Wo liegen prinzipiell die Herausforderungen bei den Planungen „Bahnhöfe neu“?
Stadler: An erster Stelle kommt immer die Infrastruktur auf dem Bahnhof, denn die Hauptaufgabe der ÖBB ist immer noch der Transport von Personen und Gütern. Der Immobilienbereich wird dann dort entwickelt, wo sich durch die Flächenoptimierung freie Flächen ergeben, auf denen man die neuen Projekte umsetzen kann. Wichtig ist immer, Partner zu finden, die mit uns an einem Strang ziehen wollen. Einerseits die Kommunen, andererseits aber auch private Investoren und Projektentwickler. Wir müssen darauf achten, dass wir die Stadt nach innen verdichten, weil wir hier die gesamte Infrastruktur haben und nicht mit viel Geld eine neue geschaffen werden muss– ich bin ein absoluter Fan von innerstädtischen Entwicklungen.
Als eines der nächsten Projekte wird fertiggestellt?
Stadler: Die BahnhofCity Wien West wird am 23.11. eröffnet. Hier wurden ein Shopping-Center mit rund 17.000 Quadratmetern und ein Hotel „Motel One“ mit rund 440 Zimmern errichtet. Ich war mir vor einem Jahr nicht ganz sicher, was die Vermietung der Verkaufsflächen betrifft, aber die Shops sind zu 100 Prozent vergeben und bei den 13.000 Quadratmetern Büroflächen sind es derzeit 88%.
Das heißt, der Standort wird gut angenommen?
Stadler: Ja. Eindeutig. Der Westbahnhof wird gut angenommen, allerdings wird der Standort Bahnhof prinzipiell gut angenommen, das sehen wir quer durch Österreich. Vor allem ist es interessant zu beobachten, dass sich die Lebensmittelhändler sehr um die Flächen bei den Bahnhöfen bemühen.
Wie sieht es derzeit beim Nordbahnhof aus?
Stadler: Das ist eines meiner Lieblingsprojekte und wir haben uns gemeinsam mit der Stadt Wien der Flächen angenommen. Die Hälfte der 65 Hektar ist verwertet und es gibt von Büroprojekten wie der e-Zone bis hin zu Wohnprojekten wie „Wohnen im Park“ alles. Es ist eine ideale Durchmischung aus frei finanziertem und gemeinnützigem Wohnbau entstanden und damit ist uns auch sozial ein guter Mix gelungen.
Sie haben gesagt, die Hälfte ist verwertet, wie sieht es weiter aus?
Stadler: Wir haben zwar nach außen eine sichtbare Pause eingelegt, aber nicht nach innen. Derzeit sind wir mit der Überarbeitung des Leitbildes beschäftigt, da man dieses neu überdenken muss. Wir haben uns mit der Stadt darauf verständigt, dass im Herbst/Winter 2011 entschieden wird und diese Entscheidung gilt dann als Grundlage für weitere Widmungen auf diesem Areal. Wesentlich für die weitere Entwicklung– auch der Infrastruktur– der Gegend ist die Tatsache, dass hier bis 2016 die neue Zentrale der Bank Austria mit 150.000 Quadratmetern Fläche entstehen wird.
Wird sich bei der prozentuellen Verteilung der Widmungsflächen etwas ändern?
Stadler: Kaum. Was heute da ist, ist fixiert. Es geht eher darum, wie der Stadtgrundriss aussehen wird, von den Nutzungsverteilungen wird es aber kaum Veränderungen geben– es wird ein hoher Wohnanteil geschaffen und es sollen neue leistbare Wohnmodelle entstehen.
Wie sieht die Situation beim neuen Hauptbahnhof aus?
Stadler: Die Verkehrsstation ist, was die meisten ÖBB-Nutzer interessieren wird, vollkommen im Zeitplan. Mit Ende 2012 werden bereits die ersten Züge durchgeführt und mit Fahrplanwechsel 2014/2015 geht der Hauptbahnhof in Vollbetrieb.
Und die weiteren Projekte rund um den Bahnhof?
Stadler: Insgesamt werden rund 5.000 Wohnungen entstehen und 550.000 Quadratmeter Büros und rund 20.000 Quadratmeter Shopping-Fläche geschaffen. Diese sind alle in unterschiedlichen Verwertungsphasen beziehungsweise Bauphasen. Was aber in diesem Zusammenhang interessant ist, ist, dass wir neben den vorgesehenen Flächen eine weitere Fläche von neun Hektar an der Laxenburger Straße freibekommen haben. Hier entsteht ein neuer Stadtteil mit 170.000 Quadratmetern Bruttogeschoßfläche. Mit einem hohen Wohnanteil und einem zusätzlichen Schulstandort. Wir wollen eine Typologie umsetzen, bei der wir innerhalb dieses Stadtteils kaum Autos an den Oberflächen haben, denn die sollen den Fußgängern und Radfahrern vorbehalten bleiben.