Erstens, so die Experten, sei die Mietpreisbremse zahnlos geblieben und solle wieder abgeschafft werden.
Zweitens verlören Sozialwohnungen bei steigendem Wohlstand der Benutzer ihre Treffergenauigkeit.
Das Thema der Einkommensüberprüfung im sozialen Wohnbau ist eine Idee, die auch die derzeitige Bundesregierung in Österreich aufgegriffen hat.
Schon vor mehr als 15 Jahren, als ich als junger Abgeordneter im Gemeinderatsausschuss für Wohnen und Stadterneuerung saß (Stadtrat damals: Werner Faymann), hatte ich bereits Ähnliches gefordert. Mein Ansatz dazu war, die ersten fünf bis zehn Jahre Bewohner von Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen ohne Überprüfung wohnen zu lassen. Nach dieser Frist sollte in Zweijahresschritten begonnen werden, in fünf Anhebungen, also insgesamt in zehn Jahren, den Mietzins an die marktübliche Miete heranzuführen. Keiner soll aus seiner Wohnung „vertrieben“ werden, wer weiter wohnen will, kann bleiben, aber da es sich ja letztlich um Steuergeld handelt, mit dem das Gebäude errichtet und gefördert wurde, auch etwas an die Gemeinschaft zurückgeben, wenn man es sich leisten kann.
Apropos leisten
Um dem Gegenargument des bürokratischen Aufwands für die Überprüfung entgegenzuwirken, hatte ich vorgeschlagen, diese Anhebung automatisch nach der bedungenen Frist durchzuführen. Und dem Mieter zwei Monate Zeit zu geben, sich gegebenenfalls bei der Gemeinde zu melden und nachzuweisen, dass er noch immer unter die Einkommensgrenze fällt. Dann würde die Anhebung storniert und sich die Frist wiederum um vier oder fünf Jahre verlängern. Danach ginge das Procedere wieder von vorn los. Und wer mehr verdient, der meldet sich eben nicht und zahlt fortan die angehobene Miete. Das Geld, das mit diesen Anpassungen zusätzlich lukriert wird, sollte zweckgebunden wieder in den Bau neuer Wohnungen fließen.
Ghettoisierung & Mieteradel
Das Argument der politischen Linken, dass die soziale Durchmischung im geförderten Wohnbau gewährleistet bleiben müsse, ist nicht unberechtigt und muss seriöserweise in die Überlegungen einbezogen werden, Ghettoisierung will keiner. Was wir aber auch nicht wollen, ist ein privilegierter „Mieteradel“ auf der einen Seite, sowohl im geförderten Wohnbau als auch im privaten Bereich, Stichwort Altmietzinse, und auf der anderen Seite junge Menschen, die sich das Wohnen kaum mehr leisten können.
Die zweite These, die von den wissenschaftlichen Beratern der deutschen Regierung aufgestellt wird, ist ebenfalls sehr interessant. Dass die Einführung der Mietpreisbremse in den deutschen Großstädten nicht zu dem gewünschten Erfolg geführt hat, ist allgemein bekannt, die Bundesregierung plant daher eine Verschärfung. Besonders spannend ist aber die auf den ersten Blick provokant anmutende Sichtweise, dass eine Verschärfung die Situation sogar verschlimmern würde.
Hintergrund: Es gibt keine bundesweite Verknappung an Wohnraum, sondern nur an gewissen Standorten, hauptsächlich in Großstädten. Besonders betroffen sind die „Big 7“, also Berlin, München, Hamburg, Köln, Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf.
Hotspots sind teuer
In Magdeburg oder Chemnitz hingegen, um gar nicht von kleineren Städten oder ländlichen Gegenden zu sprechen, gibt es kein Problem, vernünftigen Wohnraum um fünf bis sechs Euro pro Quadratmeter und Monat anzumieten. Selbst in Berlin bekommen Sie in Stadtteilen wie Köpenick oder Spandau locker unter zehn Euro pro Quadratmeter und Monat eine tadellose Wohnung, nur an den Hotspots, wo alle (Jungen) hinwollen, wie Friedrichshain, Kreuzberg, Prenzlauer Berg, Mitte, Charlottenburg etc., gibt es einen deutlichen Nachfrageüberhang und somit eine Preisspirale, die sich unweigerlich nach oben dreht. Ziehen Sie nun auch an diesen überhitzten Standorten eine Mietzinsobergrenze ein, dann verbessert sich die Situation nicht, sondern das Gegenteil passiert. Der Markt wird durch vermehrte Nachfrage weiter aufgeheizt und den Wohnungssuchenden die Illusion vorgegaukelt, dass sie zu marktunadäquaten Preisen selbst an den Brennpunkten Wohnraum bekämen. Da der Wohnraum aber innerstädtisch nicht beliebig vermehrbar ist, bleibt dies eine ewige Illusion.
Möglicher Lösungsansatz
Ein Lösungsansatz, so diese These weitergedacht, wäre also die Kanalisierung der Nachfrage. Studieren in Magdeburg oder Chemnitz statt in Berlin oder München. Anreize schaffen, dass Menschen auch in andere Städte und Orte ziehen, nicht nur in die Metropolen.
Natürlich werden die Bedenkenträger jetzt gleich wieder dutzende Argumente dagegen finden.
Ich finde die Argumentationskette aber so logisch und bestechend einfach, dass es wert wäre, über diese „Kanalisierung“ und die Anreize, die man dafür schaffen könnte, weiter nachzudenken.
Ein bisschen mehr „neu denken“, statt alte Stereotypen ewig wiederzukäuen, kann uns allen nicht schaden.