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Woran es wirklich krankt

Es wäre zu einfach, die hohen Grundstückspreise als ausschlaggebendes Argument zu verwenden, dass „leistbares Wohnen“ immer schwieriger wird. Hausgemachte Probleme und politische Unvernunft haben schon längst diesen Slogan ad absurdum geführt. Schuld daran sind viele, geändert wird kaum etwas, und wenn, dann sehr, sehr langsam: „Wissen tät ma’s ja scho lang, nur zum Handeln hamma uns no net durchgerungen.“
Kostentreibende bautechnische Anforderungen, Normen und Energieeffizienz-Auflagen bringen das Ziel einer Sicherung leistbaren Wohnens immer stärker in Gefahr. Innerhalb von zehn Jahren sind die Baukosten um 46% auf mehr als 2.000 Euro pro Quadratmeter geklettert. Ein Drittel der Erhöhung ist allein auf diesen „Qualitätshype“ zurückzuführen. Und das bei sinkenden Realeinkommen der Klein- und Mittelverdiener– jener Gruppe, von der Demographie-bedingt vor allem eine große Nachfrage nach Mietwohnungen ausgeht. „Für die dringend notwendige Forcierung des Wohnungsneubaus sind daher baukostensenkende Maßnahmen ein Gebot der Stunde“, betont Karl Wurm, Obmann des Österreichischen Verbands gemeinnütziger Bauvereinigungen. Um kostengünstigeres Bauen zu ermöglichen, plädiert die Plattform dafür, das zuletzt üppig wuchernde Normendickicht zu roden.

Über neun Bauordnungen in einem Land mit acht Millionen Einwohnern muss wohl auch nicht mehr diskutiert werden.

ÖVI-Vizepräsident Klaus Wolfinger: „Anstelle sich beim Abbau der mannigfaltigen Standards zu verzetteln, wäre es sehr heilsam, von Grund auf neu zu definieren, welche Qualitäten als Mindeststandards für den Wohnbau wirklich unerlässlich sind. Ausgehend von einem neuen und deutlich geringeren Basis-Standard sollte es dann den Planern und Errichtern des konkreten Bauvorhabens überlassen sein, die je nach Standort und Positionierung angemessenen baulichen Merkmale und Ausstattungen auszudifferenzieren.“

Wie es damals funktionierte …

Wie es ganz einfach geht, zeigt schon die Wiener Bauordnung von 1859, übrigens erst die zweite offizielle Bauordnung in Wien. In dieser wurden erstmals „umfangreichere“ Rahmenbedingungen vorgeschrieben: Dabei wurden als Eckpunkte die maximale Gebäudehöhe von 24,7 Metern sowie eine Mindeststraßenbreite von 15,2 Metern festgelegt, die Raumhöhe musste mindestens 3,16 Meter betragen. Diese maximale Bauhöhe sowie die Generalbaulinie der breiten und rechtwinkelig zueinander laufenden Straßen, die in einem Raster angelegt wurden, gaben das klare Korsett für die Bauherren vor.

In Paragraph 27 der Bauordnung wurde noch kurz auf die Qualität eingegangen: „Bezüglich der Nachhaltigkeit wird festgehalten, dass der Bauführer (ausdrücklich) gute und dauerhafte Materialien verwenden soll.“

Und die Häuser stehen immer noch. Funktionell und flexibel.

Weitere Probleme

„Die Flächenwidmung gehört geändert und endlich vom Schrumpfen der Bevölkerungszahl auf Verdichtung der Stadt angepasst. Wiener müssen sich daran gewöhnen, dass Häuser höher gebaut werden, auch in der Stadt“, so Hans Jörg Ulreich, Ulreich Bauträger und Bauträgersprecher in der Wiener Wirtschaftskammer. „Baukosten gehören gesenkt und unnötige Normen bei Brandschutz, Stellplätzen und Ähnlichem endlich abgeschafft und in Bezug auf Kosten, Sicherheit und Praxisnähe neu geregelt.“

Noch zwei weitere Punkte wären laut Michael Ehlmaier, Geschäftsführer von EHL Immobilien, im Wesentlichen anzugehen: „Wir brauchen schnellere Baubewilligungen, und wir müssen den Amtsschimmel reduzieren.“

Die „Lösung“ Mietzinsobergrenze

So einfach es vielleicht in der einen oder anderen Amtsstube erscheinen mag, aber Mietobergrenzen sind nicht das geeignete Mittel, um für leistbares Wohnen zu sorgen. „In dieser Mangelsituation mit z.B. einer Mietobergrenze zusätzlich zu regulieren, führt zu einer weiteren Reduktion der Mietwohnungen, Verschlechterung der Qualität und zu einem neuen Miet-Adel“, so Michael Pisecky, Geschätsführer der sReal: „Das kann niemand wirklich wollen!“ Auch laut dem „Trendbarometer Immobilien-Investmentmarkt“ (PDF, 1MB) der Prüfungs- und Beratungsorganisation EY vertreten die Investoren einen klaren Standpunkt: Drei Viertel sehen eine Mietzinsobergrenze als „Bremse“ bei der Schaffung von neuem Wohnraum. Unabhängig davon darf man nicht vergessen, dass zum Beispiel in Wien fast 60% der Mietwohnungen dem sozialen Wohnbau unterliegen und damit die Mietpreise gedeckelt sind.

Überholte Gesetze

Dass Gesetze ihre Zeit brauchen, sei dahingestellt, aber die Realität überholt diese schon lang und immer schneller. Angesichts völlig veränderter Lebensformen (man denke nur an Patchwork-Familien und Homeworking) stellen sich Planer und Bauträger zum Beispiel die Frage, warum Zimmer unter 10 m2 verpönt sind (faktisches Kriterium für geförderten Wohnbau in Wien). „Teils aus paternalistischer Beharrlichkeit werden den Menschen Grundrisse vorenthalten, die deren wahren Bedürfnissen viel besser gerecht werden könnten“, so Wolfinger. „Angesichts der wachsenden Bedeutung temporärer Wohnformen erscheinen die in einzelnen Landesvorschriften noch existierenden Mindestgrößen für Wohnungen sowie die Verknüpfung des Mietrechtsgesetzes mit der Schwelle von 30 m2 inzwischen überholt.“

Was zu tun wäre

Mittlerweile haben auch Bundes- und Landespolitik erkannt, dass die Neubaukosten deutlich zu hoch geraten sind, und dass dringend notwendige Maßnahmen gesetzt gehören. „Ein neues Wohnrecht wird nicht genügen, sondern ein nationaler Aktionsplan erforderlich sein, um eine ausreichende Versorgung mit Wohnraum zu ermöglichen“, erklärt Michael Pisecky, Geschäftsführer von sReal. ÖVI-Vizepräsident Wolfinger lobt zwar „die in diversen Regierungsübereinkommen und ersten legislativen Projekten erkennbaren Bemühungen um ein Wohnbauprogramm, das die Schaffung von Wohnraum und Konjunkturimpulse unterstützen will“, aber bis auf das Drehen von kleinen Stellschrauben ist noch nicht viel passiert.

„Insgesamt ist nun aber jedenfalls der Zeitpunkt gekommen, das Problem an der Wurzel zu packen“, meint Wolfinger und spricht aus, was sich die gesamte heimische Immobilienbranche denkt.

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  • Erschienen am:
    21.02.2016
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    15:19
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