Der österreichische Wohnungsmarkt ist derzeit durch eine markante Entwicklung geprägt. Nachdem 2024 bereits ein deutlicher Rückgang neuer fertiggestellter Mietwohnungen um fast ein Viertel gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen war, wird sich dieser Trend heuer noch deutlicher verschärfen und ein Rückgang von nahezu 60 Prozent gegenüber 2024 ist zu erwarten. Damit wird das Neubauangebot in diesem Segment auf ein historisches Tief sinken und der Nachfrageüberhang zu weiterhin deutlich steigenden Mieten führen. Parallel dazu wächst die Nachfrage im Eigentumsbereich, insbesondere durch die attraktiveren Finanzierungskonditionen aufgrund der jüngsten Zinssenkungen.
Die Zahl der fertiggestellten Mietwohnungen ist im Jahr 2024 bereits um fast ein Viertel im Vergleich zum Vorjahr auf gesamt ca. 4.200 Einheiten gesunken. Für 2025 wird ein weiterer Rückgang um fast 60 Prozent auf nur mehr ca. 1.800 Wohneinheiten erwartet. Diese Entwicklung markiert den stärksten Einbruch im letzten Jahrzehnt und bringt den Mietwohnungsmarkt weiter unter Druck. Da auch immer weniger Neubauwohnungen in die Vermietung gelangen, verkürzen sich die Vermarktungszeiten deutlich und bei den letzten größeren Erstbezugsprojekten werden die Vollvermietungen rasch erreicht.
Auch die Zahl der Mietvertragskündigungen bleibt aufgrund des begrenzten Angebots weiterhin auf einem niedrigen Niveau, sodass auch nur wenig Mietwohnungen in Bestandsimmobilien frei werden. Wohnungssuchende müssen daher Mietentscheidungen deutlich rascher treffen, zudem oftmals schon während der Kündigungsfristen von den Vormietern die Wiedervermietung abgewickelt wird. Daher kommt es besonders in guten Lagen zu wenig Leerstandszeiten. Zudem achten Vermieter verstärkt auf die Vorqualifizierung ihrer künftigen Wohnungsmieter.
Die Kombination aus sinkendem Angebot und gleichzeitig hoher Nachfrage hat bereits zu einem kräftigen Anstieg der Mietpreise geführt. Im Jahr 2024 stiegen die Mieten durchschnittlich um rund 6,2 bis 7,7 Prozent, je nach Lage, Ausstattung und Größe. Auch für die kommenden Jahre wird eine Entwicklung deutlich oberhalb der Inflationsrate erwartet. Des Weiteren können sich die Wohnkosten wegen neuerlich steigender Energiepreise zusätzlich erhöhen.
Auch das Wiener Umland verzeichnet einen deutlichen Nachfrageschub im Mietsegment, insbesondere in Regionen mit sehr guter und direkter öffentlicher Anbindung an Wien. Das Mietniveau ist hier günstiger als in der Bundeshauptstadt, und das wird zu einem immer wichtigeren Entscheidungskriterium für Wohnungssuchende.
Im Eigentumsbereich ist die Entwicklung differenzierter. Die neuerliche Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) Mitte Dezember 2024 um 0,25 Basispunkte auf 3,00 Prozent hat die Nachfrage nach Eigentumswohnungen um ca. 10 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2024 weiter belebt. Für dieses Jahr sind weitere Zinssenkungen zu erwarten und mit dem Auslaufen der KIM-Verordnung werden die Konditionen für Finanzierungen nicht nur günstiger, sondern auch die Kreditvergaben der Finanzierungsinstitute werden wieder vereinfacht. Neben der steigenden Nachfrage im Eigennutzerbereich nimmt gleichzeitig die Dynamik im Anlegermarkt zu, auch wenn die Option mit dem klassischen Modell samt Vorsteuerabzug derzeit seltener gezogen wird. Diese Entwicklung zeigt sich nicht nur in Wien, sondern auch im Wiener Umland, wenn auch die Nachfrage nur langsamer steigt als in der Hauptstadt. Gleichzeitig geht die Incentivierung bei Wohnprojekten zur Ankurbelung der Vermarktungsgeschwindigkeiten bereits zurück, auch wenn Käufer gerne weiterhin in Preisverhandlungsgespräche mit Verkäufern treten.
Trotz der wachsenden Nachfrage bleibt das Angebot an Eigentumswohnungen begrenzt. Im Jahr 2024 gingen nur etwa 4.600 fertiggestellte Eigentumswohnungen in den Verkauf, was einen Rückgang von mehr als 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr darstellt. Für 2025 wird ein ähnliches Niveau erwartet, wobei die tatsächliche Zahl aufgrund Projektverschiebungen deutlich niedriger ausfallen könnte. In Bezirken mit einer höheren Fertigstellungsquote ist eine weitgehend stagnierende Preisentwicklung zu beobachten, während in gefragten Lagen, in denen bereits seit mehreren Jahren nur wenig Neuangebot verfügbar ist, leichte Preissteigerungen von etwa 0,5 bis 1,4 Prozent verzeichnet werden. Für 2025 rechnet EHL auch in den äußeren Bezirken mit leicht um 0,5 bis 1,0 Prozent steigenden Preisen.
Die gebremste Neubautätigkeit resultiert nach wie vor aus den aktuellen Rahmenbedingungen für Projektentwickler, die eine wirtschaftlich sinnvolle Umsetzung von Projekten erschwert. Zwar gehen die Baukosten aktuell leicht zurück und auch im Liegenschaftsankauf eröffnen sich zunehmend attraktive Angebote am Markt, doch diese positiven Entwicklungen allein reichen nicht aus. Für den Neubau ist es erforderlich, kostentreibende Bauvorschriften zu reduzieren und bürokratische Prozesse zu verschlanken.
Auch Bestandsimmobilien mit Wohnungssanierungen und Bestandserweiterungen würden grundsätzlich auf größeres Interesse seitens Investoren und Entwicklern stoßen. Jedoch sind hier Investitionsanreize für die Sanierung und Erhaltung sowie eine umfangreiche Novellierung des Mietrechts erforderlich, damit zusätzlich qualitativ hochwertiger Wohnraum zur Verfügung steht, um die wachsende Nachfrage zu bewältigen.
„Die sinkenden Fertigstellungszahlenstellen stellen eine ernstzunehmende Herausforderung für Wohnungssuchende dar. Die strukturelle Bevölkerungsentwicklung ist in Wien stark positiv. Die damit einhergehende hohen Nachfrage nach zusätzlichem Wohnraum kann bereits mit dem aktuellen Angebot nicht gedeckt werden, was sich 2025 noch zusätzlich verschärfen wird“, sagt Karina Schunker, Geschäftsführerin von EHL Wohnen. „Der Bau neuer Wohnimmobilien muss daher weiter forciert und angekurbelt werden. Kapitalstarke Entwickler haben zwar teilweise wieder begonnen, neue Projekte umzusetzen, doch dies wird allein nicht ausreichen, um die Angebotslücke zu schließen. Es braucht klare Maßnahmen, die den Markt anregen und um wieder mehr privates Kapital für den Wohnimmobilienmarkt zu gewinnen. Bürokratische Hürden müssen abgebaut und die wirtschaftliche Umsetzung neuer Wohnbauprojekte zusätzlich sichergestellt werden.“
Auch die Dringlichkeit staatlicher Förderungen für den Eigentumserwerb wird aufgrund der Angebotsverknappung im Mietsegment zunehmend größer. „Es braucht jetzt ein gemeinsames Umdenken und eine entschiedene Unterstützung seitens der Politik“, betont Michael Ehlmaier, Geschäftsführender Gesellschafter von EHL Immobilien. „Die rasche Anpassung von Flächenwidmungs- und Bebauungsvorschriften sowie effizientere Projektgenehmigungsverfahren sind genauso essenziell wie geförderte Darlehen für den Erwerb von Eigentumswohnungen. Diese Maßnahmen könnten entscheidend dazu beitragen, den Wohnungsmarkt langfristig zu stabilisieren und mehr Menschen Zugang zu leistbarem Wohnraum zu ermöglichen."