Wir schreiben das Jahr 1989. Genau genommen den 1. 1. 1989. Da erblickte laut Gesetz eine neue Spezies in der Immobilienbranche das Licht der Welt: die Bauträger. „Der Konzessionspflicht unterliegt die Tätigkeit des Bauträgers, das ist die organisatorische und kommerzielle Abwicklung von Bauvorhaben (Neubau oder durchgreifende Sanierung) auf eigene und fremde Rechnung“, lautete der wesentliche Satz in der Gewerbeordnung. Die neue Fachgruppe wurde in die Bundesinnung der Immobilien- und Vermögenstreuhänder eingegliedert.
Danach erfolgte der große Run, und 1990 waren in Österreich bereits rund 1.000 Bauträger eingetragen, drei Jahre später 1.400. Der Grund für diesen Ansturm lag in der Übergangsbestimmung in der Gewerbeordnung. Diese besagte, dass bis zum Erlass einer eigenen Prüfungsordnung für Bauträger alle jene dazugezählt wurden, die den Befähigungsnachweis für eine Baumeister-, Immobilienmakler- oder Immobilienverwalterkonzession besitzen. Es war dann noch ein langer Weg, bis die weniger professionellen Marktteilnehmer durch Gesetze und die Marktsituation eliminiert wurden.
Mit dem Eintritt der gewerblichen Bauträger kam Bewegung in den Markt. 60 Prozent Steigerung wurden in kürzester Zeit verbucht. Um so viel stieg nämlich der Anteil an der Gesamtzahl der in Österreich fertiggestellten Wohnungen. Konkret bedeutete das, dass die Bauträger im Jahr 1994 bereits 13 Prozent aller Wohnungen – Einfamilienhäuser mitgerechnet – errichteten. Mit den staatlichen Förderungen für ihre Projekte – allerdings nur, wenn es sich um Eigentumswohnungen handelte – wurden sie endlich konkurrenzfähig und erwiesen sich als origineller und flexibler als die behäbigen „Gemeinnützigen“. Das Wohnungsangebot wurde größer und – was die Wohnungssuchenden besonders erfreute – vielfältiger, besonders hinsichtlich der Bauweise und der Architektur. Der „postkommunistische“ Wohnbau mit seinen langweiligen Angeboten wurde von der neuen Zeit überrollt. Allerdings tat diese Entwicklung auch den gemeinnützigen Wohnbauträgern gut: Sie lösten sich von ihrem verstaubten Image und brachten selbst zahlreiche Innovationen in die Wohnbauten.
Auch die berühmten „Listen der freien Wohnungen gemeinnütziger Wohnbauträger“ wurden damit obsolet. Diese wurden erstellt, wenn neue Wohnbauprojekte in der Umsetzung waren. Wer rechtzeitig von einem neuen Bauvorhaben erfuhr, der konnte sich dann auf so eine Liste setzen lassen. Damit war zwar keine Wohnung gesichert, aber zumindest eine Chance, eine der auf den Markt kommenden zu ergattern. Die Reihung der Interessenten entzog sich aber jeder zeitlichen Abfolge der Anmeldung, denn wer einen „guten Draht“ zum Bauträger hatte, der konnte seinen Listenplatz schon einmal verbessern. Wer da zu kurz kam oder eben niemanden kannte, der hatte wenig Möglichkeiten, seine Wohnsituation zu verändern.
In weiterer Folge kamen zusätzlich zu den Wohnbauten auch Gewerbeprojekte ins Repertoire, und heute sind die Bauträger österreichweit aus der Branche und dem Stadtbild nicht mehr wegzudenken.