Die schwierige wirtschaftliche Gesamtlage in Europa hat auch den heimischen Investmentmarkt erfasst. „Der österreichische Investmentmarkt schloss das vergangene Jahr mit einem verhaltenen vierten Quartal ab – insgesamt mit einem Rückgang von 49 Prozent im Jahr 2023 gegenüber 2022“, erläutert Markus Arnold, CEO und Alleineigentümer von Arnold Immobilien, die aktuelle Situation in Österreich.
Zuwarten wegen Unsicherheiten
Die vielen Unsicherheiten, die den Markt prägen, lassen die Käufer derzeit zuwarten. Noch klaffen die Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern auseinander, aber man beginnt sich anzunähern. Diese nur langsame Anpassung soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass laut dem „EY Trendbarometer Immobilien-Investmentmarkt 2023“ die Immobilienakteure in Österreich den heimischen Markt weiterhin mehrheitlich (61 Prozent) als attraktiv einschätzen. Die Herausforderung für institutionelle Investoren liegt darin, in der aktuellen Situation keinen Fehler zu machen – also zu billig zu verkaufen oder zu teuer einzukaufen. Entweder man prüft genauer, oder man wartet zu. Dennoch wird es Bewegung bei den Preisen geben müssen. „In fast allen Immobilienklassen – egal, ob Wohn-, Büro-, Handels-, Hotel- oder Logistikimmobilien – werden sinkende Preise erwartet.“ So Stephan Größ, Leiter des Immobiliensektors bei EY Österreich. Nur in Bestlagen sollen sich die Preise weiterhin stabil entwickeln.
Assetklassen verschieden gefragt
Was die einzelnen Assetklassen betrifft, so sind Büroliegenschaften vor allem im unteren und mittleren Preisvolumen gut nachgefragt, da sich – vor allem im Vergleich zu Wohnimmobilien – attraktivere Renditen ergeben“, meint Herbert Petz, Leitung Investment bei der ÖRAG. Hotelinvestments sind dank des starken Tourismus ebenfalls interessant, „bei Retailobjekten ist die Lagequalität von besonderer Bedeutung“. Bei Logistik und Industrieliegenschaften besteht derzeit viel Nachfrage von Eigennutzern und Investoren. Laut CBRE stehen sie ganz oben auf der Einkaufsliste.
Die Stärke des Eigenkapitals
Wer jetzt Kapital hat oder nur geringe Kreditmittel benötigt, ist eindeutig im Vorteil, so Markus Arnold: „Wir beobachten auch weiterhin, dass besonders eigenkapitalstarke Investoren die Gunst der Stunde nutzen. Sie fragen vor allem handverlesene Bestandsimmobilien und Immobilien mit hohem Wertsteigerungspotenzial, sogenannte Value-Add-Immobilien, nach.“ Der CEO von Arnold Immobilien geht davon aus, dass mit Ende 2023 das Zinsplateau erreicht wurde und ab Mitte 2024 mit ersten Zinssenkungen zu rechnen ist: „In Verbindung mit sehr attraktiven Renditeniveaus und einigen anderen positiven Indikatoren erwarten wir spätestens ab dem zweiten Halbjahr insgesamt eine spürbare Belebung des Immobilien-Investmentmarkts in Österreich.“ Viele Investoren warten derzeit auf einen ausschlaggebenden Impuls für den Wiedereinstieg in den Markt. „Grundsätzlich wäre es aber ein idealer Zeitpunkt, um antizyklisch zu kaufen“, so Herbert Petz.
Angebot wird zurückgehen
Die aktuellen Rahmenbedingungen mit gestiegenem Zinsniveau, kaum gesunkenen Baukosten und langsam steigenden Mieten machen den Start von neuen Projekten derzeit sehr schwierig bis unmöglich. Herbert Petz blickt in die Zukunft: „Entsprechend wenig neues Angebot wird daher in den nächsten Jahren auf den Markt gelangen – gut für die mittel- und langfristige Wertentwicklung des Bestands.“ Portfoliobereinigung und Abverkauf einiger Immobilien wegen wirtschaftlicher Herausforderungen und Mittelabflüssen wären noch zusätzliche Möglichkeiten, damit trotz einer geringen Neubauaktivität weitere Projekte auf den Markt kommen.
Allen Assetklassen gemeinsam ist dabei ein zunehmender Fokus auf ESG-Konformität und damit einhergehend auf eine nachhaltige Wertentwicklung. Der aktuelle Nachhaltigkeitsbericht von RICS, an dem rund 4.000 Immobilienexperten weltweit teilgenommen haben, zeigt, dass die Nachfrage nach nachhaltigen Gebäuden weltweit gestiegen ist.