir uns auf die eigene Dienstleistung konzentrieren können.“ Zeit gebe es im Tagesgeschäft immer zu wenig, die Anforderungen würden aber immer weiter steigen. Da sei es hilfreich, auf die Dienste von Proptechs zurückgreifen zu können. Matthias Plattner, der bei der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) das Property- und Facility-Management leitet, sieht noch einen anderen Grund, warum man Neuem gegenüber offen sein sollte: „Den kommenden Herausforderungen mit der Energiewende in einer vernetzten Welt kann man sich nicht gut verschließen.“ Autarkie und dezentrale Energieversorgung sind beispielsweise Bereiche, wo sich die BIG auch aktiv engagiert. Es gibt Beteiligungen an Start-up-Unternehmungen, etwa an Ampeers Energy und am vielseitigen Nutzertool POCKET HOUSE. An Nutzern und Nutzerinnen, die eine App verwenden können, mangelt es der BIG dabei nicht. Die Gebäude sollen von bis zu 500.000 Menschen täglich genutzt werden, die man damit bedienen könne.
Digital Natives
Die Digitalisierung eines an sich analogen Prozesses war der Beginn einer anderen Erfolgsgeschichte, jener des Logistik-Start-ups Storebox. Im Keller einer älteren Dame, die ihr Abteil dort untervermietet hatte, nahm die Idee ihren Ausgang. So wurde man auf den Bedarf aufmerksam, aber zum Skalieren hatte man sich erst noch etwas überlegen müssen. „Zuerst haben wir es mit einer Lagerplatzbörse versucht, und dann kam mit dem Franchise der Kundenimpuls“, sagte Ferdinand Dietrich, Co-Founder von Storebox, beim Proptech-Event. Mit derartigen Weiterentwicklungen und ausgestattet mit reichlich Risikokapital konnte man mittlerweile auf 250 Standorte expandieren. Die jüngste Entwicklung ist die Einbindung von Click & Collect als Lieferort, und globale Player wie IKEA nutzen den Service, um ihrerseits digitaler zu werden. Zum Glück hatte man schon etwas vorzuweisen, denn nur mit der Idee wäre es wohl nichts geworden.
Der „Austrian PropTech Report 2023“ ist eine Publikation der Austrian Proptech Initiative (apti) und bietet einen kompletten Überblick über digitale Lösungen für die Immobilienwirtschaft in Österreich. Enthalten sind auch Kontaktinfos und Infos zu Persönlichkeiten des wachsenden Ökosystems. Bestellbar ist der Report auf der Webseite der apti: https://apti.at/report/