Künstliche Intelligenz revolutioniert derzeit unseren Alltag. Auch die Bau- und Immobilienbranche steht vor einem neuen Zeitalter. Die wahre Herausforderung ist aber nicht die Technologie, sondern der Mensch – so der Grundtenor der von rund 150 Branchenteilnehmer:innen besuchten Rubner Future Night. Konkrete Anwendungsfälle gibt es genug, in vielen Bereichen steht man aber noch ganz am Anfang. Insbesondere rechtliche Herausforderungen und der Umgang mit neuen Regulativen wie dem Anfang März veröffentlichte Artificial Intelligence Act (AIA) der Europäischen Kommission sind dabei nicht zu unterschätzen.
„Die Branche hat ein extrem hohes Informationsbedürfnis zu KI. Man konnte förmlich spüren, wie der Veranstaltungssaal während der Vorträge und Diskussionsrunden bebte,“ so Veranstalter Gerald Schönthaler von Rubner Holzbau. Schon nach einer Woche war man ausgebucht, rund 60 Teilnehmer:innen mussten auf die Warteliste gesetzt werden.
Digitaler Darwinismus: Adapt or Die
Der Druck auf Unternehmen ist groß. Insbesondere die momentane Geschwindigkeit der Entwicklungen stellt viele vor große Herausforderungen. In drei bis fünf Jahren wird jedes Unternehmen ein eigenes KI-Modell haben müssen, sonst drohe das „Aus“, zeigt sich Keynote-Speaker und KI-Experte Karl-Heinz Land überzeugt. Unter dem Titel „Aufbruch in eine neue Zeit“ spricht er von einer „Zeit vor und einer Zeit nach der KI“. Land: „KI und insbesondere generative KI werden einen Produktivitätsschub von 25 bis zu 90 Prozent auslösen. Jetzt gilt wieder der Digitale Darwinismus: Adapt or die. Wer den Zug von KI verpasst, den wird es in 5 Jahren nicht mehr geben."
Großes Potenzial in der Bau-und Immobilienbranche
„Alle reden über KI. Viele nutzen sie. Einige aber warnen sogar davor. Die Baubranche kann jedenfalls von KI profitieren,“ betonte Karl-Heinz Strauss, Porr. Er präsentierte einige Use Cases aus seinem Unternehmen, die das hohe Potenzial von generativer KI in der Bau- und Immobilienwirtschaft verdeutlichen: Von automatisierter Baustellenüberwachung und nachhaltigem Abfallmanagement über generative design, predictive maintenance für Maschinen, Echtzeitplanung und Ressourcenoptimierung bis hin zu Qualitätskontrolle und Mängelerkennung. Konzernweit würden derzeit der Austausch und die Ideen zu KI gefördert werden.
Auch im Holzbau könne man dies unterstreichen, so Gerald Schönthaler: „KI ist im Holzbau schon lange im Einsatz. Durch die rasante technologische Entwicklung ergeben sich zahlreiche neue Möglichkeiten entlang der gesamten Wertschöpfungskette.“
Hausaufgaben müssten aber schon noch gemacht werden in der Branche. Insbesondere bleibt der wichtigste Faktor der Mensch selbst, denn er hat die Schlüsselrolle bei der Nutzung von KI inne, so Isabella Stickler von Alpenland. Stickler: „KI hat unser Arbeiten, Lernen, Kommunizieren und Interagieren schon verändert. Das wird beim Bauen und Wohnen nicht anders sein. Wir müssen unsere Organisationen bestmöglich darauf vorbereiten, die Mitarbeiter und auch den Endnutzer schulen. Nur so kann der verantwortungsvolle und zielgerichtete Einsatz von KI gewährleistet sein.“
„KI rockt die Welt, Europa reguliert“
Vor einer Woche wurde der Artificial Intelligence Act (AIA) der Europäischen Kommission veröffentlicht. KI-Anwendungen werden hier in unterschiedliche Risikoklassen eingeteilt. Dabei müssen Systeme, die als besonders risikoreich gelten und zum Beispiel in kritischen Infrastrukturen oder im Bildungs- oder Gesundheitswesen eingesetzt werden, strenge Anforderungen erfüllen.
Für Wolfgang Zankl, Professor und stv.Vorstand des Instituts für Zivilrecht der Universität Wien, bleiben hier jedoch viele Fragen offen. „Die Verordnung strotzt nur so von nicht eindeutigen, auslegungsbedürftigen Ausdrücken, schon die Definition von KI ist schwer auslegbar. Ich sehe hier massive Rechtsunsicherheiten auf uns zukommen, die für manche Unternehmen sehr kritisch werden können, denn die Strafen sind enorm. KI rockt die Welt und Europa reguliert,“ so die Kritik des renommierten KI-Rechtsexperten.