--}}
 

Geschäftsraummiete in Einkaufszentren

Der Oberste Gerichtshof entschied, dass Klauseln, die Erhaltungskosten gänzlich dem Bestandnehmer „umhängen“, sittenwidrig und daher nichtig sind.

Gegenstand des jüngst ergangenen Urteils 7 Ob 93/12w des Obersten Gerichtshofs war insbesondere die zwischen Vermietern und Mietern oft diskutierte Frage, wer (für welche) Erhaltungskosten in Bezug auf das Mietobjekt aufzukommen hat. Bei den Erhaltungskosten handelt es sich um eine aus dem Mietverhältnis entspringende Nebenleistungspflicht, die grundsätzlich den Bestandgeber trifft.

Im konkreten Fall wurden der Betreiber eines Einkaufszentrums und dessen Mieter im Lauf der Zeit uneins, wer die Instandhaltungskosten zu tragen hat. Dem Bestandvertrag über einen Shop im EKZ des Klägers legte der Betreiber dem Vertrag – wie in der Praxis üblich– seine Vertragsformblätter zugrunde. In diesen Vertragsformblättern wird bestimmt, dass der Bestandnehmer anteilig die Erhaltungs- bzw. Instandhaltungskosten des gesamten EKZ zu tragen hat. Dabei geht es insbesondere um Pflege-, Wartungs-, Sicherheits- und sogar allgemeine Personalkosten, die er im Verhältnis der von ihm überlassenen Fläche zur Gesamtfläche übernehmen muss.

Im Laufe der Zeit weigerte sich der Bestandnehmer, diese Kosten zu begleichen, weswegen der Betreiber eine Mietzinsklage einbrachte. Dagegen wendete der Bestandnehmer ein, dass die Vertragsbestimmungen über die Kostenüberwälzung gemäß §879 ABGB der Sittenwidrigkeit entsprächen, somit als nichtig zu qualifizieren seien und daher keinen gültigen Rechtsgrund für das Leistungsbegehren darstellten.

§879 ABGB ist vor allem bei Verbrauchergeschäften ein beliebtes Werkzeug, um gegen benachteiligende Verträge vorzugehen. Die Norm bestimmt ganz allgemein, dass ein Vertrag der gegen das Gesetz oder die guten Sitten verstößt, nichtig ist. Dies gilt auch für einzelne Vertragsteile. Sind daher nur einzelne Bestimmungen als sittenwidrig zu qualifizieren, führt dies nicht automatisch dazu, dass der Vertrag als solcher nichtig wird, vielmehr fallen einfach die Klauseln weg oder werden derart ausgelegt, dass sie noch dem hypothetischen Parteiwillen entsprechen. Die Klauseln werden „geltungserhaltend reduziert“: sie werden soweit eingeschränkt, als sie noch einen gewissen Grad an „Restgültigkeit“ besitzen. Dies ist insofern zielführend, als sich die meisten Vertragspartner grundsätzlich über das Rechtsverhältnis per se einig sind und es deshalb nicht in ihrem Interesse ist, den ganzen Vertrag als nichtig zu erklären. Absatz 3 der zitierten Norm bezieht sich ausdrücklich auf Bestimmungen über Nebenleistungspflichten aus dem Vertrag, die in Vertragsformblättern oder Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten sind. Diese sind nichtig, wenn sie den anderen Vertragspartner gröblich benachteiligen und nicht einzeln ausgehandelt wurden.

Da sich der Streit bis zum OGH zog, hatte sich nun dieser mit der Thematik auseinanderzusetzen. Er stellte fest, dass die Tatsache, dass es sich bei beiden Vertragspartnern um Unternehmer handelt, der Beurteilung des Vertrages unter der Lupe der Sittenwidrigkeit nicht entgegensteht. Auch die Qualifikation der Tragung der Erhaltungskosten als vertragliche Nebenpflicht wurde, wie schon in älteren Entscheidungen, bestätigt.

Ob es sich beim konkreten Vertrag um Miete oder Pacht handelt, war für den OGH ebenso irrelevant wie Fragen nach dem MRG, da es sich um einen MRG-Ausnahmetatbestand handle, und somit die Bewirtschaftungskosten jedenfalls nach dem ABGB zu beurteilen seien. Die nicht einzeln ausgehandelten Klauseln, so entschied der Senat, sind für den Bestandnehmer gröblich benachteiligend. Zentrales Argument hierfür sei, dass die zukünftigen Kosten ihrer Höhe nach für den Bestandnehmer unabschätzbar sind, weil sich der Bestandgeber unter anderem das Recht vorbehält, sie im Laufe der Zeit anzupassen. Dazu kommt, dass der Bestandgeber neben dem Vorteil des Bestandzinses den der Befreiung von jeglichem Erhaltungsaufwand für sein Eigentum genießt. Daran ändere auch dessen Tragung des Erhaltungsaufwandes für die Leerflächen nichts. Auch die Tatsache, dass nicht alle Punkte des Vertrags von den Vertragsformblättern erfasst sind, schade der Argumentation des Beklagten nicht.

Die Konsequenz dieses Urteils ist nunmehr, dass die betroffenen Vertragsklauseln geltungserhaltend reduziert werden müssen. Das bedeutet sie gelten weiterhin, doch muss geklärt werden, bis zu welchem Betrag der Erhaltungskosten sie noch gesetzlich zulässig sind. Da in den bisherigen Verhandlungen die zweite Klausel, welche auch dem Vermieter Pflichten auferlegt, nicht behandelt wurde, liegt es jetzt beim Erstgericht zu entscheiden, in welchem Maß sich die Klauseln aufwiegen, da hiervon die Höhe der vom Mieter zu zahlenden Erhaltungskosten abhängt. Es dürfte deshalb weiterhin spannend bleiben.

14.05.2024

Artikel

Wohnbau: Viele offene Fragen …

Das angekündigte Wohnbaupaket der Bundesregierung hat in der heimischen Bau- und Immobilienwirtschaft große Hoffnungen geweckt, dass endlich ein wirksames Instrument gegen die Konjunkturflaute gefunden wurde. Aber noch sind viele Details ungeklärt und die kritischen Stimmen werden lauter.

10.05.2024

Artikel

Büroimmobilien – Anpassung an veränderte Marktbedingungen

In der Assetklasse Office gibt es aktuell einige Unsicherheiten durch Umbrüche auf den Märkten, die Konjukturabkühlung oder die allgemeine Zinslandschaft. Gleichzeitig ergeben sich daraus interessante Chancen, da viele Branchenplayer dieses Segment derzeit meiden. Wer sich an das Asset heranwagt, kann entsprechend belohnt werden.

14.05.2024 17:00

Pressemeldung

DenkMalNeo Aktion „Schmuckstück statt Schandfleck“

Bereits zum dritten Mal gibt es von DenkMalNeo die Aktion „Schmuckstück statt Schandfleck“. Teilnehmen können Hinweisgeber, vor allem jedoch private oder öffentliche Eigentümer leerstehender Gebäude, die durch eine Restaurierung vom Schandfleck in ein Schmuckstück verwandelt werden sollen. Die Aktion startet mit dem Städtetag in Wiener Neustadt am 5. Juni 2024. Die Einreichfrist läuft bis 12. Juli 2024.

Geschrieben von:

Mario Schiavon

Mario Schiavon ist Partner und Mitglied des Real Estate-Teams in Wien. Er ist auf die Beratung von nationalen und internationalen Klienten in sämtlichen Bereichen des Liegenschaftsrechts spezialisiert und verfügt über langjährige Erfahrung in der Betreuung von Immobilienprojekten - von der Planungsphase über die Errichtung der Transaktionsdokumente bis zur Strukturierung von Immobilienprojekten, Immobilienakquisitionen und deren Abwicklung im In- und Ausland. Regelmäßig betreut Mario Schiavon Klienten bei der Due Dilligence und der sicheren Abwicklung von Immobilien- und Bauvorhaben, Wohnungseigentum und Parifizierungen.

Dieser Inhalt:
  • Erschienen am:
    13.05.2013
  • um:
    10:27
  • Lesezeit:
    3 min
  • Aufrufe:
              
  • Bewertungen und Kommentare:
    0
  • Jetzt bewerten

Werbung

Kategorie: Inland

Artikel:757

Die vielfältigen Inhalte unser Artikel und Videos befassen sich mit der Immobilienmarktentwicklung in Österreich und geben gemeinsam mit den relevanten Branchennews einen aktuellen Überblick. Allerdings werfen wir auch einen Blick in die Zukunft der einzelnen Assets. 
Mit diesem Blick in die Zukunft garantieren wir allen Lesern und Leserinnen, bei den entscheidenden Entwicklungen vorne dabei zu sein. Wir denken oft schon über Themen nach, die andere noch gar nicht als solche erkannt haben und greifen Entwicklungen auf, bevor sie sich am Markt etabliert haben.

Newsletter Abonnieren

Abonieren Sie unseren täglichen Newsletter und verpassen Sie keine unserer redaktionellen Inhalte, Pressemeldungen, Livestreams und Videos mehr.

Bitte geben Sie Ihren Vor- und Nachnamen ein, es sind exakt 2 Worte beginnend mit Großbuchstaben erlaubt.

Vielen Dank! Ihre Daten wurden gespeichert. Damit Ihre Anmeldung gültig wird klicken Sie bitte den Link in dem Bestätigungsmail das wir Ihnen gesendet haben.

Werbung