„Der Gruß des Kaufmanns ist die Wehklage“ besagt ein deutsches Sprichwort. Wir in Österreich legen das weniger eloquent aus und sagen „Sudern und Raunzen gehört zum Geschäft“ und nicht nur das, ist doch die Neigung zum Raunzen ein Indikator für die Vitalität des Marktes.
Und davon hört man ja derzeit genug: Die Inflation ist immer noch zu hoch, Energie viel zu teuer, die Zinsen zu hoch, die KIM Verordnung an allem schuld…
Und dann gibt’s noch die Verschwörungstheoretiker, welchen die Pandemie abhandengekommen ist, die sehen gar eine Katastrophe biblischen Ausmaßes auf uns zukommen, weil: siehe oben.
Dabei ist das mit der Inflation relativ klar: Wenn man realisiert hat, dass man von Nebenerwerbs-Politikern regiert wird, muss man auch akzeptieren, dass es nicht gelingen wird die Inflation auf europäisches Mittelmaß einzudämmen.
Nun, um die Situation richtig einzuschätzen hilft eines: Erfahrung durch Alter. Diejenigen Marktteilnehmer die über ausreichend Seniorität verfügen wissen: Nach jeder Krise geht es mit dem Immobilienmarkt weiter. Freilich wird sich einiges ändern: Die Anzahl der Transaktionen wird nicht mehr das Niveau von 2021 erreichen, die Transaktionssummen auch nicht, die Vermarktungszeiten werden länger, und den einen oder anderen wird’s erwischen. Das wär‘s dann aber auch schon.
Und bitte nicht zu vergessen: Die Benchmarks die wir jetzt neu erhalten sind nicht schlecht, auch wenn sie deutlich unter den zuletzt bekannten liegen. Vielfach handelt es sich um eine Bereinigung, also eine Korrektur des überhitzten Marktes. Das Jetzt ist das neue Normal.
Niemand konnte ernsthaft davon ausgehen, dass die Wertentwicklung in dieser Richtung und mit dieser Geschwindigkeit weitergehen kann. Wenn die Preise in den 3 Jahren der Pandemie um fast 30% gestiegen sind, dann ist jetzt ein Rückgang um 20% nicht wirklich negativ zu sehen. Ja klar, wenn man am Gipfelpunkt des Marktes eingekauft hat dann tut das jetzt weh, aber das war schon immer so.
Um Prämissen für die Zukunft aufzustellen hilft es vergangene Perioden zu untersuchen, wo einerseits die Mechanismen des Kapitalmarktes bekannt und vergleichbar sind (Zinsen, Inflation etc.) und andererseits auch die Auswirkungen auf den Immobilienmarkt (Renditen, Kaufpreise etc.). Wir haben das bereits zu Beginn der Krise gemacht und diese Lösung bewährt sich!
Freilich: Sicherheit, dass es tatsächlich so kommt gibt es keine. Aber auch das war immer schon so. Selbst Newton konnte nicht beweisen, dass der Apfel auch morgen noch senkrecht nach unten fällt, wie das halt bei Naturgesetzen so ist.
Die rein emotional bedingte Aussage, dass sich die jungen Leute heute kaum mehr Eigentum schaffen können, wurde bereits mehrfach widerlegt. Das war immer schon schwer und nur den Disziplinierteren mit Durchhaltevermögen vorbehalten, die Nullzinsphase hat hier nur vorübergehend eine Erleichterung gebracht. Aus dieser temporären Situation ein immerwährendes Gewohnheitsrecht abzuleiten wäre fatal. Und mit der Generation Snowflake inhärenten Einstellung: „Ich will alles und das gleich“ wird’s auch nicht leichter.
Und ja, die Vorgangsweise der EZB bei der Zinserhöhung mag unprofessionell und unglücklich gewesen sein. Das ist aber nicht das eigentliche Problem. Unser Wirtschaftssystem hat jetzt mit Zinsen 5000 Jahre funktioniert, ohne Zinsen 10 Jahre weniger gut. Es stellt sich also nicht die Frage ob Zinsen nötig sind oder nicht. Unser Problem ist einerseits die beschränkte Merkfähigkeit der Marktteilnehmer, wir haben uns einfach zu schnell an eine Welt ohne Zinsen gewöhnt. Und zudem gibt es mittlerweile eine Generation in der Wirtschaft die komplett ohne Zinsen aufgewachsen ist, die müssen sich erst daran gewöhnen, dass Geld etwas kostet.
Wer alt genug ist weiß, dass ein Immobilienmarkt mit 5% Zinsen sehr gut und sehr lang funktionieren kann.
Ich darf einen deutschen Kollegen zitieren: „Jede Immobilie die wirklich gebraucht wird, wird auch gebaut und zwar zu jedem Zinssatz. Jede Immobilie, die nur bei Nullzinsen gebaut werden kann, ist vielleicht hübsch aber eher nicht nötig.“
Und es stimmt natürlich: Einiges von dem was gebaut wurde ist unnötig. Und die Projektentwicklungen für derartige Immobilen sind jetzt - vorsichtig formuliert – notleidend. Das kann man aber weder auf die KIM-Verordnung noch auf irgendeinen Krieg schieben, sondern dabei mangelte es einfach am Weitblick des Projektanten. Daran ändert auch der unangebrachte Zweck-Optimismus einiger Maklerhäuser nichts, die uns durch die Verpflichtung zur guten Nachricht quartalsweise darauf einstimmen, dass alles wieder so wird wie es war und die ersten Anzeichen dafür schon gegeben sind.
Das wird’s nicht spielen, aber schwarzmalen ist dennoch nicht angesagt, denn der Immobilienmarkt ist wieder berechenbarer und planbarer geworden. Für die Immobilienbewerter ist die Arbeit besser geworden, seit die Spezialisten vom Markt verschwunden sind, die uns jahrelang erklärt haben, dass Wasser auch bergauf fließen kann. Das waren jene, die ohne Badehose geschwommen sind und jetzt nackt dastehen, seit das Wasser zurück gegangen ist.
In diesem Sinne: Ein wenig Sudern gehört dazu, das ist österreichisch, nur nicht übertreiben und vor allem: Direkt nach dem Sudern folgt das Handeln, und darauf kommt es jetzt an!