Marktkommentar Primonial REIM: Ein Blick auf den europäischen Immobilieninvestmentmarkt Q1/2022

Der Ukraine-Krieg, die anhaltende Corona-Pandemie und die anhaltend hohe Inflation verunsichern die globale Wirtschaft. Zwar hatte sich das Immobilienklima im Laufe des ersten Quartals 2022 teilweise eingetrübt, jedoch sind Immobilien nach wie vor sehr beliebt bei Investoren. Aufgrund des unsicheren Umfelds sollten Anleger ihre Kernstrategie auf den wichtigsten europäischen Märkten fortsetzen. • Positive Aussichten für Büroimmobilien trotz Renditekompression • Entwicklungen des Einzelhandels hängen stark von der Entwicklung des Ukraine-Konflikts und globaler Sanktionen ab • Positive Miet- und Wertentwicklung für Wohnimmobilien • Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage bei Gesundheits- und Hotelimmobilien

© frngl via Twenty20

Büroimmobilien
Insgesamt habe sich das Bürosegment positiv entwickelt: „Mit einem Plus von 40 Prozent des Investitionsvolumen sind Büroimmobilien im ersten Quartal 2022 von großem Interesse für Investoren. Die attraktivsten Märkte in Europa verzeichneten am Ende des ersten Quartals 2022 Renditerückgänge, aber drei Viertel der analysierten Märkte blieben stabil“, sagt Natter. 

Auch wenn der Trend auf das Jahr berechnet, klar in Richtung Renditekompression gehe und die Spitzenrenditen sich in den meisten zentralen Märkten verringerten, hätte sich der Leerstand in mehr als 34 Prozent der analysierten Märkte in Europa stabilisiert. 22 Prozent der Märkte hätten zwischen dem vierten Quartal 2021 und dem ersten Quartal 2022 sogar einen Rückgang verzeichnet. Zentrale Stadtviertel wie zum Beispiel Paris, Berlin, München, Wien oder Zürich wiesen einen Leerstand von weniger als 5 Prozent auf. Außerdem seien leichte Mietanstiege in den meisten Märkten zu beobachten. Die Büroflächenumsätze hingegen spiegelten die Dynamik des europäischen Arbeitsmarktes wider, wobei Paris mit einem Plus von 41 Prozent gegenüber dem Vorjahr deutlich hervorsteche. In der Eurozone lägen sie in den großen deutschen (Berlin, München, Hamburg), belgischen (Brüssel), italienischen (Millan) und spanischen (Madrid, Barcelona) Städten mit Volumina zwischen 100.000 und 200.000 Quadratmetern enger zusammen.

Einzelhandelsimmobilien
Etwas differenzierter seien die Entwicklungen im Bereich Einzelhandel, jedoch ebenfalls mit überwiegend positiver Tendenz: „Generell stellen wir einen starken Nachlass der pandemiebedingten Auswirkungen fest. Im ersten Quartal des Jahres 2022 betrug das Investitionsvolumen in Handelsimmobilien in Europa mehr als 9 Mrd. Euro und verzeichnete damit ein Plus von 54 Prozent gegenüber dem Vorjahr“, erklärt Natter. Während die Spitzenrenditen für sogenannte High-Street-Shop, Einkaufszentren und Supermärkte zwischen dem vierten Quartal 2021 und dem ersten Quartal 2022 stabil blieben, wären Rückgänge im Segment der Fachmarktzentren verzeichnet worden. Innerhalb der Segmente hätte es unterschiedliche Entwicklungen in den einzelnen Ländern gegeben, beispielsweise hätte es in Deutschland, Frankreich und Südeuropa innerhalb eines Jahres Renditerückgänge für Geschäfte in beliebten Einkaufsstraßen, sogenannte High-Street-Shops gegeben, während Einkaufszentren mehrheitlich stabil geblieben wären, mit einigen Ausnahmemärkten. 

Unterschiedliche Entwicklungen seien auch im Konsumbereich zu sehen: „Während der private Konsum im ersten Quartal 2022 im Vergleich zum gleichen Zeitraum 2021 aufgrund der damals geltenden Beschränkungen weitgehend konstant blieb, beeinträchtigt die hohe Inflation in einigen Ländern die Ausgaben der Privathaushalte“, analysiert Natter. Auch die Mietentwicklung wäre zu Jahresbeginn unterschiedlich ausgefallen, insgesamt jedoch stabil geblieben. 

Wohnimmobilien 
Wohnimmobilien würden mit einem Investitionsvolumen von rund 18 Mrd. Euro auf dem zweiten Platz nach den Büroimmobilien rangieren, wobei einige Länder ein Plus und andere ein Minus verzeichnet hätten. Deutschland, Frankreich und die Niederlande seien am aktivsten in diesem Segment gewesen, auch wenn Deutschland ein Minus von 37 Prozent verzeichnete. Außerhalb der Eurozone sei das Vereinigte Königreich mit einem Investitionsvolumen von über 3 Milliarden Euro am aktivsten gewesen, gefolgt von Schweden mit über 3 Millionen Euro (+ 274 Prozent) und Dänemark mit über 900 Millionen Euro (- 52 Prozent). Im ersten Quartal 2022 seien die Spitzenrenditen in der überwiegenden Mehrheit der untersuchten Metropolen gesunken. „Die Renditen sind in 80 Prozent der untersuchten Städte weiter gesunken, je nach Markt zwischen 10 und 80 Basispunkten pro Jahr. Besonders ausgeprägt war dieser Trend in Metropolen wie Dublin, Lissabon, Stuttgart oder Porto. Die Spitzenrenditen unter 2,5 Prozent liegen in Städten wie Paris oder München, während Spitzenrenditen über 3 Prozent beispielsweise noch in Amsterdam, Dublin, Lissabon, Mailand oder Madrid möglich sind“, erläutert Natter. Der Verbraucherpreisindex läge im Euroraum bei 6,2 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum im Jahr 2021. Über diesem Durchschnitt lägen das Vereinigte Königreich, Spanien, Belgien und die Niederlande, darunter wären es Frankreich, Norwegen, Schweden, Portugal, Finnland, Italien, Deutschland, Österreich und Irland. In allen untersuchten Märkten würden Wohnimmobilienpreise im Euroraum eine neue positive Dynamik (+ 9,9 Prozent) verzeichnen. 

Gesundheitsimmobilien
Trotz der hohen investorenseitigen Nachfrage nach Gesundheitsimmobilien in Europa hätte das mangelnde Angebot zu geringeren Transaktionsvolumina im ersten Quartal 2022 geführt: „Das Investitionsvolumen in Seniorenresidenzen und Pflegeheimen belief sich Ende des ersten Quartals 2022 in Europa auf weniger als 2 Milliarden Euro“, erklärt Natter. „Das fehlende Angebot begrenzt das Investitionsvolumen in dieser Anlageklasse. In Europa dominiert der deutsche Markt mit rund 500 Millionen Euro Investitionen im ersten Quartal 2022“, führt Natter weiter aus. In Italien, Belgien, den Niederlanden, Finnland und Portugal seien die Renditen für städtische Gesundheitsimmobilien gesunken. Die Spitzenrendite hätte bei den hochwertigsten Seniorenwohnheimen bei knapp 4,5 Prozent gelegen und bei Kliniken 5 Prozent. Natter konstatiert eine erhöhte Nachfrage nach Gesundheitsimmobilien in den wichtigsten europäischen Ländern, der nachgekommen werden müsse. Gleichzeitig sei eine Sanierung des veralteten Teils seines Bestands notwendig, insbesondere mit Blick auf die Alterung der meisten europäischen Gesellschaften.  

Hotelimmobilien
Das Hotelsegment sei laut Natter etwas volatiler als die anderen Assetklassen: „Zum Ende des Quartals 2022 hatten die Investitionen im Hotelgewerbe um 26 Prozent gegenüber dem Vorjahr zugenommen. Die Omikron-Variante und der Krieg in der Ukraine dämpften die Begeisterung, die Renditen aber zwischen dem vierten Quartal 2021 und dem ersten Quartal 2022 blieben stabil und lagen bei 4,5 Prozent oder weniger. Im Quartalsverlauf beschleunigte sich die Zahl, der in Europa verkauften oder gemieteten Hotelzimmer um 121,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr“, erklärt Natter. Auch wenn eine starke Rückkehr des Freizeittourismus und nur eine begrenzte Auswirkung des Ukraine-Krieges auf den Sektor vorhanden sein, seien die Trends in den kommenden Wochen und Monaten zu beobachten. Innerhalb der Hotelklassen wie zum Beispiel Luxus und Economy variierten die Entwicklungen. Insgesamt sei die Auslastung der Hotellerie in Europa auf über 46,5 Prozent und der Durchschnittspreis gegenüber dem Vorjahr von 85 auf 115 € im ersten Quartal 2022 gestiegen.

Ausblick Immobilienmarkt 2022-2026
Die großen europäischen und internationalen Wirtschaftsinstitute würden davon ausgehen, dass sich das Wachstum im Jahr 2022 fortsetzen würde, obwohl es aufgrund des Krieges in der Ukraine (+ 2,8 Prozent) in der Eurozone nach unten korrigiert worden sei. Der Ukraine-Krieg und die anhaltende Pandemie würden weiterhin die globale Wirtschaft verunsichern: „Darüber hinaus verstärkt Chinas Null-Covid-Strategie mit der Blockade großer Städte das globale Inflationsrisiko. Dies könnte die Energiekosten über 2023 hinaus verteuern und weiterhin die Inflation und die Aktivität beeinflussen. Die Entwicklung der Wirtschaft wird in erster Linie von der Entwicklung des Konflikts, den Auswirkungen der derzeitigen Sanktionen und etwaigen zusätzlichen Maßnahmen abhängen“, sagt Natter. Mit Blick auf die einzelnen Immobilienklassen prognostiziert Natter für alle Segmente positive Aussichten mit Vorbehalt für Hotelimmobilien, die mit Blick auf Sanktionen im Zuge des Ukraine-Krieges besonders getroffen würden. Märkte, die vom russischen Krieg in der Ukraine am wenigsten betroffen seien, würden zwischen Stabilität und Wachstum schwanken. 

Im Euroraum erwarte man zwischen 2022 und 2023 positive Arbeitsmarktentwicklungen und dadurch eine beständige Nachfrage nach Büroimmobilien, sodass der Leerstand in den beliebtesten Märkten stabil oder sogar rückgängig sein werde. Einzelhandelsimmobilien wären hingegen anfälliger bei globalen Sanktionen und die Preisentwicklung für Energie und Nahrungsmittel hinge weiterhin stark von der Entwicklung des Ukraine-Krieges ab. Gleichzeitig wäre eine Dynamik des Konsums durch die Wieder-Öffnung der Wirtschaft beobachten, sodass Spitzenrenditen für die meisten Märkte vermutlich stabil blieben. Natter sagt: Wir glauben, dass Immobilien und Einkaufszentren mit einer guten Omnichannel-Strategie die besten Aussichten hinsichtlich der Bewertung und des zukünftigen Mietwachstums haben sollten. Fachmarktzentren und Supermärkte dürften aufgrund der hohen Nachfrage eine weitere Renditekompression erfahren. Generell wird der stationäre Handel weiterhin den Anstieg des Online-Verkaufs zu bewältigen haben, der zu gegensätzlichen Trends in Europa zwischen Korrekturen und Wertsteigerungen je nach Marktzyklus führen wird.“ 

Der Wohnimmobilienmarkt im Euroraum sei weiterhin gut ausgerichtet und hätte im Zeitraum 2022-2026 überwiegend gute Aussichten in Bezug auf Miet- und Wertentwicklung im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld. Das Ungleichgewicht zwischen Wohnungsangebot und -nachfrage erhöhe den Druck auf die Wohnimmobilienpreise. 

Auch bei den Gesundheitsimmobilien ist eine Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage vorhanden. Hinzu kommt der demographische Druck, der sich in den nächsten zehn Jahren weiter verschärfen würde. Natter folgert daraus: „Der veraltete Bestand der Pflegeheime und das mangelnde Angebot auf dem Markt sind eine wichtige Investitionsquelle für neue, gut gelegene Produkte mit einem soliden Betreiber. Wir halten an unseren positiven Aussichten für die Fähigkeit der Branche fest, sichere Erträge zu erzielen.“

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  • Erschienen am:
    01.06.2022
  • um:
    13:00
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