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Wohnraum, ein Bedürfnis im Wandel der Zeit

Wünsche und Träume beim Wohnen sind das eine, die tatsächlichen Möglichkeiten holen den Wohnungssuchenden dann aber wieder in die Realität zurück.

Wohnen steht in Anlehnung an die Maslow’sche Bedürfnispyramide ganz unten, sozusagen als Basis des Menschen, und spielt eine zentrale Rolle. Das Wohnbedürfnis selbst umfasst Aspekte wie Wärme, Licht, Ruhe, Erholung, Schlaf, Sicherheit, Vertrautheit und Privatsphäre. Den Menschen ist wichtig, dass in allen ihren Lebensphasen beim Wohnen diese Bedürfnisse abgedeckt sind. Die unterschiedlichen Wohnarten selbst sind durch unterschiedliche Lebenssituationen bedingt. Diese können durch die Alterung, die Veränderung des persönlichen Umfelds, berufliche Veränderungen oder andere dramatische Einflüsse von außen entstehen. „Alle diese Einflüsse gab es schon immer, jedoch werden sie in unserer heutigen Gesellschaft leichter wirksam, sind sozusagen öffentlicher“, meint Roland Pichler, Geschäftsführer Die Wohnkompanie: „Dadurch sind die Ansprüche und Anforderungen an die Wohnprodukte deutlich vielschichtiger.“ Aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklungen in Österreich „sind daher viele verschiedene Wohnprodukte in verschiedenen Größen und in unterschiedlichen Finanzierungsformen erforderlich und legitim“, so Pichler.

Wachtel und Pinguin – so ticken die Jungen

Betrachtet man die Wohnwünsche und Wohnmöglichkeiten der jungen Generation, so stellt sich die Frage: Wie ticken die jungen Menschen, die Mieter von heute und Eigentümer von morgen? Philipp Ikrath, Jugendforscher am Institut für Jugendkulturforschung: „Es sind zwei Arten von verschiedenen Vogelarten unter den jungen Menschen in Bezug auf Wohnen zu beobachten: die Wachtel, die ein Zugvogel und Nestflüchter ist, und die Pinguine, die ein Nest bauen.“ Die junge Generation wird in der Jugendforschung auch als die „Generation Ego“ bezeichnet. Wobei „Ego“ relativ zu sehen ist, denn die jungen Menschen haben andere Ideale, die – um nicht zu weit auszuholen – unter anderem auch den Aspekt des „Sharings“ umfassen. „Ego“ heißt letztlich, dass die jungen Menschen anspruchsvoll leben wollen. „Es geht dabei um ästhetischen Konsum: gut essen, schöne Hotels, aber keine langfristigen Investitionen“, so Ikrath. Damit haben sich auch die Statussymbole völlig gewandelt. Es geht nicht mehr um ein teures Auto oder eine wertvolle Uhr, sondern zum Beispiel um den Wert der eigenen Musikbibliothek – die freilich mit anderen geteilt werden kann. „Junge Menschen sind Hedonisten, sie sind genussorientiert“, so der Jugendforscher. Es findet ein Paradigmenwechsel statt, denn ein Hausbau oder der Kauf einer Immobilie führen für „Wachteln“ zu mangelnder Mobilität. „Pinguine“ hingegen wären sehr wohl an einem „Nestbau“ interessiert, doch es fehlt oftmals an den finanziellen Möglichkeiten. Auch wenn die Bankzinsen verlockend gering sind, ist es für viele nicht machbar. „Dass Eigentum Sicherheit bedeutet, gärt schon in den Köpfen der Jungen, aber es ist für die einen eine Belastung und für die anderen eine Frage der Finanzierung“, so Ikrath.

Serviced Apartments – Kleinere Wohneinheiten mit vielen Extras

Wenn, dann erst später, und bis dahin wird „gelebt“. Und zwar auf kleinem Raum, und damit sind junge Menschen sicherlich Wachstumsträger für das Segment der Serviced Apartments. Steht nur wenig Raum zur Verfügung, dann soll dieser zumindest so angenehm wie möglich gestaltet sein. „Grenzen verschwimmen, und neue Anbieter adaptieren Konzepte. So sehr sich der Serviced-Apartment-Markt auf seinem vorläufigen Peak befindet, so sehr erfindet er sich derzeit auch neu“, meint Anett Gregorius, Inhaberin von Apartmentservice. So individuell wie die jungen Menschen soll auch ihr Apartmenthaus sein. Das Segment befindet sich daher in einer Phase großer Konzeptwandlungen. Serviced Apartments können in Zukunft in besonderer Weise ein Wohnen für verschiedene Lebensphasen anbieten. „Je kleiner die Einheiten werden, umso wichtiger sind dann eine Wohlfühlausstattung und Community-Angebote“, sagt die Trendforscherin Oona Horx-Strathern. Deutschland und UK sind die stärksten Serviced-Apartment-Märkte in Europa, und auch in Österreich werden diese Konzepte immer populärer. Stellvertretend sei das Kurzzeitapartmenthaus-Konzept „R4R – room 4 rent“ des ÖSW erwähnt, sofort verfügbare möblierte Apartments, die zwei Monate bis zwei Jahre gemietet werden können. 2019 wird bereits das vierte R4R-Projekt fertiggestellt, das Vienna Biocenter im 3. Wiener Gemeindebezirk mit 146 Serviced Apartments.

Die verschiedenen Singles

„Daraus zu schließen, dass Singles aber nur mehr in Garçonnièren wohnen wollen, wäre aber völlig falsch“, meint ÖSW-Vorstand Michael Pech: „Auch Singles bevorzugen zumindest eine Zwei-Zimmer-Wohnung.“ Vor allem, wenn es sich um „zweitweise“ Singles handelt. Eine „Spezies“, die sich auch erst in den vergangenen zehn bis 15 Jahren richtig herausgebildet hat. Die steigenden Singlehaushalte in Wien umfassen nämlich nicht ausschließlich allein Lebende. „In den Patchworkbeziehungen benötigen viele grundsätzlich allein lebende Menschen noch ein weiteres Zimmer oder sogar zwei, wenn die Kinder auf Besuch kommen“, erklärt Andreas Wollein, Vorstand des ÖVI: „Das heißt, du wohnst alleine, aber vorübergehend wieder mit anderen.“

Preisschere – Wie viele Quadratmeter sind machbar?

Was die Leistbarkeit von Wohnraum betrifft, so sind wir speziell in Wien mittlerweile an einem Punkt angekommen, wo man sich die Frage stellen muss, wie weit die Schere noch aufgehen kann. Diese klafft nämlich zwischen den gestiegenen Immobilienpreisen und den stagnierenden Einkommen immer weiter auseinander. „Die Immobilienpreise für Wohnen entkoppeln sich immer stärker vom verfügbaren Einkommen“, meint  Georg Spiegelfeld, Präsident des Immobilienrings Österreich. Vor allem die Mittelschicht ist von den gestiegenen Belastungen immer stärker betroffen. Konnte sich diese 2006 mit zehn Jahresnettogehältern noch eine etwa 120 Quadratmeter große Wohnung in der Stadt leisten, so sind es 2018 nur noch rund 75 Quadratmeter. „Die benötigten Finanzierungsmittel für Wohneigentum werden auch für die Mittelschicht immer höher und sind in den letzten zehn Jahren um rund 100.000 Euro angewachsen“, sagt Spiegelfeld.

Wenn diese Entwicklung anhält, so wird in der kommenden Zeit ein Punkt erreicht, an dem Quadratmeterpreis – trotz günstigster Finanzierung – nicht mehr leistbar werden. Die ersten Anzeichen sind ja bereits sichtbar. Die Wohneinheiten werden kleiner. Laut IMMOunited verloren sie zwischen 2013 und 2017 immerhin knapp sieben Prozent. Setzt man diese Rechnung linear fort, dann hat eine Wiener Wohnung im Jahr 2027 rund 67 Quadratmeter Fläche.

Kauf und Miete

Daher erwarten „die Experten für die kommenden Jahre weiterhin eine deutliche Steigerung der Nachfrage vor allem nach leistbaren Mietwohnungen, besonders in Ballungsräumen, und da vor allem in Wien und Umgebung“, so Michael Pech. Umso erstaunlicher, dass trotz des Szenarios laut einer Umfrage von s REAL und Wohnnet im Sommer 2018 immerhin noch 67 Prozent der Umfrageteilnehmer Eigentum an einer Immobilie erwerben möchten. 30 Prozent suchen eine Eigentumswohnung, 26 Prozent ein Haus und immerhin noch elf Prozent ein Grundstück. Aber Wunsch und Realität passen eben oft nicht zusammen. Die Bauträger sind hier schon realistischer, und tatsächlich verlagert sich die Wohnbauleistung 2019 auf den Bereich „Mietwohnungen“.

Ein Blick in die Wohnungen

In Zeiten, in denen Wohnraum immer teurer wird, sinken die Wohnungsgrößen, und die Flächen werden entsprechend optimiert. „Die Grundrisse sollten smart sein. Das bedeutet wenig ungenützte Flächen wie etwa ein übergroßes Vorzimmer oder allzu große Räume“, meint Andreas Wollein, Vorstand des ÖVI. Freiflächen – speziell bei den Neubauten – werden bereits vorausgesetzt. Es gibt faktisch kaum Wohnbauten, die ohne Balkone, Loggien, Terrassen oder auch kleine Gärten errichtet werden. Kleinere Wohnungen benötigen einen „Erweiterung“ nach außen. Dieses Bedürfnis zeigt sich auch bei einem anderen Wunsch an den Wohnraum. „Besonders gefragt sind Wohnungen, die kein Visavis haben“, so Wollein, „sondern einen freien und unverbaubaren Blick.“ Lagenachteile aufgrund von Verkehrslärm und Emissionen werden durch Schallschutzfenster in Kombination mit moderner Wohnraumlüftung ausgeschaltet. Dadurch entstehen an bis jetzt weniger beliebten, weil lauten Lagen neue Wohnqualitäten. Freie Sicht und damit auch Helligkeit haben Priorität.

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Walter Senk

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  • Erschienen am:
    20.03.2019
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