Wie war das Jahr 2022?
Felix Zekely: 2022 hat sich der Trend fortsetzt, dass faktisch jede Fläche in Bau bereits vor der Fertigstellung vermietet war. Und zwar an namhafte Unternehmen mit langen, soliden Mietverträgen. Es hätte noch weitaus mehr vermietet werden können, wäre mehr an modernen Produkten fertiggestellt worden.
Welche Mieter kamen zum Zug?
Grundsätzlich gab es für jede Fläche mehrere Interessenten. Wir haben das Unternehmen Schrack Technik bei einer Anmietung von rund 18.000 Quadratmetern modernster Logistikfläche – realisiert von der Deutschen Logistik Holding (DLH) – im Süden von Wien begleitet. Gegen Jahresende konnten wir noch eine große Transaktion im City Park Vienna begleiten – cargoe hat 14.000 Quadratmeter Neubaufläche angemietet und wird auch das internationale Office-Headquarter an den Standort verlegen.
Beide Fälle waren durchwegs komplex, nicht nur aufgrund des Wettbewerbs zwischen den potenziellen Mietern, sondern insbesondere auch aufgrund der öffentlich-rechtlichen Genehmigungsprozesse. Es werden bei solchen Ansiedlungen sehr detaillierte Informationen eingefordert. Speziell in Niederösterreich sehen wir seitens der Gemeinden den Wunsch zur Mitsprache – auch bei Projekten, bei denen die Errichtung ohne feststehende Nutzer, also spekulativ gestartet wurde.
Warum?
Es macht für die Gemeinden und Anrainer eben einen großen Unterschied, ob sich ein österreichisches Vorzeigeunternehmen wie Schrack Technik ansiedelt und in der Anlage wertsteigernde Prozesse mit vielen Arbeitskräften ausübt oder ob es sich um reine Umschlagslager handelt, bei denen in der Regel nicht viel Personal benötigt wird und viel Verkehrsaufkommen entsteht. Allerdings benötigen wir auch neue Flächen für dieses Nutzersegment. Genauer gesagt: viel neue Fläche.
Eine sehr interessante Entwicklung.
Aktuell läuft zum Beispiel eine sehr emotionale öffentliche Debatte über die Ansiedlung von Amazon in St. Valentin. Das ist gerade in diesem Fall so unverständlich, da hier durchaus arbeitsintensive Prozesse abgewickelt werden – sprich: Arbeitsplätze geschaffen werden – und sicherlich auch die regionale Bevölkerung, die sich so sehr gegen das Projekt stemmt, bei Amazon bestellt.
Als Entwickler ist man auf jeden Fall gut beraten, das Projekt mit seinem Umfeld abzustimmen und alle Stakeholder einzubinden. Wer das Gespräch sucht, das Projekt präsentiert und es für die Menschen gut aufbereitet, der hat gute Chancen. Allerdings wurde das in den letzten Jahren in einigen Fällen nicht mit der notwendigen Intensität betrieben. Einige geplante Projekte werden jetzt auch so nicht zur Realisierung kommen.
Können Sie das näher erklären?
In den vergangenen Jahren sind sehr viele internationale Logistikimmobilien-Entwickler in den österreichischen Markt eingetreten. Die großen Player kommen aus Deutschland, den Niederlanden, der Tschechischen Republik, den USA und dem UK. Der starke Wettbewerb um die wenigen gewidmeten Projektliegenschaften hat die Preise substanziell in die Höhe getrieben – am hochrangigen Verkehrsnetz im Speckgürtel um Wien haben sich die Preise in den vergangenen drei Jahren zumindest verdoppelt.
Aktuell gibt es faktisch kein Angebot an gewidmeten Projektliegenschaften.
Die teilweise überzogenen Einkaufspreise für die Liegenschaften konnten in der Kalkulation über sehr hohe Verkaufspreise im Exit an den Endinvestor dargestellt werden – es gab Exit Yields deutlich unter vier Prozent GIY.
Allerdings sind dann die Baukosten empfindlich gestiegen, und mit der Zinswende zahlen die Endinvestoren bei Weitem nicht mehr diese Preise. Das Dilemma kann bis zu einem gewissen Grad über höhere Mieten abgefangen werden – aber eben nur bis zu einem gewissen Grad. Deshalb gehe ich auch davon aus, dass aus wirtschaftlichen Gründen das eine oder andere Projekt nicht realisiert werden kann, weil es sich schlichtweg nicht rechnet.
Was passiert mit diesen Projekten?
Entweder wartet man den Zyklus dahingehend ab, dass sich das Zinsniveau 2024 wieder ändert – im Sinne von Landbanking –, oder man versucht, die Liegenschaft ohne Verlust wieder zu verkaufen.
Hier öffnet sich aber auch wieder ein Fenster für Betriebe, die als Eigennutzer auf der Suche nach geeigneten Grundstücken sind. Wir betreuen einige namhafte Industrieunternehmen bei Standortevaluierungs- und Ansiedlungsprozessen, die derzeit ebenso vor dem Dilemma stehen, dass es de facto keine gewidmeten Grundstücke am Markt gibt. Diese Unternehmen sind wiederum so arbeitsplatzintensiv, dass ich davon ausgehen würde, dass sie in jeder Gemeinde willkommen wären. Eben auch bei denen, die reine Logistikimmobilien-Projekte abzuwehren versuchen.
Wie wird sich der Markt jetzt weiterentwickeln?
Einige große Projekte von finanzkräftigen Entwicklern werden in den kommenden zwei Jahren fertiggestellt werden. Das nimmt bei den Volumina, über die wir sprechen – im Großraum Wien um die 500.000 Quadratmeter –, einigen Druck aus dem Nachfrage-Überhang. Die Nachfrage sollte sich auch konjunkturbedingt abkühlen, das sehen wir aber aktuell aufgrund der vielen Anfragen noch überhaupt nicht.
Das eine oder andere Projekt wird sich erheblich verzögern und gar nicht realisiert werden.
Die Nachfrage nach der Assetklasse Logistik vonseiten der Endinvestoren ist aber ungebrochen hoch, wenngleich auch von Investorenseite deutlich geringere Preise gezahlt werden können.
Interessant wird auch das Momentum sein, das durch die „Umweltverträglichkeitsprüfung neu“ ausgelöst wird.
Welche weitreichenden Auswirkungen wird die UVP neu haben?
Der Impact wird aus meiner Sicht dramatisch sein. Die Genehmigungsphasen für Projekte werden zeitlich unabsehbar. Ich sehe darin auch eine gewisse Entmachtung der Länder, es handelt sich ja um ein Bundesgesetz. Die Schwellenwerte wurden drastisch reduziert und das Mitspracherecht erheblich erweitert, sodass jedes mittelgroße Logistikimmobilien-Projekt sicherlich eine UVP durchlaufen muss.
Einerseits brauchen wir geeignete Flächen für Logistik-Developments, andererseits sind auch die Bedenken der Bevölkerung verständlich. Die Politik müsste daher Target Areas schaffen, wo Projekte genehmigungsfähig sind.
Sind Brownfields ein Thema?
Da uns die Grundstücke ausgehen, weil es aktuell keine Neuwidmungen gibt, orientieren sich viele Richtung Brownfield-Development. Allerdings müssen diese Flächen gewissen Grundkriterien entsprechen – insbesondere Anbindung an das hochrangige Straßennetz, keine Ortsdurchfahrten und eine bestimmte Entfernung zum Wohngebiet –, um sie für die Assetklasse Logistik entwicklungsfähig zu machen.
Das bedeutet aber, dass die Projekte, die noch am Laufen sind, von der aktuellen Situation profitieren.
Natürlich profitieren die Projekte, die im Laufen sind, von der Verknappung der Flächen, die durch die Verzögerung der Entwicklungen eintreten wird. Dazu gehören insbesondere das Projekt von VGP in Laxenburg, jenes von Helios am Flughafen Wien und das DLH-Projekt in Ebergassing. Es sollte aus meiner Sicht kein wirklich großes Problem sein, diese 2023 und 2024 zu vermieten – ein großer Teil davon ist jetzt schon Nutzern zugesagt.
Die Projekte:
VGP in Laxenburg (https://www.vgpparks.eu/de-at/properties/austria/vgp-park-laxenburg/)
Helios am Flughafen Wien (https://heliosrealestate.com/de/airport-logistics-park-vienna/)
DLH-Projekt in Ebergassing (https://www.dlh-realestate.com/logistikzentren-und-logistikparks/lce-logistikcampus-ebergassing).