Die deutschen Investoren waren für die Professionalität des österreichischen Immobilienmarktes sicherlich ein entscheidender Faktor. Im Jahr 1995 kaufte die deutsche CGI als erster deutscher Investor ein Bürohaus im großen Stil in Wien. Seit dem Kauf des Galaxy Tower hat sich viel geändert. Nicht nur in Österreich. Denn die Professionalität im eigenen Markt wurde in die Märkte jenseits der Grenzen mitgenommen und mit dem eigenen Gespür verfeinert. Nicht zuletzt erkannten Österreicher das Potenzial auf dem deutschen Markt lange vor den deutschen Marktteilnehmern. Typische Beispiele sind S Immo und MAGAN Advisors, die seit Mitte der 2000er-Jahre in Deutschland aktiv sind und jetzt ihre Weitsicht nützen und ihre Erfahrung ausspielen können. Den Jackpot hat aber sicherlich Bruno Ettenauer geknackt. Der damalige Vorstand der CA Immo legte mit dem aufsehenerregenden Kauf der Vivico, der Immobiliengesellschaft der deutschen Bahn, im Dezember 2006 die Basis für die CA Immo bei unseren Nachbarn.
Wer schneller spricht …
Gut, dass es sich bei dem Kauf der Vivico um einen Sharedeal gehandelt hat und nicht nur einzelne Immobilien erworben wurden. „Beim Kauf einer Immobilie muss in Deutschland beim Notar der gesamte Kaufvertrag vorgelesen werden“, erklärt Richard Buxbaum, Leiter Immobilienvermarktung Wohnen und Zinshäuser bei Otto Immobilien eine rechtliche Eigenheit in Deutschland. Bei dieser Prozedur kann der Termin beim Notar schon sehr lange dauern. Dass daher die Notare ausgewählt werden, die am schnellsten sprechen können, ist allerdings nur ein Gerücht.
Intransparenter Markt in Deutschland
Es gibt noch einige andere Besonderheiten, die den deutschen Markt ausmachen. Alexander Neuhuber von MAGAN Advisors: „Abgesehen vom alten Kalauer, dass uns die gemeinsame Sprache trennt, gibt es offensichtliche Unterschiede in der Mentalität wie auch im Regelwerk der beiden Länder.“ In Deutschland ist das Grundbuch nicht öffentlich einsehbar. Eine direkte Kontaktaufnahme mit den Eigentümern ist daher schwierig bis unmöglich, oft lernt man diese erst beim Notartermin kennen. Daraus resultiert eine starke Position des Maklers in Deutschland. Das macht sich auch im Unterschied zu Österreich gleich bei den Provisionen bemerkbar, die nach oben geschraubt werden können. „Es macht wenig Sinn, den Maklern von vornherein zu sagen, „mehr als zwei Prozent Provision habe ich noch nie bezahlt“, meint Neuhuber, wie er es schon von einem österreichischen Investor gehört hat: „Wer so beginnt, der stellt sich in der Nahrungskette ganz hinten an.“ Die Marktmacht des deutschen Maklers steht allerdings diametral zu seiner oftmals eher mangelhaften Ausbildung. Letzterer Umstand wird auch vonseiten der deutschen Immobilienwirtschaft bemängelt. Vielleicht könnten da die Deutschen auch etwas von den Österreichern lernen?
Zahlen und Tabellen gegen Emotionen und Bauchgefühl
„Die Deutschen sind sehr strukturiert“, meint Georg Fichtinger, Senior Director und Head of Investment Properties bei CBRE: „Sie haben eine klare Vorstellung davon, was sie wollen, und auch die Behaltedauer bei den Projekten ist schon eingeplant.“ Wolfdieter Jarisch, Gesellschafter und Vorstand der S+B Gruppe, bestätigt: „Unsere deutschen Freunde sind sehr stark zahlen- und tabellenorientiert und treffen oft Entscheidungen nach genau festgelegten, reglementierten Parametern“, während sich die Österreicher „auch von Emotionen und Bauchgefühl leiten lassen“. Verhandlungen können zu Beginn etwas trocken sein, „werden aber bei Sachertorte und Apfelstrudel rund“, verrät Jarisch sein kulinarisches Erfolgsgeheimnis: „Wir haben noch alle unsere Projekte mit deutschen Partnern in Zufriedenheit und Einklang abgeschlossen.“
Die Netzwerke entscheiden
Da wie dort ist „ein gutes Netzwerk“ ein entscheidender Faktor auf den Märkten, meint Henning Koch, Global Head of Transactions beim Assetmanager Commerz Real: „Allein aufgrund der Landesgröße ist dieser Effekt in Österreich noch einmal deutlich stärker ausgeprägt.“ Henning Koch muss es wissen. Die Commerz Real ist mit dem offenen Immobilienfonds Hausinvest mittlerweile seit über 20 Jahren erfolgreich in Österreich aktiv. Auch wenn der deutsche Markt seine Stärken hat, so sehen die Deutschen durchaus die vorhandenen Möglichkeiten in Österreich. Georg Reul, CEO des Investmentmanagers Hamburg Trust: „Die Mieten im frei finanzierten Marktsegment liegen aufgrund der niedrigpreisigen öffentlichen Konkurrenz erheblich unter denen vergleichbarer deutscher Großstädte – daraus ergibt sich eine ganz andere wirtschaftliche Nachhaltigkeit der Investments.“ Unabhängig von den derzeit höheren Renditen bei österreichischen Wohnimmobilien sieht Henning Koch noch einen weiteren immensen Vorteil: „Einem deutschen Investor kann Österreich als Gateway in die gesamte CEE-Region dienen. Grund hierfür ist, dass viele Akteure aus Österreich in der CEE-Region gut aufgestellt sind.“ Die deutsche Gründlichkeit und der Wiener Schmäh ergänzen sich eben sehr gut.