Die operativen Vermietungsmärkte im Einzelhandel waren 2023 sehr aktiv, daher konnte trotz Insolvenzen und Marktaustritten ein hoher Anteil der frei gewordenen Flächen nachbesetzt werden. „In Summe hat sich der Mietermix sowohl in den Geschäftsstraßen als auch in den Einkaufszentren deutlich verbreitert“, sagt Walter Wölfler, Head of Retail CBRE: „Insgesamt rechne ich auch für 2024 mit einer guten Vermietungsleistung.“
Expandierende Unternehmensbranchen
Die gute Vermietungsleistung wird vor allem von den expandierenden Unternehmensbranchen getragen, also „Nahversorgung, Health & Beauty wie Drogeriemärkte, Brillen oder Hörgeräte, ferner Luxus und Systemgastronomie“, so Walter Wölfler. Speziell aber von den Diskontern. Die sind auf Expansionskurs, und daran wird sich auch in den nächsten Jahren nichts ändern. Dies betrifft nicht nur die Food-Diskonter, wie Romina Jenei, CEO von RegioPlan Consulting, sagt: „Bemerkenswert – und auch ein wenig überraschend – ist, wie rasch seit einigen Jahren die Non-Food-Diskonter expandieren.“
Warum die Non-Food-Diskonter expandieren
Ein Grund dafür dürfte sein, dass bei niedrigpreisigen Waren die Konkurrenz durch den E-Commerce eher gering ist. „Weiters dürfte durch die starke Teuerung in vielen Lebensbereichen und die daraus folgende geringere reale Kaufkraft der Diskonthandel bei den Konsumenten immer beliebter werden“, führt Roman Schwarzenecker, Gesellschafter und Prokurist bei Standort + Markt, aus und ergänzt: „Es ist zu erwarten, dass sich dieser Trend auch in Zukunft fortsetzen wird.“ Hervorzuheben sind noch einmal die Diskonter mit Schwerpunkt Sonderposten: „Deren Verkaufsflächen sind seit 2018 um rund 75 Prozent gestiegen“, so Walter Wölfler. Die Lebensmitteldiskonter sind aber weiterhin die Umsatzbringer der gesamten Diskontbranche. „Drei Viertel aller Umsätze werden in dieser Gruppe getätigt“, so Roman Schwarzenecker.
Diskonter sind gern gesehene Mieter
Diese Entwicklung haben auch die Vermieter realisiert und sehen nunmehr die Diskonter nicht mehr als letzten Ausweg für schwer vermietbare Flächen, sondern als willkommenen Frequenzbringer, weshalb auch geringere Mieterträge akzeptiert werden. Roman Schwarzenecker: „Einige Projektentwickler haben die Zeichen der Zeit erkannt und einen ehemaligen Retail-Park in ein ausschließlich diskontorientiertes Zentrum refurbished.“ So entstand im Burgenland das Power Center Stoob, der erste Retail-Park Österreichs, der das diskontorientierte Angebot in den Mittelpunkt stellt.
Neue Konzepte
Nicht nur die Diskonter füllen die leeren Flächen, sondern auch neue Konzepte. Im Lebensmittelhandel ist neben dem Automaten-Shop aktuell der Hybridsupermarkt in Diskussion. Was das ist, erklärt Romina Jenei: „Vormittags ist es ein normaler Supermarkt, nachmittags ein personalloser Pick & Go, mit allen Varianten und Spielarten.“ Obwohl die kassenlosen Shops schon länger technisch möglich sind, scheint der große Boom bis jetzt auszubleiben. An peripheren Standorten könnten die Hybridsupermärkte aber sicher eine Nischenfunktion übernehmen. Generell ist auch zu beobachten, dass immer mehr Hersteller den direkten Kundenkontakt suchen und Pop-up-Stores eröffnen. Die Palette reicht von Tesla über L’Occitane bis zu Rupp Käse und diversen Modedesignern. Die RegioPlan-Chefin geht davon aus, dass sich dieser Trend künftig verstärken wird, „denn was das Internet nicht so gut kann, ist, die spezielle Markenidentität den Kunden ohne Umwege zu vermitteln“.
Flächen weiterhin rückgängig
Dennoch setzt sich der seit Jahren bestehende Trend des Flächenrückgangs fort: Die stationären Flächen schrumpfen um etwa 1,5 bis 2,90 Prozent pro Jahr. Romina Jenei sieht, dass „mittelfristig der Einzelhandel somit seine Leitfunktion in den Innenstädten verlieren wird und die Handelszonen insgesamt kleiner werden“. Speziell Leerständen von Ortskernen und zentralen Lagen versucht man mit ganzheitlichen Konzepten entgegenzuwirken. „Wir halten diese Versuche nur dann für erfolgversprechend, wenn politischer Wille und Budgets für die Schaffung der notwendigen Infrastruktur vorhanden sind und wenn wesentliche Immobilieneigentümer aktiv mitwirken“, so Walter Wölfler.