Der österreichische Immobilieninvestmentmarkt war im Jahr 2024 mit signifikanten Herausforderungen konfrontiert, zeigte jedoch bereits erste Anzeichen einer Erholung. Mit einem Gesamttransaktionsvolumen von 2,7 Milliarden Euro blieb die Transaktionstätigkeit zwar noch um fast 10 % hinter den Zahlen des Jahres 2023, wo noch rund 3 Milliarden Euro verzeichnet wurden. Die Aktivität im zweiten Halbjahr und insbesondere im vierten, traditionell stärksten Quartal geben allerdings Grund zur Hoffnung, dass sich im Laufe des Jahres 2025 wieder Wachstum, wenn auch auf einem moderaten Niveau, einstellt.
Im zweiten Halbjahr 2024 ist sowohl die Prüfungstätigkeit der Investoren als auch das daraus resultierende Transaktionsgeschehen mit über EUR 1,5 Mrd. wieder deutlich angestiegen, sodass die ernüchternden Zahlen des ersten Halbjahres zum Teil kompensiert werden konnten.
„Der Fokus vieler Investoren lag im vergangenen Jahr insbesondere auf risikoarmen Bestandsobjekten mit stabilem Cashflow, da derartige Objekte im aktuellen Marktumfeld auch deutlich einfacher zu finanzieren sind.“, so Michael Ehlmaier, Geschäftsführender Gesellschafter der EHL Immobilien Gruppe. Der Leitsatz „Cash is King“ bestimmt das Verhalten der Investoren – als Konsequenz ist die Hoffnung auf (kurzfristige) Wertsteigerungen als Kaufmotiv kaum mehr vorhanden.
„Die gesamtwirtschaftlich weiterhin angespannte Situation und der budgetäre Sparzwang, das weiterhin hohe Zinsniveau insbesondere am langen Ende und die restriktive Finanzierungspolitik der Banken wirken weiter hemmend auf den Investmentmarkt“, so Franz Pöltl, Geschäftsführender Gesellschafter der EHL Investment Consulting. „Wir sind jedoch zuversichtlich, dass die Talsohle bereits durchschritten ist und das Transaktionsgeschehen im Jahr 2025 wieder an Fahrt gewinnen wird.“, fügt Markus Mendel, Geschäftsführer der EHL Investment Consulting, hinzu.
Die Entwicklung der Assetklassen
Die einzelnen Assetklassen entwickelten sich im Jahr 2024 sehr unterschiedlich. Aufgrund der guten Performance des Bürovermietungsmarktes, der de facto nicht vorhandenen spekulativen Entwicklungstätigkeit im Bürobereich sowie des geringen Leerstands insbesondere in Wien behaupteten sich Büroimmobilien erneut als das stärkste Segment und erreichten einen Marktanteil von ca. 41 %. Maßgeblich dazu beigetragen haben Großtransaktionen sowie eine Reihe mittelgroßer Deals in den etablierten Bürolagen Wiens. Investoren konzentrierten sich hierbei auf Objekte mit stabilen, langfristig gesicherten Mieteinnahmen vor allem in den nachgefragten Cluster-Standorten. Gute Beispiele für derartige Transaktionen sind unter anderen der Verkauf der ÖBB Zentrale am Wiener Hauptbahnhof und des Justizzentrums in Wien Mitte, die beide von EHL vermittelt wurden. Wohnimmobilien folgten mit einem Anteil von 29 %. Transaktioniert wurden auch hier vor allem hochwertige Bestandsobjekte in urbanen Zentren mit guter Verkehrsanbindung und stabilem Vermietungsstand. Beispiele dafür sind unter anderen die von EHL vermittelte Gattergasse in Wien Simmering sowie ein Wohnneubauobjekt im Grazer Brauquartier.
Die noch vor Beginn der Ukrainekrise äußerst beliebten Forward-Deals sind aufgrund der geänderten Rahmenbedingungen – Zins- bzw. Renditeanstieg bei gleichzeitig kaum gesunkenen Herstellkosten (insbesondere Grundstücks- und Baukosten) nahezu vollständig ausgeblieben.
Logistik- und Einzelhandelsimmobilien erreichten jeweils einen Marktanteil knapp über 8 %. Während neuwertige, gut vermietete Logistikobjekte sowohl im Bereich der Standard-Logistik, also auch im Bereich der Last-Mile-Logistik sich guter Nachfrage erfreuen, blieb das Angebot an derartigen Immobilien auch im vergangenen Jahr gering und limitierte so das mögliche Transaktionsvolumen.
Im Einzelhandelsbereich ist eine starke Fokussierung der Investoren auf Nahversorgung bzw. Kurzfristbedarf zu verzeichnen. Gut situierte Fachmarktzentren mit attraktivem Mietermix und Lebensmitteleinzelhandelsmärkte erfreuen sich daher nach wie vor entsprechender Nachfrage, Shopping Center bzw. Highstreet Objekte werden dagegen von den Investoren weiter gemieden.
Da Genehmigungen für Neuentwicklungen im Einzelhandelssegment kaum mehr erteilt werden, erfreuen sich derzeit auch adäquat eingepreiste Redevelopments einer guten Nachfrage.
Aufgrund der deutlichen Erholung der Hotellerie und der steigenden Buchungszahlen erfahren auch Hotels seit einiger Zeit bereits wieder einen Rebound. Insbesondere bei Privatreisenden werden wieder die Benchmarks von vor der Pandemie erreicht bzw. sogar schon überschritten. 2024 lag die Assetklasse Hotel mit einem Marktanteil von knapp unter 8 % nur geringfügig hinter dem Einzelhandel und Logistik, wobei hier aufgrund der bereits erwähnten Dynamik von steigenden Transaktionszahlen auszugehen ist.
Investoren
Auch im Jahr 2024 war der österreichische Immobilieninvestmentmarkt fest in der Hand lokaler Investoren. Ein Großteil des Transaktionsvolumens, etwa 88 %, entfiel auf österreichische Investoren. Deutsche Käufer stellten mit 8 % die größte Gruppe ausländischer Investoren dar, gefolgt von sonstigen internationalen Marktteilnehmern mit einem Anteil von 4 %. Die Zurückhaltung internationaler Investoren lässt sich auf die Unsicherheiten innerhalb der Eurozone und die globalen geopolitischen Spannungen sowie die bescheidenen Konjunkturaussichten in Österreich und Deutschland zurückführen.
Family Offices und private Investoren dominierten mit 55 % des Gesamtvolumens. Diese Gruppe zeichnete sich durch hohe Liquidität und Flexibilität sowie ein selektives Vorgehen aus und nutzt das aktuell vergleichsweise attraktive Preisniveau. Die erschwerte Verfügbarkeit von Krediten stellt hier in der Regel keine Einschränkung für den Erwerb von Investmentgelegenheiten dar. Das Interesse der Privatinvestoren ist vor allem auf Objekte mit stabilen Erträgen in guten Lagen, die sich auch in schwierigen Zeiten als zukunftsfähig erweisen, fokussiert.
Institutionelle Investoren wie Fonds, Immobilien AGs und Versicherungen folgten mit einem Anteil von 31 %. Sie konzentrierten sich primär auf risikoarme Core-Objekte mit langfristig gesicherten Cashflows, die kaum ein Downside-Risiko aufweisen.
Der öffentliche Sektor trug 9 % zum Transaktionsvolumen bei und investierte vor allem in strategisch für Mieter aus dem öffentlichen Bereich relevante Objekte. Projektentwickler waren mit einem Anteil von lediglich 5 % am Markt vertreten. Dies ist auf die schwierige Finanzierungssituation sowie die hohen Baukosten zurückzuführen, die Neubauprojekte weniger attraktiv machten.
Die Investorenstruktur und Herkunft unterstreichen die Dominanz nationaler Akteure und die selektive Herangehensweise der verschiedenen Investorengruppen. Aufgrund der nach wie vor gegebenen Unsicherheiten und des verhaltenen Wirtschaftswachstums wird das Interesse an Investments ohne offensichtliche Risiken hoch bleiben, während spekulative Projekte weiterhin eine untergeordnete Rolle spielen.
Entwicklung der Renditen
Die Spitzenrenditen am österreichischen Immobilienmarkt blieben 2024 weitgehend stabil, zeigten jedoch im Vergleich zum vorherigen Quartal in einigen Segmenten leichte Anpassungen nach unten. Diese Entwicklung reflektiert die anhaltend hohe Liquidität im Markt, stimuliert durch die bereits vollzogenen Zinssenkungen gepaart mit einem vorsichtigen Optimismus der Investoren.
Im Segment der Büroimmobilien lagen die Spitzenrenditen in den zentralen Geschäftslagen (CBD) zwischen 4,75 % und 5,25 %. In weniger zentralen Lagen (non-CBD) bewegten sich die Spitzenrenditen bei 5,75 % bis 6,25 %. Wohnimmobilien in Wien erzielten Renditen zwischen 4,25 % und 4,75 %, während in den Bundesländern leicht höhere Werte von 4,75 % bis 5,25 % verzeichnet wurden.
Im Bereich der Fachmarktzentren lagen die Spitzenrenditen zwischen 5,75 % und 6,25 %. Hotels sowie auch der Logistiksektor zeigen ein stabiles Renditeniveau im Bereich von 5,25 % bis 5,75 % und erfreuen sich nach wie vor guter Nachfrage.
Ausblick
Der österreichische Immobilieninvestmentmarkt war im vergangenen Jahr mit einer Vielzahl von Herausforderungen konfrontiert. Insbesondere die hohen Zinsen und die bessere Performance von Alternativveranlagungen drückten auf die Stimmung der Branche. Die erschwerte Verfügbarkeit von Immobilienkrediten verhinderten ein stärkeres Wachstum des Transaktionsvolumens, da nicht nur mehr Eigenkapital für neue Finanzierungen erforderlich ist, sondern die bankinterne Prüfung und Genehmigung wesentlich mehr Zeit als in der Vergangenheit in Anspruch nimmt. Diese Faktoren trugen dazu bei, dass viele Transaktionen schwieriger umzusetzen waren. Parallel dazu blieb die Nachfrage nach Objekten mit stabilen Erträgen hoch, während Immobilien mit schwachem Cashflow an Attraktivität einbüßten. Die volatilen Rahmenbedingungen lenkten das Interesse der Investoren auf risikoarme Core-Objekte, die auch in unsicheren Zeiten verlässliche Renditen versprechen.
Trotz dieser Herausforderungen waren gegen Jahresende erste Indizien für das Einsetzen einer leichten Erholung zu verzeichnen. Die Liquidität bei den Investoren ist weiterhin vorhanden und Player mit ausreichend Eigenkapital können die aktuelle Marktlage für sich nutzen, um strategisch interessante Objekte zu erwerben. Für das Jahr 2025 hängen die Aussichten stark von der weiteren Entwicklung der makroökonomischen Bedingungen ab. Sollte es zu den erwarteten, weiteren Zinssenkungen auch am langen Ende kommen und die wirtschaftliche Gesamtlage sich verbessern, könnte dies zu einer deutlichen Belebung des Investmentmarktes führen.
Investoren werden auch im heurigen Jahr noch vorsichtig agieren. Der Fokus wird weiterhin auf risikoarmen Investments liegen, insbesondere bei Immobilien mit stabilen Cashflows und klar kalkulierbaren Risiken. Spekulative Projekte und Forward-Deals dürften weiterhin nur eine untergeordnete Rolle spielen. Gleichzeitig könnten Maßnahmen zur Sanierung der öffentlichen Haushalte das Vertrauen in den Markt stärken und zu einer Erhöhung der Transaktionstätigkeit führen. Der österreichische Immobilienmarkt bleibt auch in schwierigen Zeiten ein attraktives Veranlagungssegment sowohl für nationale und internationale Investoren, der in Zeiten rückläufiger Entwicklungstätigkeit Chancen für langfristig überproportionale Performance bietet.