Wie kann die Gesamtkoordination eines derart komplexen Projekts mit einem Generalplaner-Team, den Nutzervertretern, vielen Behörden, unzähligen ausführenden Firmen mit zeitweise 1.000 Arbeitern sowie sechs Architekten funktionieren?
Kradischnig: Grundsätzlich sind Großprojekte ein eigenes Kapitel, die haben eigene Dynamiken, die im Vorfeld schwer abschätzbar sind. Was bei sehr vielen Großprojekten falsch gemacht wird, ist unserer Meinung nach Folgendes: Viele Unternehmen glauben, je mehr sie regeln, organisieren und definieren, desto geringer wird die Komplexität und desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass es so funktioniert. Wir sehen das anders. Man darf die beteiligten Menschen nicht außer Acht lassen. Wenn man es schafft, sie alle auf ein gemeinsames Ziel einzustimmen und auszurichten, dann klappt es. Ich bin stolz, dass wir im Team die Weichenstellungen so setzen konnten, dass sie zu einem erfolgreichen Abschluss geführt haben. Letztendlich konnten wir in sechs Jahren ein Projekt vom Grundstückskauf bis zur Besiedelung mit einem Gesamtkostenvolumen von knapp 500 Millionen Euro umsetzen.
Ein gutes Projekt ist eines, bei dem alle zusammenhalten und gerne zusammenarbeiten. Wenn man gerne zusammenarbeitet, redet man natürlich auch anders miteinander.
Wichtig waren ein teamorientiertes Vorgehen und Partnerschaftlichkeit bei allen Beteiligten, insbesondere zwischen Auftraggeber und Projektsteuerung.
Wie erfolgten hier die ersten Schritte?
Kradischnig: Wir haben unser Team damals auf das Projekt abgestimmt, das war der erste Schritt, und in einem zweiten Schritt haben wir den Auftraggeber einbezogen. Und hier haben wir einen Lotto-Sechser gezogen mit unseren Ansprechpartnern Maximilian Pammer von der BIG und Christoph Sommer als Projektleiter. Wir hatten aber auch einen sehr engagierten Auftraggeber, und das drückte sich etwa auch in der Bereitschaft aus, sich in den Besprechungen zu engagieren, das Projekt regelmäßig gemeinsam auszurichten sowie schnell Entscheidungen zu fällen. Diese hervorragende Zusammenarbeit war der Grund für die starke Umsetzung– und das war nur in dieser Konstellation möglich.
Der Auftraggeber hat den Errichter und den Nutzer schnell zusammengeführt. Es war immer die Dualität von Herrn Pammer und Herrn Sommer da, und bei allen Überlegungen ist der Nutzer also schon eingebunden gewesen. Das war ein strategisch wichtiger Faktor.
Das ist ja eher ungewöhnlich.
Kradischnig: Ja. Die Kultur, die sich beim Bauen breitgemacht hat, ist so, dass man auf sich selber schauen muss, damit man nicht untergeht, und die anderen Beteiligten sind einem egal. Die Kultur ist kontraproduktiv, weil jeder nur seinen Rahmen absteckt und nicht bereit ist, etwas zu tun, wenn es nicht in seinen Aufgabenbereich fällt.
Sechs renommierte Architekten sind an dem Projekt beteiligt. Wie war der Umgang mit diesen Teams, da ja Architekten gemeinhin als „schwierig“ gelten?
Huber: Wir waren sehr eng vernetzt, und in diesem Fall haben die Architekten zum Großteil gut mitgespielt. Es waren einige Kompromisse notwendig, aber wir haben uns gut getroffen. Prinzipiell funktionierte die Kommunikation über einen mehrsprachigen Online-Datenpool. In diesem Datenpool sind während des Projekts mittlerweile 1,2 Terabyte an Plänen, Nachrichten, Protokollen und Dokumenten zusammengekommen. Unsere gesamte Kommunikation ist über diesen Datenpool gelaufen. Gültig war ein Schriftverkehr nur dann, wenn er über dieses System– die WU-Plattform– erfolgt ist.
Daneben gab es aber noch Besprechungen.
Huber: Großprojekte bedingen einen großen Abstimmungsbedarf, dem man in erster Linie durch persönliche Besprechungen gerecht werden kann. 1.300 Stunden haben die 15 Personen des Hauptgremiums im Projekt in Besprechungen verbracht. Das sind 20.000 Stunden, was umgerechnet 2,5 Jahre wären, würde man 24 Stunden pro Tag und an sieben Tagen pro Woche an Besprechungen teilnehmen.
Was waren die großen Herausforderungen?
Huber: Insolvenzen und Konkurse von beteiligten Firmen können ein Projekt immer durchschütteln. Aber wir hatten mit wenigen Ausnahmen hier wirklich Glück, haben uns aber auch entsprechend abgesichert, indem wir Gewerke an mehrere Unternehmen vergeben haben und dadurch flexibel waren. Weiters die Kommunikation in den großen Teams. Wenn so viele Menschen zusammenarbeiten, sind Informationsverluste nicht zu vermeiden. Die Disziplin aller Beteiligten war es, die Teams wieder zusammenzuholen und die Infos weiterzugeben. Eine weitere glückliche Rahmenbedingung war, dass die Personenkontinuität in den beteiligten Unternehmen durchgängig erhalten blieb. Das heißt, wir hatten über die ganzen Jahre immer mit den gleichen Personen zu tun.
Kradischnig: Wir haben ja mehrere Großprojekte und sehen, wie schnell ein Projekt umsetzbar ist, wenn alle zusammenarbeiten. Spätestens nach dem Entwurf, also wenn das Projekt geschnürt ist und wenn der Auftraggeber dann noch verändert, ist das Projekt kaum mehr „handlebar“ und kann schnell entgleiten. Es wurde unsere Theorie bestätigt, wie wichtig die partnerschaftliche Zusammenarbeit ist, und wenn der Bauherr die Kultur mitträgt, dann funktioniert das auch.
Ihre Conclusio?
Kradischnig: Das Projekt ist eine Punktlandung geworden. Wir möchten auch andere motivieren, in der gleichen Gemeinschaftlichkeit zu bauen, wie wir das machen.