Dass nach der Insolvenz der Dachgesellschaft der Signa-Gruppe und zahlreicher anderer Konzernteile nun auch deren tragende Säulen pleitegehen, kam nicht mehr ganz so überraschend. Wieder geht es um viele Milliarden an Verbindlichkeiten. Waren es bei der Holding 5 Milliarden Euro an Passiva, sind es beim Flaggschiff Signa Prime mit seinen Top-Immobilien mehr als 4,3 Milliarden Euro. Bei der Entwicklungstochter Signa Development, deren Insolvenzantrag für heute erwartet wird, stehen ebenfalls Milliarden auf dem Spiel. Zumindest laut Papier. Ein Teil dieser Schulden ist auf konzerninterne Töchter verteilt, davon hat die Signa-Gruppe viele Hunderte. Und ob die angeblichen Super-Immobilien wirklich so viel wert sind, wie es René Benkos Signa über all die Jahre glaubhaft machte, steht wiederum auf einem anderen Blatt. Insolvenzverwalter, Gericht und Gläubigerschützer stehen vor einer Herkules-Aufgabe, hier Klarheit zu schaffen.
Die Implosion des Signa-Reichs markiert das Ende einer Ära in einem Immobilien-Schlaraffenland, in dem Gigantismus der Normalzustand und Geld praktisch abgeschafft war. Der Signa-Kollaps muss Anstoß sein, einiges zu hinterfragen. Zum Beispiel ob es jemals wieder Nullzinsen geben darf. Oder ob man sich den Wert einer Immobilie weiterhin über absurd hohe Mietvorstellungen derart trickreich hochrechnen kann, nur um weitere Milliardenkredite anzapfen und die Immobilienblase anfachen zu können. Hier stehen auch Banken in der Kritik.
Der deutsche Familienunternehmer Wolfgang Grupp etwa forderte daher gegenüber dem Sender ntv, Manager viel stärker in die persönliche Haftung zu nehmen. Denn dass ein Benko Milliarden-Kredite bekomme und damit ohne persönliche Haftung alles kaufen könne, sei nicht nachvollziehbar. Ein Konzern in der Dimension einer Signa muss auch gezwungen sein, sich der Öffentlichkeit zu stellen – nicht nur, wenn es ihm gerade in den Kram passt.
Gerne erklärte Benko bei Anfragen, als Privatunternehmen niemandem Rechenschaft schuldig zu sein. Das ist falsch. Signa bezeichnet sich als einer der größten europäischen Gewerbeimmobilien-Konzerne. Als solcher hat er im Lauf der Jahre Stadtteile von Millionenmetropolen geprägt und umgestaltet und ist damit tief in öffentliche Interessenbereiche eingedrungen. An Steuergeld floss auch nicht wenig, denkt man nur an die Misere um Karstadt/Kaufhof in Deutschland. Und Benkos besondere Nähe zu politischen Entscheidern blieb über all die Jahre auch nicht unbemerkt. Wie man jetzt sieht, hat die jahrelange Geheimniskrämerei die ganze Situation nicht gerade verbessert – im Gegenteil.