Verschafft man sich einen Überblick über einen Großteil der Argumente, so ist schnell klar, was sich hier anbahnt:Die Gesellschaft steht vor einer weitreichenden Diversifizierung der Lebensformen. Es kann also nicht mehr um die Bereitstellung einer entsprechenden Anzahl von Wohnungen tradierten Zuschnitts gehen, sondern um die Frage, welche Wohnmorphologie abseits von Ideologien, Meinungen und Gewohnheiten künftig adäquat sein kann, um den soziokulturellen Bedürfnissen der Menschen zu entsprechen.
Entwicklungen wie zum Bespiel die Individualisierung der Gesellschaft, geringere Bindung an Familie, Beruf oder Wohnort bestimmen Wohnformen und Flächenbedarf. Die Digitalisierung verändert unsere Welt maßgeblich und wird sie weiterhin verändern, außerdem das Thema „Teilen“ in der Gesellschaft, veränderte Mobilität, Leistbarkeit von Wohnraum und dessen Flexibilität und Funktionalität. All diese Entwicklungen beeinflussen natürlich Planung und Gebäude.
Es gibt viele neue Apps, und es werden immer mehr. Zum Beispiel Apps, über die Güter des Alltags geteilt werden. Erste Bauträger planen, Gebrauchsgüter wie Haushaltsgeräte, Werkzeuge, Waschmaschinen oder auch Räumlichkeiten innerhalb der Hausgemeinschaft gemeinsam nutzbar zu machen.
Die Größe der Wohnung wird nicht mehr der entscheidende Faktor sein, sondern die Nutzbarkeit. Die Wohnungen sollen dazu dienen, sich zurückzuziehen und zu entspannen. Was aber ganz wichtig ist– und das bei jeder Wohnung– ist ein eigener privater Freiraum wie Balkon oder Terrasse.
Die voraussichtliche Entwicklung der Alterspyramide in Österreich zeigt, dass Wohnformen für die immer älter werdende Gesellschaft an Bedeutung gewinnen, und dass die Nachfrage nach Wohnungen mit einem Dienstleistungs- und Betreuungsangebot in Zukunft deutlich steigen wird. Beim Thema „Work-Life Balance“ wird es mehr und mehr zu einer Vermischung des Arbeitsplatzes mit dem Wohnumfeld kommen. Daher muss das Gebäude– beziehungsweise einzelne Flächen– sowohl als Büro als auch als Wohnung geeignet sein. Die Planungs-, Bau- und Immobilienindustrie steht in den nächsten Jahren vor der substanziellen Herausforderung, jene Reorganisationsprozesse, die der Rest der Industrie bereits hinter sich hat, endlich umzusetzen. Noch immer produzieren die vorhandenen Misstrauensstrukturen „Bauherr gegen Planer gegen Ausführung gegen Betrieb“ über 30% Verschwendungspotential in jedem einzelnen Teilbereich.
Neue Erkenntnisse über Planungs- und Bauprozesse werden Bauen günstiger und einfacher gestalten. Im Hochbau wird sich der Schwerpunkt in den nächsten Jahrzehnten auf den kreativen Umgang mit bereits gebauter Substanz verlagern. In allen wesentlichen Planungszweigen lässt sich der Trend beobachten, Bestandsstrukturen zu adaptieren oder neuen Nutzungen zuzuführen.
Hat der 3D-Druck auf Kunststoffbasis bereits Serienreife erlangt, so ist die Herstellung von Produkten aus Beton noch relativ neu. Dafür können wesentlich größere Bauteile erzeugt und damit weitere Bereiche erschlossen werden. Verglichen mit herkömmlichen Produktionsmethoden liegen die Vorteile des 3D-Drucks zur Herstellung von individuellen, komplexen Einzelbauteilen in der freien Formbarkeit.
Neue Planungs- und Baukonzepte drängen auf den Markt, wie zum Beispiel „Slim Building“ von Kallco. Dazu kommen 20% logistische Ersparnis, weiters verkürzte Bauzeit um ein Viertel durch den extrem hohen Fertigungsgrad und überdies noch eine um 30% geringere Konstruktionsstärke.
Die Lockerung der überzogenen Baustandards ist faktisch ein „Muss“, um in entsprechendem Maße leistbaren Wohnraum zu schaffen. Starre Systeme stoßen hier auf nicht mehr starre Anforderungen.
BIM–Building Information Modeling– ist nunmehr reale Möglichkeit. Damit können Gebäude vor ihrer Errichtung nach verschiedensten Kriterien simuliert werden, und Bauträger können damit in ganz neue Qualitätswelten vorstoßen. Die ewige Ausrede, dass Bauen nicht industriell stattfinden kann, weil Gebäude immer Prototypen sind, wird mit dem Anspruch von Industrie 4.0– industriell arbeiten mit Losgröße 1– nicht mehr gelten.