Geld ohne Ende prägte den Investmentmarkt in Wien im Jahr 2014. Drei Milliarden Euro wurden investiert, und damit konnte das Marktvolumen gegenüber 2013 nahezu verdoppelt werden. Auffällig war der Anstieg im Bereich der Einzelhandelsimmobilien, die mittlerweile 42% des Investitionsvolumens ausmachen, im Vergleich zu den Büroimmobilien, auf die rund 36% des gehandelten Volumens entfielen. Allein 25% des Gesamtvolumens gehen auf drei Großdeals zurück: den Millennium Tower und die dazugehörige City, das Shoppingcenter G3 und die ÖBB-Zentrale am Hauptbahnhof.
Top-Immobilien steigen im Preis
Die starke Nachfrage bedingt eine Verteuerung der Immobilien, was aber derzeit nicht nur Österreich, sondern auch das benachbarte Deutschland betrifft. Die Top-Büroimmobilien bei unseren deutschen Nachbarn haben sich im Jahresvergleich um 5,1% verteuert, wie der Wertindex „Victor“ von JLL zeigt. Allein im vierten Quartal kletterte der Index um 2,2% hinauf, wobei JLL nach dem leichten Wertrückgang im 3. Quartal (–0,1%) noch von einer Stagnation des Index im 4. Quartal ausgegangen war. Die starke internationale Nachfrage sei laut JLL für diese Steigerung verantwortlich. Ähnliches zeigt sich in Österreich. Neben den deutschen Investoren waren mit 24% so viele ausländische Käufer auf dem Markt wie seit 2008 nicht mehr.
China, Asien, Südamerika
„Der Investmentmarkt ist im Moment sehr attraktiv. Wien ist eine sehr gute Adresse“, erklärt Christoph Stadlhuber, Geschäftsführer der SIGNA Holding. Österreich wird wie Deutschland neben Kanada, Neuseeland und Australien als sicherer Investmentmarkt gehandelt und kann „zunehmend auch Investoren aus China und anderen asiatischen Ländern sowie aus Südamerika anziehen“, so Stadlhuber: „Die Kriterien für Investmentobjekte bleiben aber immer gleich: Es geht um langfristig voll vermietete, attraktive Objekte in guten Lagen.“
Gutachten und „Gutachten“
Die Nachfrage internationaler Investoren kann dem Markt auch aus einem anderen Grund guttun. „Internationale Investoren achten bei der Bewertung der Immobilien immer mehr auf die Abwicklung und den Prozess und darauf, wie die Werte eines Objekts zustande kommen“, so der Bewertungsexperte Michael Reinberg, Reinberg Partner. Ein international üblicher Standard, den nach Reinbergs Meinung „heimische Käufer oftmals vermissen lassen. Man hat in Österreich den Eindruck, ein Gutachten ist lediglich eine formal verpflichtende Sache.“ Der Bewertungsexperte hofft, dass sich mit dem verstärkten Engagement ausländischer Investoren auch diese Praxis in Österreich verändert und sich den internationalen Gepflogenheiten anpasst.
Developments statt fertiger Projekte
Der Markt wird langsam, aber sicher allerdings leerer. Immer mehr Investoren weichen auf „Core+“ und auch auf Projektentwicklungen aus. Deutsche offene Fonds sind mit Negativzinsen ihrer Depotbanken konfrontiert, und daher „ist es ökonomisch sinnvoller, das Geld in riskantere Entwicklungsprojekte zu stecken, als untätig dem Abschmelzen des Kontostands zuzusehen“, meint Rechtsanwalt Alfred Nemetschke, NHK Rechtsanwälte. Seine Rechnung: Selbst wenn ein Projekt statt der geplanten 6% Rendite nur 2% bringt, ist das noch immer zwischen 2,5 bis 3% besser als eine Veranlagung auf einem negativ verzinsten Festgeldkonto. „Mit Negativzinsen sind Ausschüttungen an die Anleger noch schwieriger darzustellen. Geld muss also so rasch wie möglich vom Konto weg“, so Nemetschke. Der Trend geht daher in Richtung Developments und mehr Risiko.
Neue Investmentprodukte
Auch wenn der Markt derzeit etwas „leer“ ist und kaum neue Projekte auf den Markt kommen, füllt sich doch die Investmentpipeline. „Durch die überschaubare Projektpipeline werden mehr und mehr bereits bestehende Neubauflächen vom Markt absorbiert“, erklärt Martin Weinbrenner, Gewerbeimmobilien und Investment Otto-Immobilien-Gruppe: „Mit dieser Entwicklung werden kürzlich fertiggestellte Objekte im Laufe des Jahres zu attraktiven Investmentprodukten heranreifen.“
Sanierungen als Alternativen zu Neubauten, um den Investmentmarkt „aufzupeppen“, werden allerdings kaum in Betracht gezogen, meint Weinbrenner: „Wir gehen davon aus, dass die Neubauten überwiegen werden, da jeder Immobilieneigentümer vor Durchführung einer Sanierung die Wirtschaftlichkeit der zukünftigen Nutzung analysiert und derzeit in den meisten Fällen eine Wohn- oder Hotelnutzung die bessere Alternative ist.“
Preise werden vermutlich steigen
Dass die Nachfrage abreißen wird, ist nicht zu erwarten, eher das Gegenteil. „Aufgrund der Geldschwemme der EZB wird die Nachfrage nach attraktiven Immobilieninvestments hoch bleiben, was zu einem Anstieg der Preise führen wird“, meint Michael Zöchling, Geschäftsführer der BAR: „Insbesondere große Projekte sollten davon profitieren können.“ Die Spitzenrendite könnte daher heuer um weitere 25 bis 50 Basispunkte sinken. Auch wenn es je nach Investorentyp und Investmentklasse in bestimmten Teilmärkten zu Spitzenpreisen kommt, droht jedoch keine Überhitzung des Markts. Weinbrenner: „Eine Immobilienblase ist nicht zu erwarten.“