Prinzipiell wird die Entscheidung, in Immobilien zu investieren, nur einmal im Leben getroffen. Daher ist es wesentlich, sich vorab mit diesem Thema in Ruhe auseinanderzusetzen. „Die Anleger sind ,erwachsen’ geworden“, meint Erwin Hübl, Geschäftsführer von Hübl Partner: „Die Grundinformationen sind jedermann zugänglich, und man kann sich als potenzieller Investor in Bezug auf Vorsorgewohnungen auch relativ rasch fortbilden.“ Das stimmt natürlich, aber einige Details können eben nur Profis wissen, und sofern man nicht entsprechende Grundkenntnisse mitbringt, sollte man sich den richtigen Partner zu suchen– und damit ist einer gemeint, der verlässlich und fair ist. „Wer einen sechsstelligen Eurobetrag anlegt, der lässt sich ohnehin bei einem Steuerberater und bei einem Rechtsanwalt beraten“, so Hübl, doch die Feinheiten hinsichtlich einer Immobilie gehen oftmals unter, obwohl gerade dadurch die entscheidenden Renditen erzielt werden können.
Überlegte Wahl
In die Zukunft kann natürlich niemand blicken, aber man sollte bei einem so langen Investment zumindest für alle Eventualitäten gewappnet sein und die Wahl der Wohnung überlegt treffen. Wenn die Vorsorgewohnung nämlich jetzt schon schlechte Karten auf dem Markt hat, dann wird sich der Eigentümer in Zukunft noch etwas schwerer tun. Vermieten wird man sie immer können, wenn man die demografische Entwicklung in den Ballungsräumen betrachtet, aber es stellen sich immer die Fragen: an wen und zu welchem Preis?
Was eine Wohnung wertvoll macht
Zuallererst muss man sich bewusst machen: Die Lage kann man bei einer Immobilie nicht verändern. Daher ist es ganz wichtig, auf das Umfeld zu schauen (siehe Artikel „Worauf bei der Anlagewohnung zu achten ist“). Die Lage ist aber nicht nur entscheidend für den Werterhalt, sondern noch viel mehr für die Wertsteigerung. Immobilienprofi Hübl: „Es lässt sich natürlich eine zusätzliche Steigerung erzielen, wenn man auf die Lage achtet. Wir wählen immer sehr selektiv für unsere Anlageprojekte aus, und alles andere greifen wir gar nicht an.“ So hat Hübl Partner ein Vorsorgeobjekt in der Turnergasse 26 in der Nähe der äußeren Mariahilfer Straße entwickelt und sich sehr bewusst für diese Gegend entschieden. Unabhängig von der direkten Nähe zum revitalisierten Westbahnhof und zu einem öffentlichen Verkehrsknotenpunkt mit zwei U-Bahnen kam mit der Fußgängerzone in der Mariahilfer Straße ein zusätzlicher Effekt. „Die 400 Meter entfernte Mariahilfer Straße ist beruhigt, und das wirkt sich auch bei uns aus. Die ganze Gegend wurde noch weiter aufgewertet. Das Projekt war ein super Deal für alle Käufer.“ Die Wohnungen waren natürlich entsprechend schnell vermietet. Die Mieter suchen eher die Nähe zu öffentlichen Verkehrsmitteln als zum Parkplatz– vor allem in der jüngeren Generation haben die Öffis eine entsprechende Priorität. Hübl: „Wir müssen alle umdenken, und die Infrastruktur und die öffentlichen Verkehrsmittel sollten noch stärker ausgebaut werden.“ Auch der Stadtrand sollte direkter angebunden werden. Märkte können sich auch drehen, gibt der Immobilienprofi zu bedenken, aber gewisse Faktoren, wie etwa die Verkehrsanbindung, werden immer eine wesentliche Rolle spielen.
Stadtentwicklung und Investment
Das vorangegangene Beispiel zeigt aber auch, wie sehr Stadtentwicklung ein Investment beeinflussen kann. Wer hätte vor zehn Jahren gedacht, dass sich Gebiete im 2., 5., 21. oder 22. Bezirk für Vorsorgewohnungen eignen würden? Oder der Brunnenmarkt in Ottakring? Aber die Zeit– oder besser die Stadtentwicklung– hat uns eines Besseren belehrt. Was sich jetzt schon relativ leicht ausrechnen lässt, ist die weitere Entwicklung Nordbahnhof/Nordwestbahnhof. Es ist zu erwarten, dass genau in dieser Gegend in den nächsten Jahren große Sprünge erfolge werden. Das Gleiche gilt für Simmering, Floridsdorf und Kagran, um nur einige zu nennen, und letztendlich auch für alle Gebiete rund um den neuen Hauptbahnhof.
Die derzeitigen Preise
Damit wird aber nicht nur eine Wertsteigerung erzielt, sondern es handelt sich dabei auch um Lagen, in denen die Vorsorgewohnungen erschwinglich sind. Privatpersonen, die Wohnungen erwerben, um sie selbst zu bewohnen, stöhnen derzeit in Wien unter den hohen Preisen innerhalb des Gürtels und auch ein einigen Grünlagen der Stadt. Laut einer aktuellen Analyse von ERES.NET kosten etwa in Wien-Neubau 77% aller Wohnungen mehr als 300.000 Euro. In den anderen Bezirken innerhalb des Gürtels sieht es ähnlich aus. 300.000 Euro sind eine Schmerzgrenze, die sich für eigengenutzte Immobilien rechnen, aber sicher nicht mehr für eine Vorsorgewohnung. Es ist auch anzunehmen, dass die Einheiten innerhalb des Gürtels jetzt ein Niveau erreicht haben, wo es nur mehr selten nach oben geht. Die besten Aussichten für den Erwerb einer Vorsorgewohnung gibt es in Simmering und Favoriten, wo über 94 bzw. 88% aller Kaufwohnungen unter der Schwelle von 300.000 Euro liegen. Auch in der Brigittenau und in Floridsdorf überwiegen mit jeweils ungefähr 77% des Angebots die günstigeren Objekte. Meidling, Rudolfsheim-Fünfhaus, Ottakring und Liesing befinden sich mit zwei Dritteln der Wohnungen unterhalb von 300.000 Euro ebenfalls noch im Bereich des Leistbaren.
Lernen von den Profis
Die Profis machen das genauso, wie Heinz Fletzberger, Vorstand der SÜBA, bestätigt: „Aufgrund der gestiegenen Grundstückspreise in den vergangenen Jahren in Wien rechnen sich in gewissen Lagen die Vorsorgeprojekte für Anleger nicht mehr, und auch wir weichen teilweise in andere– erschwingliche– Lagen aus. Dazu zählen etwa Teile des 2. sowie des 12., 16. oder 20. Bezirks. Diese Lagen haben aber– neben der Leistbarkeit– noch einen andere Vorteil: Da es sich um interessante Entwicklungsgebiete handelt, ist mit Wertsteigerung zu rechnen. Wichtig ist hier aber auch die Mikrolage innerhalb des Bezirks, die sehr vorteilhaft sein kann– wir meinen damit ein lebendiges ,Grätzl’ mit urbanem Publikum.“
Wohnung aus zweiter Hand
Eine immer wichtigere Rolle spielt mittlerweile der „Sekundärmarkt“, also Vorsorgewohnungen, die in den vergangenen beiden Jahrzehnten gebaut wurden und von den ursprünglichen Käufern nun wieder veräußert werden. Bei immer mehr Vorsorgewohnungen läuft die steuerlich bedingte Behaltefrist aus, daher gibt es ein steigendes Angebot. Die Käufer können hier zum einen höhere Renditen als bei neuen Vorsorgewohnungen erzielen, zum anderen haben sie auch den Vorteil, dass die angebotenen Wohnungen bereits großteils vermietet sind; auch das Risiko, bei Folgevermietungen nicht mehr die gleichen Erträge zu erzielen, ist bei älteren Wohnungen geringer.
Kalkulieren Sie „großzügig“
Jede Wohnung wirft über die Miete eine gewisse Rendite ab. Sehr viele Kredite und „Vorsorgekalkulationen“ sind auf 20 Jahre berechnet. Allerdings sind zwei Jahrzehnte eine relativ lange Zeit. Es ist daher sinnvoll, nicht die gesamten Mieteinnahmen für die Rückzahlung eines eventuell aufgenommen Kredits zu verwenden, sondern nur einen Teil, damit man nicht auf die Miete als „Rückzahlungsreserve“ angewiesen ist. Es kann jederzeit passieren, dass eine Miete später auf Ihr Konto kommt oder– noch schlimmer– dass der Mieter wechselt. In letzterem Fall muss man davon ausgehen, dass die Wohnung drei bis vier Monate leer steht. Drei bis vier Monate schlafen Sie nicht nur schlecht, sondern Sie müssen auf jeden Fall dann auch dieses „Minus“ wieder einholen, was sich nicht ausgehen wird, da Sie ja die neue Miete wieder für die laufenden Kosten verwenden. Das heißt: Sie müssen zuschießen. Wenn also die Wohnung schon knapp finanziert wurde, dann wird sich das mit dem „Zuschießen“ auch nicht so leicht ausgehen, und das ganze System beginnt zu kippen. Daher ist es besser, mehr Eigenmittel aufzubringen und dafür weniger Sorgen zu haben. An besten ist das Geld sicher in einer Immobilie veranlagt, mit einem Teil der Miete wird der eventuell aushaftende Kredit bedient, und der andere Teil steht schon zur freien Verfügung bzw. kann in den ersten Monaten angespart werden, um bei eventuellen Mietausfällen die Kreditrate bedienen zu könne. Schließlich hat eine Vorsorgewohnung nichts mit „Zocken“ zu tun, sondern mit Sicherheit und Rendite.