Beim „echten“ Zinshaus entscheidet der Eigentümer über Erhaltungsmaßnahmen oder größere Umbauten. Bei mehreren Eigentümern müssen z. B. Dachausbauten oder Kredite einstimmig beschlossen werden. Wenn das scheitert, ist die Schaffung von Wohnraum behindert oder sogar der Bestand der Häuser gefährdet.
Walter Senk:
Die Zahl der Wiener Gründerzeit-Zinshäuser sinkt weiter. Laut den Aufzeichnungen für den Wiener Zinshausmarktbericht von Otto Immobilien gibt es aktuell noch 14.670 Zinshäuser im engeren Sinn in Wien. Das sind seit Herbst 2009 rund 859 Häuser weniger auf dem Markt – oder in etwa sechs Prozent.
Die Häuser gehen aber nicht wirklich verloren. Der Hauptgrund für den Verlust von Gründerzeit-Zinshäusern im Wiener Stadtgebiet liegt in der Begründung von Wohnungseigentum. Zinshäuser werden gekauft, parifiziert und die einzelnen Wohnungen weiterverkauft. Der Abriss von Gründerzeithäusern ist eher selten.
Eine Parifizierung freut natürlich diejenigen, die Wohnungen in alten Gründerzeithäusern kaufen, aber es können sich mittelfristig große Nachteile ergeben, wie einige Experten meinen. Es entscheidet nämlich nach einer Parifizierung nicht mehr ein Eigentümer über die Geschicke des Hauses, sondern eine Eigentümergemeinschaft, und da können die Meinungen sehr weit auseinandergehen.
Wenn beispielsweise bis zu notwendigen Sanierungsmaßnahmen nicht genügend Investitionsrücklagen gebildet wurden, dann muss ein Kredit aufgenommen werden. Von allen Eigentümern – und dem müssen auch alle zustimmen. Da aber immer wieder einige Eigentümer beim Kauf der Wohnung an das finanzielle Limit gegangen sind, sind ihre Möglichkeiten ausgeschöpft und sie können keine zusätzlichen Kosten mehr stemmen. Damit stimmen sie der Sanierung nicht zu und diese wird nicht durchgeführt.
Auch die Verdichtung der Stadt nach oben wird erschwert. Einem Ausbau des Dachgeschoßes müssen ebenfalls alle Eigentümer zustimmen, und auch hier kann die Entscheidungsfindung schwierig werden. Wenn einer dagegen ist, dann kommt diese mögliche Schaffung von Wohnraum nicht zustande.
Die Erhaltung der Bausubstanz von parifizierten Zinshäusern und eine Erweiterung der Wohnflächen durch einen Dachgeschoßausbau könnten damit mittelfristig zu einem Problem werden.