Die Zurückhaltung der Investoren aufgrund der teils noch sehr hohen Preiserwartungen der Verkäufer auf der einen Seite und das sich rapide ändernde Zinsumfeld auf der anderen Seite, wirkte sich dämpfend auf das Transaktionsvolumen aus. So wurde laut unserer vorläufigen Recherchen im dritten Quartal des Jahres ein Volumen von rund EUR 800 Mio. umgesetzt, was das vorläufige Gesamttransaktionsvolumen 2022 auf EUR 3 Mrd. steigerte.
Das aktuell sehr volatile und steigende Zinsumfeld, die Unsicherheiten durch die Ukrainekrise und die Inflation zeigen seit Beginn des 3. Quartals ihren Einfluss auf den Investmentmarkt und führen aktuell zu Preisanpassungen und in vielen Fällen zu Abwarten auf Investorenseite. Allerdings sind die Kassen der Investoren weiterhin prall gefüllt und die derzeit in Abschluss befindlichen Transaktionen lassen ein traditionell stärkeres 4. Quartal erwarten, so dass wir derzeit noch davon ausgehen, dass ein Gesamtvolumen 2022 von über EUR 4 Mrd. erreichbar ist.
Entwicklung der Assetklassen
Die starke Sicherheitsorientierung der Kaufinteressenten hat sich auch im 3. Quartal des Jahres fortgesetzt und zu einer guten Performance, insbesondere jener Assetklassen geführt, die nach Einschätzung der Investoren hohe Sicherheit versprechen, auch wenn die Preisdynamik im Vergleich zum Vorjahr aufgrund der Zinsanpassungen der EZB in einer Seitwärtsbewegung mündete.
Institutionelle Wohnprojekte konnten Ihre Spitzenstellung der vergangenen Jahre weiter behaupten und mit knapp 32 % die Führungsrolle einnehmen. Die beiden größten Transaktionen im Wohnbereich waren hierbei die durch EHL vermittelten Projekte „Lavater 2“, das von Invester United Benefits an die Bank Austria Real Invest, sowie das Leuchtturmprojekt „High Five“ in Linz, das von STC und Roombuus an die ZBI verkauft wurden.
Stark risikodiversifizierte, gemischt genutzte Immobilien, die eine Risikostreuung über mehrere Bereiche wie Einzelhandel, Büro, Wohnen und teils gewerblichen Wohnanteilen aufweisen, rangierten mit rund 21 % auf dem zweiten Platz. Auf Büroimmobilien entfiel ein Anteil von knapp 17 %, gefolgt von Einzelhandelsimmobilien mit rund 11 % des Gesamttransaktionsvolumens.
Der Anteil der sehr gut performenden Assetklasse Logistik lag in den ersten drei Quartalen des Jahres aufgrund des nur geringen Angebots bei knapp 5 %
Investoren
Auf Käuferseite waren in den ersten drei Quartalen des Jahres maßgeblich Investoren aus Österreich (63 %) und Deutschland (30 %) aktiv. Hierbei dominierten weiterhin Spezialfonds und Projektentwickler sowie Family Offices den Markt.
Investoren aus den Bereichen der offenen Publikumsfonds, Versicherungen und Pensionskassen sowie Eigennutzer waren dagegen eher zurück- haltend.
Käufer außerhalb der DACH-Region waren bislang noch vergleichsweise wenig aktiv, sind aber aktuell verstärkt in der Prüfung potentieller Investments, so dass wir davon ausgehen, dass sich der Anteil dieser Käufer- gruppe in den nächsten Quartalen noch deutlich steigern wird.
Gerade im Bereich der Projektentwicklung bzw. bei der Revitalisierung von Bestandsobjekten ist anzunehmen, dass sich in den nächsten Monaten Joint Venture Strukturen zwischen lokalen Entwicklern und opportunistischen, kapitalstarken institutionellen Investoren, die insbesondere aus dem UK- und US-Raum kommen, bilden werden und sich verstärkt auf die Suche nach passenden Opportunitäten begeben werden.
Entwicklung der Renditen
Die zukünftige Entwicklung der Renditen ist aktuell sehr schwer einzuschätzen und in einigen Bereichen aufgrund der Zurückhaltung der Investoren und der fehlenden Referenztransaktionen kaum festzumachen. Festzustellen ist jedoch, dass sich auf- grund der aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowohl die Spitzenrenditen über alle Segmente hinweg tendenziell nach oben bewegen, als auch der Abstand zwischen den Spitzen- und Durchschnittsrenditen deutlich ansteigen wird.
Hohe Sicherheit wird vom Markt weiterhin mit weitgehend stabilen Preisen honoriert, Risiken werden hingegen deutlich stärker eingepreist und mit teils erheblichen Abschlägen abgestraft. Die sich stärker manifestierende Zurückhaltung der Banken in Verbindung mit dem rapiden Anstieg der Swap-Sätze wirkt sich in allen Segmenten negativ auf die Preisentwicklung aus. Das äußerst sich nicht nur in höheren Zinssätzen, sondern es steigen auch die geforderten Eigenkapitalquoten in Kombination mit den verrechneten Risikomargen. In den meisten Fällen münden diese Adjustierungen der Businesspläne auch in Preisanpassungen.
Die Spitzenrenditen für institutionelle Wohnprojekte sowie Büroobjekte bewegen sich für Top-Produkte im Bereich der 3,25 % bis 3,50 %, während schlechtere Lagen, ineffiziente Grundrisse, fehlende Infrastruktur sowie drohender Leerstand oder ein nicht ESG-konformer Zustand der Objekte mit deutlichen Risikoaufschlägen von bis zu 100 Basispunkten und in Ausnahme- fällen auch mehr, abgestraft werden. Im Logistikbereich liegen die Renditen für ausgewählte, langfristig vermietete Objekte weiterhin auf einem Rekordniveau von 3,75 %. Im Retailbereich ist zwischen Nahversorgung (Supermärkte, Fachmarktzentren) und großen Shopping-Centern zu unterscheiden. Während Nahversorger einer guten Nachfrage gegenüber stehen, ist das Interesse der Investoren für überregional strahlende Shopping-Center eher gering, so dass es derzeit aufgrund zu geringer Transaktionstätigkeit schwer ist, das Renditeniveau in diesem Segment zu bestimmen.
Ausblick
Der österreichische Immobilienmarkt ist seit jeher durch seine Stabilität und geringe Volatilität gekennzeichnet. Während in anderen Märkten wie London, Frankfurt oder Paris die Mieten gerade im Büro- und Wohnsegment in guten Zeiten sprunghaft ansteigen, ist der österreichische Markt eher durch seine Kontinuität und Stabilität gekennzeichnet. Das Preisniveau entwickelt sich hierzulande deutlich langsamer mit wenig Platz für Spekulation. Dadurch ist allerdings auch das Rückfallpotential gerade in volatilen Zeiten viel geringer was aktuell positiv zu spüren ist.
Auch wenn die Zeiten momentan etwas herausfordernder sind, wird der Investmentmarkt in den meisten Assetklassen gut funktionieren und das Angebot steht einer fundamentalen Nachfrage von Seiten institutioneller wie auch privater Investoren gegenüber.
Allerdings ist das Thema Energieeffizienz in Verbindung mit ESG und EU-Taxonomie eine große Herausforderung und Objekte, auf die das nicht zutrifft, werden von Entwicklern, die das Geschäftsmodell „Manage to ESG“ für sich entdeckt haben, stark nachgefragt.
Die nächsten Monate sind weder die Zeit der Tollkühnen noch die der Ängstlichen, vielmehr ist es das Jahr der Besonnenen. Der Herausforderung durch die steigenden Zinsen stehen positive Faktoren wie die auf Grund der Inflationsentwicklung stark gestiegenen Mieten gegenüber, von denen Immobilien noch mehr als alle anderen Sachwerte profitieren. Insbesondere für langfristig orientierte und solide finanzierte Investoren bietet diese Gesamtsituation daher auch interessante Perspektiven.