Prinzipiell ließ sich bei der Befragung von ca. 50 Personen feststellen, dass die Wohnzufriedenheit der Österreicher sehr hoch ist. Die hohe Wohnzufriedenheit breiter Bevölkerungsschichten ist eines der wichtigsten Ziele der Wohnungspolitik und im weiteren Sinne auch ein Merkmal sozialer Ausgewogenheit. „Passt alles!“ war sozusagen die Antwort auf die Frage, ob man auf etwas verzichten würde, wenn dafür die Miete geringer wäre. Das Preis-Leistungs-Verhältnis wurde von sehr vielen Befragten als „in Ordnung“ bezeichnet und Michael Pisecky, Geschäftsführer von sReal und Immo-Fachverbandsobmann in Wien, bestätigt dies: „Manche müssen vielleicht in kleinere Wohnungen oder günstigere Lagen gehen, aber meiner Erfahrung nach haben im Prinzip sehr viele das, was sie wollen.“ Eine EU-Studie über die Wohnzufriedenheit der Österreicher gibt dieser Aussage recht. Auf einer sechsstufigen Zufriedenheitsskala erreichte Österreich den Wert 5,1 was laut Studie besagt, dass die heimischen Haushalte mit ihrer aktuellen Wohnsituation im Durchschnitt „ziemlich zufrieden“ sind.
Keine Quadratmeter
Aber worauf wären die Mieter und Mieterinnen bereit zu verzichten? Naheliegend ist die Wohnungsgröße– also auf Quadratmeter zu verzichten, wenn die Wohnung bzw. die Miete dadurch günstiger wird. Fehlanzeige. Offensichtlich haben viele der Mieter und Mieterinnen dies bereits eingepreist. Quadratmeter sind dann allerdings nicht so wichtig wie eine gut geschnittene Wohnung und die Anzahl der Zimmer. Isabella Zyla vom Maklerunternehmen Wohn3 fasst ihre Erfahrungen zusammen: „Wenn sie eine gewisse Anzahl an Zimmern brauchen, dann können und wollen die Mieter darauf nicht verzichten.“ Tatsächlich wären die Befragten– wenn überhaupt– eher bereit, den einen oder anderen Quadratmeter aufzugeben, „wenn die Wohnung gut aufgeteilt ist“.
Pflege der Anlage in Eigenregie
Den Waschkeller benötige sie nicht, sagte eine Frau: „Ich habe eine eigene Waschmaschine, aber ich muss über die Betriebskosten für diese Räumlichkeiten mitbezahlen.“ Überhaupt war für viele weniger die Miete ein Thema als die Betriebskosten. Kein Wunder, sind diese doch in den letzten Jahren im Vergleich zu den Mieten weitaus stärker gestiegen. „Wenn man das Reinigen des Stiegenhauses und das Pflegen des Gartens selbst übernehmen könnte, dann würden sich die Betriebskosten reduzieren“, schlug eine Mutter mit Kind vor: „Für die Gartenpflege kommt nämlich immer ein eigenes Unternehmen in Haus.“ Es würde auch den Gemeinschaftssinn im Haus fördern „aber die Frage ist immer, ob auch alle mitmachen“. In diesem Zusammenhang entwickelte sich die Diskussion, ob diejenigen, die im Haus gewisse Tätigkeiten für die Hausgemeinschaft erbringen, nicht auch gewisse Begünstigungen haben könnten– in Form einer Reduktion oder Rückzahlung eines Teils der Betriebskosten.
Räume außerhalb der Wohnung
„Eine Sauna im Haus brauche ich nicht und auch kein Schwimmbad auf dem Dach“, antwortete ein Paar: „Einen Fitnessraum müssen wir auch nicht haben.“ Diese „Goodies“ schlagen sich auf die monatlichen Kosten extrem nieder, und diese Aussage entspricht einer gesellschaftlichen Veränderung, die eher die Jugend betrifft: Das Nutzen von anderen Räumen, die außerhalb des Hauses sind, gewinnt an Bedeutung. „Die Räume müssen nicht alle am gleichen Ort sein, sie müssen nur nutzbar sein“, so Harry Gatterer, Geschäftsführer des Zukunftsinstituts, vor Kurzem in einem Vortrag: {{article_open::406}}„Damit verändert sich der Haushalt an sich. In urbanen Räumen ist diese Entwicklung schon sehr signifikant.“{{link_close}} So wird zum Beispiel auch das Fitnesscenter als nutzbarer Raum verstanden, der in gewisser Weise zum Haushalt dazugehört– auch wenn er sich nicht im Haus befindet. Für junge Menschen gar keine Frage: dass ein Teil des Haushalts nicht im Haus ist und dafür auch keine monatlichen Betriebskosten bezahlt werden müssen. Genutzt werden die Sauna, das Schwimmbad oder das Fitnesscenter je nach Belieben und nicht, weil man muss, um die Kosten „einzuspielen“.
Wohnräume werden neu strukturiert
Der Begriff Haushalt wird immer weiter gefasst, da auch immer mehr Orte außerhalb des Wohnraums miteinbezogen werden. „Die Menschen beginnen sich ihre Wohnräume neu zu strukturieren“, erklärt Gatterer. Dinge, die man früher zu Hause hatte, werden jetzt in einen halb öffentlichen Raum ausgelagert. Anbieter von Lagerräumen wie das Unternehmen MyPlace freuen sich über diese Entwicklung. „Dann lieber nur ein kleines Kellerabteil, den Rest kann ich ohnehin auslagern“, meinte ein Befragter. Die Frage, ob denn so eine gemietete Lagerfläche zum Haushaltsbudget mitgerechnet werde, ergab eine interessante Zweiteilung der Antworten. Die kleinen angemieteten Flächen ja, weil sie faktisch den Keller „ersetzen“, ab einer gewissen Größe nicht mehr. „Einen Keller mit 20 Quadratmetern könnte ich in meinem Haus ohnehin nicht bekommen, also ist die Variante mit Selfstorage besser.“
Lift und Stadt sind verzichtbar
Interessant war auch folgende Aussage: „Wir sind jung und wohnen im dritten Stock. Ich brauche keinen Lift. Auf den könnte ich sehr gut verzichten.“ Wie sich dieser Aspekt auf die anderen Hausparteien auswirken würde, sei dahingestellt, denn irgendwie müssen die Betriebskosten für den Lift ja aufgeteilt werden. Dieser Zugang zeigt aber, dass Bequemlichkeit nicht alles ist.
„Auf die Nähe zur Stadt könnte ich verzichten, und ich nehme an, dass dann auch die Miete geringer wäre“, meinte ein freiberuflicher Werbegrafiker. Da seine Frau aber einen fixen Arbeitsplatz bei der Gemeinde Wien hat, ist ein Umzug in eine Randlage derzeit keine Option. Aber die „neue“ Form des Arbeitens, nämlich per Computer und Internet, macht einmal mehr deutlich, wie junge Menschen dank der Technik die Arbeits- und Wohnwelt umgestalten können.
Der Klassiker: Autoabstellplatz
Ein Klassiker bei jungen Menschen: der Stellplatz für das Auto. Wer einen hat, der kann problemlos darauf verzichten, da auch die Autonutzer immer weniger werden, aber die meisten haben sich ohnehin bereits eine Wohnung gesucht, bei der dieser „unnötige Kostenfresser“, wie es ein „Car-Sharer“ ausdrückte, kein Thema mehr ist. Auf ein Bad mit Fenster würde gegebenenfalls auch verzichtet, wenn sich die Miete verringerte. Eine schlechter ausgestattete Küche würde aus dem gleichen Grund in Kauf– besser: in Miete– genommen.
Freiraum als Muss
Auch auf Nachfrage war aber niemand bereit, auf den Balkon oder die Terrasse zu verzichten. „Sich aus der Wohnung hinausbewegen zu können, ohne diese aber verlassen zu müssen“, beschreibt sehr genau den Vorteil, der mit diesen Erholungsflächen verbunden ist. Insofern zeigt sich, dass die Wiener Bauordnung, die seit Sommer 2014 den Anbau von Balkonen erleichtert, in die richtige Richtung geht. Gewisse „Goodies“ sind eben unverzichtbar.
Zu guter Letzt gab es auch Mieter, die mehr zahlen würden: „Ich bin vor sechs Monaten in meine neue Wohnung eingezogen“, erklärte ein Werbefachmann: „Es ist die schönste Wohnung, die ich je hatte, und ich bin bereit, das zu zahlen, was ich zahle. Das Konzept passt.“ Er wäre sogar, meinte er im Verlauf des Gesprächs, „bereit gewesen, in der alten Wohnung mehr zu zahlen, wenn die Fenster dafür in einem besseren Zustand gewesen wären“.