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Hüter des Wahrzeichens

Es gibt in Wien seit dem 13. Jahrhundert die (nie unterbrochene) Tradition, dass der Stephansdom einen eigenen Dombaumeister hat. Seit 1993 ist Architekt Wolfgang Zehetner in diesem angesehenen Amt.

Fotocredit: Diegograndi

Zehetner: Die Grundsteinlegung fand 1137 statt, und ab da entstand der Dom in mehreren Entwicklungsphasen. 1147 war die erste Weihe im Dom selbst, aber er hatte noch lange nicht das heutige Aussehen. Es gab laufend Erweiterungen und Umbauphasen, und den Stellenwert als Weltkulturerbe hat er erst mit dem hohen Turm und dem Langhaus erlangt. Der Stephansturm war über Jahrzehnte der höchste Turm der Welt. Von 1437 bis etwa 1500. Dann wurde er vom Straßburger Dom um sieben Meter übertroffen. Den Wettbewerb um das höchste Gebäude der Welt, der heute so ausgeprägt ist, gab es auch damals schon.

Wer ist der Eigentümer des Stephansdoms?

Zehetner: Die Dom- und Metropolitankirche zu St. Stephan. Das ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts nach Kirchenrecht, die aber auch vom Staat anerkannt wird. Er steht also nicht im direkten Eigentum der katholischen Kirche und auch nicht des Erzbistums. Das hat historische Wurzeln: Da Wien erst im 15. Jahrhundert zum Bischofssitz wurde, der Dom aber viel älter ist, gibt es für diesen noch ein Statut aus dem Jahr 1365 von Rudolf dem Stifter.

Wie wird man Dombaumeister?

Zehetner: Die Stelle wurde im Jahr 1993 nach dem Tod des damaligen Dombaumeisters neu ausgeschrieben. Ich habe mich mit 32 anderen Architekten um diesen Posten beworben und hatte das Glück, dass ich ihn bekommen habe. Ich hatte aber zu dieser Zeit schon sehr viel Praxis mit kirchlichen Gebäuden. Ich war nämlich vor diesem Engagement zehn Jahre in der Diözese St. Pölten beim Bauamt angestellt und für alle kirchlichen Gebäude zuständig: sowohl was die Bauten an sich betrifft als auch für alle Themen rund um den Denkmalschutz und die handwerkliche Denkmalpflege.

Wenn ein Gebäude so viele jahrhundertealte Teile hat, dann ist die Renovierung ja auch eine Art Kunst?

Zehetner: Wir haben in der „Dombauhütte“, so nennt man die Mannschaft, die prinzipiell für die Erhaltung des Doms zuständig ist, 20 Mitarbeiter, denen der Hüttenmeister vorsteht. Hauptsächlich handelt es sich dabei um Steinmetze, es gibt aber auch Tischler und Schlosser. Es sind Handwerker, die immer mehr zu Restauratoren werden, und wir arbeiten sowohl mit mittelalterlichen Methoden als auch mit Laser. Würden wir nur neuartige Methoden anwenden, dann würde ein Gutteil des Handwerks verloren gehen. Es gibt eine „Europäische Vereinigung der Dombaumeister“, und bei den meisten großen Kathedralen in Europa gibt es eine Bauhütte. Die Dombauhütte für den Stephansdom gehört nach Köln mit jenen von Mailand und Straßburg zu den größten.

Kann man die Bauarbeiten nicht outsourcen?

Zehetner: Könnte man, aber es ist besser, ein eigenes Team in der Kirche zu haben, das auch eine gewisse Verantwortung trägt. Eine eigene Mannschaft achtet auf die Kleinigkeiten im Dom, und das hat großen Wert, außerdem verfügen wir über sehr gute Leute. Man braucht Menschen, die so ein Bauwerk verstehen, und das Handwerk der Steinmetze hat ja auch eine jahrhundertealte Tradition. Natürlich macht unser Team nicht alle Arbeiten. Die Hälfte unseres Budgets benötigen wir selbst, der Rest geht an Fremdfirmen.

Ist die Renovierung eines solchen Bauwerks auch einmal abgeschlossen?

Zehetner: Das wäre schlecht, denn ein alter Spruch besagt: „So lange am Dom ein Gerüst steht, geht es uns gut.“ Denn nur in wirtschaftlich extrem schwierigen Zeiten wird nicht renoviert. Aber im Ernst: In etwa 10 bis 15 Jahren sind wir mit der Renovierung so weit durch, dass man für ein bis zwei Generationen den Aufwand zurückschrauben kann. Man spürt die Friedenszeiten, denn wir können auf hohem Niveau nachhaltig renovieren. Wir betreiben eben auch „Vorsorgemedizin“ und nicht nur akute Behandlung.

Fasziniert Sie der Stephansdom auch persönlich?

Zehetner: Ja, natürlich. Prinzipiell faszinieren mich Kirchen. Ich komme aus einer sehr musischen Familie, und schon in meiner Jugend hat uns der damalige Pfarrer im Mostviertel viel über Kunstgeschichte erzählt und uns auch durch viele Kirchen geführt.

Der Stephansdom ist eben ein Symbol für ganz Wien, und er gibt auch sehr viel her. Wenn man als Architekt ein Gebäude errichtet, dann ist es wichtig, dass es nicht hineinregnet und dass es ein Nutzungskonzept gibt – aber das eigentliche Wesen eines Gebäudes beginnt darüber hinaus, und der Dom ist voller Zeichen.

Zum Beispiel?

Zehetner: Der Stephansdom hat eine Grundzahl, die immer wiederkehrt, nämlich 37. Damals hat man in Fuß gemessen, und die Breite jedes Schiffes beträgt 37 Fuß. Die Länge des Domes beträgt 333 Fuß, also 37 mal 3. 37 besteht aus 3 und 7, und das sind die heiligen Zahlen. Die Fenster erzählen auch sehr viele Geschichten, und die Lichtführung im Dom ist unglaublich genial. Das fasziniert mich sehr, und es ist eine lebenslange Aufgabe, den Dom zu ergründen.

Man hat früher viel mit Symbolen gearbeitet und alles in bildhafter Weise dargestellt, da ja die Menschen damals nicht lesen konnten. Die Absicht ist es, den Leuten ein Abbild des Paradieses im Innern des Doms zu geben. Darum ist auch unter anderem das Portal so wichtig. Wenn man über die Schwelle geht, ist das jüngste Gericht dargestellt, und außen haben die Kathedralen viele Abwehrsymbole gegen das Böse. Früher haben die Menschen in Holzhütten ohne Fenster gewohnt, und betrat so jemand eine Kathedrale, dann war das sicherlich überwältigend.

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  • Erschienen am:
    15.05.2014
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