Im ersten Quartal 2021 belief sich das Transaktionsvolumen in Österreich auf rund 650 Millionen Euro. Investoren außerhalb der DACH-Region fehlten im ersten Quartal des Jahres zur Gänze, was die Folgen der Pandemie für das internationale Transaktionsgeschehen verdeutlicht. Aber auch ohne die finanzstarken Investoren aus dem asiatischen Raum bleibt die Nachfrage hoch. Nur deutsche und österreichische Investoren haben Immobilien gekauft, wobei die heimischen mit 59 Prozent das größere Volumen stemmten, während deutsche Investoren für 41 Prozent „zuständig“ waren.
Die wohl markanteste Entwicklung am Investmentmarkt ist eine deutliche Fokussierung auf die Marktsegmente, die Investoren größtmögliche Sicherheit bieten. „Wer in Österreich kauft, der sucht Sicherheit“, bestätigt Axel Schulz, Global Head of Investment Management der deutschen Real I.S. AG. Anfang des Jahres hat Real I.S. ein Bürohaus in TownTown, Wien-Erdberg, erworben, aktuell „stehen wir mit einem neuen Investment kurz vor dem Abschluss“, so Schulz. Mehr Details wollte er vor der Einigung nicht bekannt geben. Immobilieninvestments sind begehrt wie nie, und „die hohe Nachfrage nach Core-Produkten drückt die Renditen in diesem Bereich weiter leicht nach unten“, stellt Johannes Endl, Vorstand der ÖRAG, fest: „Die begehrten Objekte in den beliebten Lagen und Assetklassen werden nicht „ausgehen“ – es wird allerdings bei wenig Angebot teurer, diese zu erwerben. Im aktuellen Umfeld aus Negativzinsen einerseits und gewaltigen Wirtschaftsstimuli andererseits – über deren langfristige Folgen für die Geldwertstabilität Unklarheit besteht – übersteigt die Nachfrage das Angebot insgesamt daher deutlich.
Verschiebung des Risikoprofils
Johannes Endl: „Natürlich findet damit eine Verschiebung des Risikoprofils statt, und es wird für Investoren notwendig, sich mit neuen Thematiken auseinanderzusetzen.“ Tatsächlich hat die Situation bei vielen, besonders bei institutionellen Investoren bereits zu einer Umorientierung geführt: Andere, renditestärkere Assetklassen gelangen in den Fokus, manche steigen auch früher in die Wertschöpfungskette ein und beschäftigen sich mit Development oder weichen auf „Zukunftslagen“ und alternative Anlageklassen aus. Dazu zählen unter anderem Pflegeimmobilien und betreutes Wohnen, Datencenter, der Lebensmittel-Einzelhandel, Nahversorger, Fachmarktzentren oder Logistik. So würde auch Axel Schulz „keine Nutzungs- oder Assetklasse ausschließen, wenngleich wir sehr selektiv vorgehen“. Für die Beurteilung der Produkte müssen jeweils eigene Maßstäbe angewendet werden. „Die aktuell besonders nachgefragten Logistikimmobilien zum Beispiel haben natürlich völlig andere Anforderungen, als dies bei Wohn- oder Büroobjekten der Fall ist“, erklärt der Vorstand der ÖRAG.
Privatinvestoren ändern ebenfalls ihren Fokus
Auch bei privaten Investoren hat sich das Einkaufsprofil verschoben, und so meint Markus Arnold, CEO und Gründer von Arnold Immobilien: „Die Investoren sind auch in Richtung Gewerbe offen, speziell jene, die beispielsweise schon Zinshäuser besitzen und ihr Portfolio diversifizieren wollen.“ Besonders im Fokus sind dabei – wegen der attraktiven Renditen – Handelsimmobilien in guten Lagen: „Damit werden Mieteinnahmen erwirtschaftet, und das Risiko ist kalkulierbar.“ Zudem verfügen diese Handelsimmobilien vielfach über Mietverträge mit langen Laufzeiten und längerem Kündigungsverzicht. Ein Zusatzplus ist, wenn die Immobilie an eine bonitätsstarke Kette vermietet ist. Handelsimmobilien müssen auch nicht immer in der City gelegen sein, „denn Fachmärkte in gewachsenen Agglomerationen im ländlichen Raum bieten ebenfalls attraktive Investmentchancen“. Derzeit kann laut Arnold mit Renditen von bis zu sieben Prozent gerechnet werden.
Graz, Linz, Salzburg
Aufgrund der Projektknappheit in Wien werden auch die Bundesländer immer interessanter. „Die wirtschaftlich dynamischen Ballungszentren in den Bundesländern, vor allem der Großraum Graz bzw. Linz, erfreuen sich seit Längerem steigender Beliebtheit“, bestätigt Johannes Endl. Gab es vor wenigen Jahren nur Interessenten aus den Regionen selbst, beginnen jetzt auch andere in- und ausländische Investoren, die zuvor nur in der Bundeshauptstadt veranlagt haben, die Landeshauptstädte für sich zu entdecken. Die steigende Nachfrage beweist der Blick auf die Renditen. Peter Fischer, Real Estate Leader bei PwC Österreich: „Betrachtet man die Entwicklung der Mindestrenditen zwischen der letzten Erhebung im zweiten Halbjahr 2020 und der aktuellen für das erste Halbjahr 2021, ist der stärkste Rückgang der Renditen in Wien, Salzburg und Linz zu beobachten.“ Auch Bezirkshauptstädte mit hochwertiger Infrastruktur, insbesondere mit leistungsfähiger Verkehrsanbindung in die Ballungsräume, sind interessant, doch wird von den institutionellen Investoren bei kleineren Stadtgrößen genau geschaut, welche Investments überhaupt infrage kommen. „Letztlich muss jeder Standort für sich auf langfristige Vermietbarkeit und damit Werthaltigkeit geprüft werden“, so Johannes Endl.