Spreche ich mit Protagonistinnen und Protagonisten aus der Branche, so betonen alle, dass wir unbedingt Nachhaltigkeit brauchen und nachhaltig bauen müssen. Gar keine Frage, sehe ich genauso. Ich sehe die Nachhaltigkeit als eines der wesentlichsten Themen auf unserem Planeten an. Wir werden nicht umhinkommen, nachhaltig zu agieren. Ich erinnere mich noch an meine Kindheit, da war Nachhaltigkeit einfach „Sparen“, und es hat trotzdem nichts gefehlt. Es wurde mit den Ressourcen nur anders umgegangen.
Zuletzt hat die EU die Gebäuderichtlinie einen „Meilenstein in Europas Klimapolitik“ genannt. Bis 2050 soll der Gebäudebestand klimaneutral sein. Das ist meiner Meinung nach ambitioniert, aber nicht möglich. Punkt.
Das erinnert mich an das Thema mit den Gasthermen in Wien. Groß angekündigt, aber leider nicht umsetzbar. Es hat viele Menschen nur Nerven gekostet, und letztendlich wurde das Projekt verschoben. Wir hätten allein schon nicht genug Thermen und Installateure gehabt, um dieses Vorhaben umzusetzen.
Interessanterweise fällt der „Meilenstein in Europas Klimapolitik“ in eine Phase, in der ESG für viele Akteure der Immobilienbranche in dieser Dimension wie vor zwei Jahren nicht mehr an erster Stelle steht. „Wir haben andere Sorgen“, heißt es seitens vieler Marktteilnehmer, egal ob Hausverwaltungen, Maklerbüros, Projektentwickler etc. Die Sorge heißt derzeit Wirtschaftslage und nicht ESG. Österreich ist Europas Schlusslicht. Damit ist die heimische Immobilienbranche beschäftigt und außerdem mit den Fehlern der Vergangenheit, die aus Null-Zins-Politik, Unerfahrenheit und Gier resultierten. Aber das ist ein anderes Thema.
Ich frage mich, ob sich jemand, der beim „Meilenstein in Europas Klimapolitik“ mitentscheiden kann, egal ob in der EU oder in Österreich, einen Blick auf unsere Wirtschaftsdaten geworfen hat. Vielleicht wäre es besser, das Motto „Energieeffizienz ist Pflicht, der Druck steigt, das Zeitfenster wird eng“ noch einmal zu überdenken. Vielmehr wäre es wichtig zu fragen, „was wir wirklich brauchen und was in der gegebenen Lage sinnvoll ist“.
Vorschläge zu einer vorübergehenden Erleichterung gibt es genug. Hier nur ein Beispiel von vielen: In der aktuellen Situation wäre es doch viel besser, eine Notverordnung für zehn Jahre einzuführen, um Sanierungen schneller durchzuführen und Erweiterung, Verdichtung und Aufstockung möglich zu machen. Dazu richtet man eine Bundesbehörde ein, die zentral über jedes Sanierungsprojekt entscheidet – kompetent und vor allem sehr kurzfristig, um dieses Segment anzukurbeln.
Oder: Würde man den Protagonisten etwas mehr Eigenverantwortung übertragen, wäre es eventuell durchaus möglich, dass nachhaltig agiert wird, allerdings nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Form, sondern in einer effektiven Weise. Denn die gesetzlichen Vorschriften – und das wissen alle in der Branche – behindern oftmals mehr als sie nützen.
Zu guter Letzt: Betrachtet man die Welt, so muss man sehen, dass wir Europäer die Einzigen sind, die eine Klimaveränderung stoppen wollen. Wir halten uns als Kontinent für imstande, für alle anderen Kontinente, also letztendlich für die ganze Welt die Verantwortung zu tragen. Das wird nicht funktionieren. Während sich andere Länder (vernünftigerweise) damit befassen, sich an die Veränderungen anzupassen, verwenden wir unsere Ressourcen, um einen Wandel im Weltklima zu stoppen. Ich frage mich, ob das der richtige Weg ist und ob wir uns wirklich auf so etwas einlassen sollten. Vielleicht sollten wir mehr mit Vernunft und Hausverstand unsere Ressourcen einsetzen und nicht versuchen, etwas zu stoppen, das unser Vermögen weit übersteigt und vermutlich auch gar nicht möglich ist.
Fazit: Wir sollten über andere Lösungen nachdenken und die Zukunft nicht linear betrachten, sondern mit unerwarteten Veränderungen rechnen.